Sagen aus Bayern
scheltig und fluchet den gewöhnlichen Fluch, da verschwindet die Frau von Stund an und war mit ihr aus. Da sie nun nicht wieder kommt, gehen sie hinauf in die Kammer, zu sehen, wo die Frau bliebe. Da liegt ihr Rock, den sie angehabt, halb mit den Ärmeln in dem Kasten, das ander Teil aber heraußen, wie sich das Weib hatte in den Kasten gebücket, und war das Weib verschwunden und seit der Zeit nicht gesehen worden.
Jordanus Utz
Ein sehr alter Bau in der Steinergasse in Straubing ist das heutige Krönner-Anwesen, das ehemalige Höber-Lebzelterhaus an der Nordwestecke der Gasse. Als ältesten Besitzer dieses Anwesens kennen wir aus einer Urkunde vom Jahre 1368 Ulrich Utz, der damals Pfleger der Liebfrauenkirche (Jesuitenkirche) war. Die Buckelquader an der Ecke stammen noch von dem ersten Haus, das hier einst gestanden hat, und an dieses Haus knüpft sich eine interessante Begebenheit. Bei dem großen Stadtbrand 1393 wohnte hier ein vornehmer Mann, Jordanus Utz, genannt Uhlein. Als damals ein Haus nach dem andern in Feuer aufging, da stellte Uhlein eine hölzerne Statue des hl. Petrus vor das Fenster und sprach zu ihr: »Peterl, schau auf, daß mein Haus nicht verbrennt, sonst verbrennst du mit ihm.« Und wirklich, so berichtet uns der Geschichtsschreiber Andreas Presbyter von Regensburg, ein Zeitgenosse des Uhlein, blieb dieses Haus erhalten und zu dieser Statue entwickelte sich dann eine Wallfahrt.
Kaiser Karl im Brunnen und im Berge
Auf dem Markt zu Nürnberg steht der schöne Brunnen, mit herrlichem Bildwerk geziert und vom künstlichen Gitter umgeben. Der Brunnen soll sechzehnhundert Schuh tief sein, nach andern nur dreihundert, die Kette, an der die Eimer bangen, wiegt dreitausend Pfund. In dieses Brunnens Tiefe hat Kaiser Carolus magnus sich verwünscht, da drunten der Welt Ende zu erwarten. Einst ließen die Herren von Nürnberg einen Verbrecher in die Tiefe des Brunnens hinab, der sah Carolum drunten sitzen an einem Steintisch, wie den Barbarossa im Kyffhäuser. Der Bart war durch den Tisch hindurchgewachsen und reichte schon zweimal um den Tisch herum. Wann er zum dritten umreicht, wird der Welt Ende vor der Türe sein.
Nicht weit von Nürnberg erhebt sich der Kaiser-Karlsberg, auch in diesem soll der Kaiser Karl sitzen und auf der Welt Ende harren mit allen seinen Wappnern. In frühern Zeiten ward aus dem Berge oft ein schöner Gesang vernommen – da waren die Zeiten noch gut –, jetzt hört man aus ihm nur noch klagendes Weinen, weil die Zeiten so schlecht sind. Damit besagtes Weltende nicht allzu schnell herbeirücke, als welches schrecklich und sehr störend wäre, so muß des Kaisers Bart siebenmal um den Tisch wachsen, und da sich nun die Leute darüber gestritten und noch streiten, ob der Bart des verzauberten Kaisers dreimal oder siebenmal um den Tisch wachsen müsse, so ist davon das Sprichwort entstanden, wann über unausgemachte Sachen nutzlos gestritten wird: es ist ein Streit um des Kaisers Bart. Die Sage geht, ein Bäckerjunge aus Fürth habe einst, wie dort der Semmelknabe im Guckenberge, durch einen Gang Brot in den Kaiser-Karlsberg gebracht, es sei ihm aber auch gleich jenem ergangen, oder noch schlimmer, denn als er das Geheimnis zu entdecken gezwungen worden, sei er zum letzten nicht wiedergekehrt, und nur seine Kleider seien zerstückt außen am Berge gefunden worden.
Aus dunkler Mythenzeit klingt schon die Sage herein, daß ein König Noro im Berge verzaubert sitze, der habe der Stadt ihren alten Namen verliehen: Nor im Berg; aus seines Namens spätem Nachhall ist aber ohne Sinn Nero geworden, ein prächtig Fündlein für die Diftler, die nun gleich die Stadt vom Römerkaiser Nero gründen ließen, denn römisch mußte diesen klassischen Narren alles sein, was gelten sollte, Deutsches paßte nicht in ihren gelahrten Kopf, Kropf und Zopf.
König Watzmann
Vor undenklichen Zeiten herrschte im Berchtesgadener Land ein mächtiger König namens Watzmann. Der finstere Tyrann liebte weder Menschen noch Tiere, seinem grausamen Herzen war es eine Lust, die Menschen zu quälen und die Tiere zu martern. Darum war auch die wilde Jagd sein höchstes Vergnügen. Dort umgab ihn Rüdengebell und Hörnerschall, daß die Wälder davon widerhallten. Doch nicht allein er, auch sein Weib und seine Kinder fanden große Lust an der wilden Hetzjagd, wenn die dampfenden Rosse unter ihnen zusammenbrachen und das totgehetzte Wild von den Hunden zerfleischt wurde. So ging es Tag und Nacht, ohne Rast und
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