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Sagen und Märchen Altindiens

Titel: Sagen und Märchen Altindiens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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Der ist unsicher und gefährlich! Wir bringen den Großkönig leichter um sein Reich! – Weißt du noch, wie kunstvoll Judhischthira schon als Jüngling die Würfel auf dem Brett zu ziehen wußte?«
    »Ja, ja! das war seine Leidenschaft!« sprach Durjodhana nachdenklich.
    »Nun! weiß er gut zu ziehen, so weiß ich gut zu werfen!« lachte Schakuni mit schlauem Zwinkern. »Lad' ihn nur ein nach Hastinapura – du willst seine blendende Gastfreundschaft erwidern – und laß mich im Spiel die Würfel werfen, so sollst du bald sein Reich und all sein Eigen haben!«
    Damit war Durjodhana gerne einverstanden, und heimgekommen, bestürmte er den blinden Vater mit Ausbrüchen seines Hasses und legte ihm den Plan des Oheims vor.
    Der schwachmütige Greis hatte es längst verlernt, dem herrsüchtigen. Sohn zu widersprechen.
    Trotz der Warnungen Wohlgesinnter, trotz eigener böser Ahnungen, sandte er seinen Halbbruder, den weisen Vidura, nach Indraprastha und lud das ganze Haus der Pandava nach Hastinapura.

Das Spiel
    Mit allen Ehren ward Judhischthira und seine Brüder, Draupadi, Kunti, Subhadra und das gesamte Gefolge des Großkönigs, in Hastinapura empfangen.
    Am nächsten Tag, als alle Männer in der Halle bei einem festlichen Gelage versammelt waren, nahm das Spiel zwischen Judhischthira und Schakuni seinen Anfang.
    Das Würfelspiel war damals nicht so einfach wie heute. Es galt, in wechselnder Folge von Wurf und Zug bestimmte Zahlengruppierungen auf dem Würfelbrett zu erzielen. Judhischthira war ein Meister in diesem Spiel und hatte Durjodhanas Herausforderung gerne angenommen. Daß Schakuni diesem die Würfel führte, ward von dem arglosen Sohn des Rechtsgottes kaum beachtet.
    Nun nahm das Unheil seinen Lauf.
    Satz um Satz verlor Judhischthira Gold und Edelsteine, Wagen und Rosse, Sklaven und Sklavinnen. Er erhitzte sich im Spiel, und Durjodhana blies mit Spott in die Flammen.
    Vidura warnte: »Hüte dich, Durjodhana! zähme deine Gier! Kennst du die Fabel von den goldspeienden Vöglein, die ihr Herr in seiner Gier erschlagen hat?«
    »Laß nur!« lachte Durjodhana, »ich will dem Vetter nicht ans Leben, aber setzen soll er, wenn sein gepriesener Reichtum nicht schon alle ist!«
    Judhischthira fährt auf: seinen Palast, mit allem, was darinnen ist, setzt er aufs Spiel. Schakunis nächster Wurf bringt ihn darum. Nun folgt das Reich mit allem Volk, die Priester ausgenommen!
    Vidura warnt: »Auf, Dhritaraschtra, verstoße den unnatürlichen Sohn, der Haß und Rachsucht beschwört in seiner unstillbaren Gier! Durch ihn muß dein ganzes Haus untergehen!«
    »Hör' nicht auf den giftigen Schwätzer, Vater!« ruft Durjodhana. »Er ist die Natter, welche im Hause der Kaurava nistet. Stets hält er es mit den Pandava!«
    Schakuni hat geworfen – Judhischthira hat sein Reich verloren!
    Und Wurf um Wurf bringt nun Nakula in die Sklaverei, Sahadewa, Ardschuna, Bhima und zum Schluß den sinnlosen Spieler.
    Ins bange Schweigen höhnt Schakuni:
    »Vorwärts, kühner Spieler! Dein letzter Einsatz steht noch aus! Spiel' um die schöne Draupadi, wenn du dich aus der Sklaverei lösen willst!«
    »Es gilt!« knirscht Judhischthira. Und Entsetzen über den frevelhaften Versuch malt sich in den Gesichern Bhischmas, Dronas und des guten Vidura.
    Da fallen die Würfel – . »Gewonnen!« lacht Schakuni. – Judhischthira schweigt.
    Durjodhana sendet seinen Wagenlenker ins Frauenhaus, um die neue Sklavin in die Halle zu bringen.
    Draupadi weist den Boten erzürnt zurück.
    Nun sendet der Übermütige seinen Bruder Duchschasana, und der Wilde schleppt die sich Sträubende an ihren Haaren in die Halle.
    Der greise Bhischma hebt bei dem Anblick entsetzt die Hände zum Himmel und fleht:
    »Heilige Götter, straft den ruchlosen Frevel nicht am ganzen Hause Bharatas!«
    Auf ihren Gatten wirft Draupadi einen Blick voll Zorn und Scham, der die Unglücklichen mehr schmerzt als der Verlust der eigenen Freiheit.
    Bhima braust auf: »Verbrennen möcht' ich die Hände, die Draupadi verspielt haben. Oh! faß ich dich, Bruder Judhischthira, so sollst du das büßen!«
    »Schweig!« herrscht ihn Ardschuna an. »Er ist das Haupt unsrer Sippe, der König und Herr auch als Sklave. Willst du das Elend durch Uneinigkeit mehren?«
    Und der unbändige Bhima neigt sich ehrerbietig vor dem Bruder und schweigt.
    Draupadi spricht mit stolzer Stimme:
    »Dein grober Bote, Durjodhana, sagte, daß alle Pandava Sklaven seien. Nun frage ich dich: war Judhischthira noch

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