Sagen und Märchen Altindiens
Sthuna aber verbarg sich als Weib im tiefsten Dickicht.
Der König von Dascharna schloß Frieden, sobald er Schikhandin als Mann sah, glaubte sich von seiner Tochter und deren Dienerinnen getäuscht und schalt sie ob ihres dummen Geschwätzes. Die Prinzessin aber tröstete sich bei ihrem schönen Gemahl.
Nun kam zu jener Zeit Kubera, der Beherrscher der Genien und Geister, vor Sthunas Behausung und erwartete, von seinem Diener gastlich begrüßt zu werden. Als der sich aber nicht sehen ließ, fragte der Gott die Tiere des Waldes nach ihm. Diese erzählten lachend und spottend, wie Stuhna ein Weib geworden sei und sich jetzt vor seinem Herrn schäme. Da ergrimmte der mächtige Gebieter der Geister und verfluchte den gutmütigen Toren, der aller Welt zum Gespött diente, so lange als Weib zu leben, bis Schikhandin als Mann auf dem Schlachtfelde sterbe.
Als der Prinz, seinem Versprechen getreu, nach einem Jahr zu Sthuna kam, durfte dieser nicht in den Tausch willigen, und glücklich zog Schikhandin, in dem sich die Seele Ambas regte, zur Stadt zurück und übte sich im Waffenhandwerk, um einst an Bhischma Rache zu nehmen.
Pandu und Dhrilarasehtra
Nachdem Amba Hastinapura verlassen hatte, um zum König von Schalwa zu ziehen, wurden ihre Schwestern dem jungen König Witschitrawiria feierlich vermählt. Und der Jüngling liebte die holden Töchter des Kaschikönigs so sehr, daß er das Frauenhaus kaum noch verließ und alle Sorgen der Regierung seinem älteren Bruder Bhischma aufbürdete. Ein tückisches Leiden, die Schwindsucht, raffte den König in all seinem Glück hinweg und erst nach seinem Tode schenkte ihm Ambika den Dhritaraschtra, Ainbalika den Pandu und eine Sklavenfrau den Vidura.
Da Dhritaraschtra, der Erstgeborene, blind war, das Gesetz aber verbot, einen Bresthaften zum König zu weihen, so erteilte Bhischma, als Haupt der Sippe, dem Jüngeren, Pandu, die Weihe zum ›Herrn der Erde‹ und zog die drei Knaben mit aller Liebe eines echten Vaters auf.
Später vermählte er den Ältesten mit Gandhari, der Tochter des Gandharakönigs, und diese trug, aus Mitleid mit ihrem blinden Gatten, vom Hochzeitstage an ein Tuch über ihren klaren Augen. Ihr Bruder Schakuni hatte sie nach Hastinapura begleitet und lebte nun dort am Hofe des Großkönigs.
König Pandu wurde von Kunli, der edlen Tochter des Herrschers von Kuntibodscha, in feierlicher Wahl vor allen Fürsten Indiens zum Gatten erkoren. Für Madri, die Schwester des Königs Schalya von Madras, erlegte Bhischma, nach der alten Sittc des Brautkaufes, einen hohen Preis und vermählte die liebliche Jungfrau dem König Pandu als zweite Gattin. Vidura, der sich schon frühzeitig durch, hohe Weisheit auszeichnete, lebte, alle liebend und von allen geliebt, am Hofe als Berater seines königlichen Halbbruders.
Viele kühne Taten vollführte König Pandu und unterwarf sich manchen trotzigen Vasallen aufs neue.
Aus Unvorsichtigkeit durchbohrte er einst auf einer Gazellenjagd mit seinem Pfeil einen Brahmanen und dessen Gattin. Sterbend verfluchte ihn der Priester. Da übergab Pandu die Herrschaft seinem blinden Bruder Dhritaraschtra und zog mit seinen beiden Frauen in die Wildnis, um durch ein bußereiches Leben den Fluch von sich und den Seinen zu wenden.
Und nach Gebet und Opfer schenkten ihm die Götter Leibeserben, denn der Gottesdienst des Sohnes muß die Sünden des Vaters tilgen.
Dharma, der Gott des Rechtes, schenkte der Kunti den Judhischthira, Waju, der Sturmgott, den Bhima, und Indra, der Götterkönig, Donnerer und Gott des Krieges, den Ardschuna. Der Madri aber schenkten die Aswinas, die schönen Jünglinge, welche vor der Morgenröte reiten, die Zwillinge Nakula und Sahadewa.
Zu Hastinapara hatte Gandhari dem Dhritaraschtra einen Kürbis geboren, aus dessen Kernen nach und nach hundert Söhne und das Töchlerlein Duchschala erwuchsen.
Der älteste Sohn ward Durjodhana genannt und trat ein Jahr nach seinem Vetter Judhischthira ins Leben.
Als Pandu die Madri nach Geburt der Zwillinge voll Dankbarkeit küßte, ereilte ihn der Fluch des getöteten Brahmanen: er fiel um und war tot! Die treue Madri ließ sich mit der Leiche des geliebten Gatten verbrennen. Kunti aber nahm die fünf Knaben und brachte sie nach Hastinapura.
Dort wuchsen sie als Pandusöhne oder Pandava heran, zusammen mit den Söhnen Dhritaraschtras, die man nach dem Kuruvolk, welches in und um Hastinapura siedelte, Kurusöhne oder Kaurava nannte.
Pandava und
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