Sagen und Märchen Altindiens
Opfer vollendet zu haben. Asamandscha, der für den Greis die Herrschaft geführt hatte, war ihm schon in den Tod vorausgegangen. Nun sandte er dessen Sohn Ansuman, einen gewinnenden Heldenjüngling, aus, die Sagariden samt dem Opferroß zu suchen.
Ansuman fragte sich durch die Welt und fand so die Schlucht, durch welche seine Oheime kämpfend geschritten waren.
Als er vor Kapilas Thron kam, umwandelte er den Ehrwürdigen rechtshin und bat ihn, das Opferroß, welches friedlich neben dem Höllenfürsten stand, dem Großvater zur Vollendung des Opfers bringen zu dürfen.
Freundlich gab der Mächtige dem schönen Jüngling seine Einwilligung.
Die Asche der Sagariden und Kapilas Erzählung, wie die Stolzen geendet hatten, erinnerten ihn an seine Pflicht als Enkel: Er mußte für ihre Ruhe im Tode sorgen, ihnen den Weg zu Indras Himmel bahnen!
Wieder wandte er sich voll Ehrfurcht an den Herrn der Unterwelt.
»Wenn Ganga, die Tochter des Bergriesen Himawat, ihre Asche benetzt, so werden die Sagariden Ruhe finden!« sprach der Ehrwürdige.
Und Ansuman kehrte mit dem Opferroß nach Ajodhia zurück, entschlossen, durch fromme Opfer die Gnade der Bergtochter zu gewinnen und die Seelen seiner Ahnherren von den Schrecken der Unterwelt zu befreien.
Ganga, die Dreipfadige
Zu Ajodhia war das Opfer gefeiert worden, Sagara war gestorben und auch sein Enkel Ansuman.
Auch dem Gebet seines Sohnes Dilipa war es nicht gelungen, die hehre Göttin Ganga von ihrem funkelnden Lauf am nächtlichen Himmel herabzurufen.
Erst Bhagiratha, dem Enkel Ansumans, erschien die stolze Tochter des Gebirges, als er in schier übermenschlicher Buße seine Jahre am Fuße des Eisstarrenden hinbrachte.
Gnädig fragte die Herrliche nach dem Ziel seiner Buße.
Bhagiratha schilderte den Tod seiner Ahnen und seine Pflicht, als Enkel für die Ruhe der Vorfahren zu sorgen, wenn er einst im Tode den Frieden finden wolle. Er sprach von der Hoffnung, die Kapila seinem Großvater erweckt habe, und bat die Erhabene, sich doch zur Erde herabzulassen und die Ahnen aus der Unterwelt zu erlösen.
Ganga versprach dem Frommen Erfüllung seines brünstigen Flehens, doch müsse Schiwa sie auffangen, sonst würde die Gewalt ihres Sturzes die Erde zerschmettern.
Nun legte Bhagiratha seine Andacht dem starken Gotte Schiwa zu Füßen, und der Erhabene erhörte seine Bitte:
Er trat mit Bhagiratha an den Fuß des Himawat, und als der König rief, stürzten in brausendem Fall die Fluten auf das Haupt des Gottes.
Vom höchsten Gipfel des ehrwürdigen Berges, der in den Himmel ragt, schäumten die Wogen in blitzendem Spiel herab, und alle Götter sahen dem herrlichen Schauspiel zu. Der starke Gott aber empfing den Strom mit der Stirn, wie der Sieger den Kranz. Durch die schwarzglänzenden Locken des Dreizackschwingers brach sich die Herrliche Bahn und rieselte in sieben Strömen über die Brust des Gewaltigen hernieder.
»Nun weise mir den Weg, Bhagiratha!« rief die stolze Tochter des Bergriesen.
In feierlichem Zuge ging's durch Indiens Lande: Voran Bhagiratha im Büßerkleid. Ihm folgten die Fische, Schildkröten, Schlangen und alles Getier des Meeres. Dann kam die herrliche Tochter des Berges und segnete das Land in weitem Umkreis. Götter und Genien schritten an ihrer Seite und jubelten ob des Glückes der Erde.
Singend und tanzend kam der Zug bis ans Gestade des Meeres, und brausend ergoß sich die Flut in das leere Becken.
Noch schritt Bhagiratha voran! und er führte die Hehre über den Boden des Ozeans nach der Dämonenschlucht:
Abwärts stürzten die Wasser in gurgelndem Lauf und wanden sich rechtshin um Kapilas Thron.
Die heiligen Fluten netzten die Asche der Sagariden, und sogleich erstanden die stolzen Helden in Göttergestalt und schritten fröhlich nach Indras Himmel.
Bhagiratha eilte zur Erde zurück und zog das Büßerkleid aus, nachdem er der Pflicht gegen die Ahnen genügt hatte. Als weiser und starker König herrschte er noch lange über Ajodhia.
Ganga aber, deren Weg vom Sternenhimmel über die Erde nach der Unterwelt führt, heißt bei allen Gläubigen die Dreipfadige und ist der Segen der Menschheit. 49
Das Schlangenopfer
Tausend und abertausend Jahre waren durch die Welt geeilt.
Dem Weltalter der Götter und ihrer Verehrung war das des Zweifels und großen Kampfes gefolgt.
Parikschit, der Enkel Ardschunas, herrschte zu Hastinapura über das Reich seiner Väter.
Er war edel und kühn und ein großer Freund der Jagd.
Einst hetzte er
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