Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
zu identifizieren: biometrische Gesichtsmerkmale, die Form des Ohrknorpels, das Stimm-Muster, die Iris, die Art, wie sie sich bewegen. Vor allem den genetischen Fingerabdruck, also die Untersuchung der DNA …«
»Aber registriert werden Menschen überall mit ihren Fingerabdrücken«, gab Mabel zurück, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen. »In keinem Land der Welt fotografiert man die Iris der Bewohner, registriert die Form des Ohrknorpels oder entnimmt ihnen ein DNA-Muster, bevor man ihnen einen Ausweis ausstellt.«
»Da hast du Recht«, musste er einräumen. »Die einzigen universell verfügbaren Datenbanken enthalten die Fingerabdrücke, und eine Suche auf nationaler wie auf internationaler Ebene ist ausschließlich anhand ihrer möglich.«
»Falls ich rauskriege, wer der Dieb von Gerona ist«, versuchte sie ihn zu überzeugen, »gelingt es mir vielleicht auch, dahinterzukommen, um wen es sich bei dem da handelt.« Bei diesen Worten schwenkte sie die Fotos.
»Und was hättest du davon?«
»Das weiß ich noch nicht, aber ich hab so eine Ahnung, dass das eine ganz heiße Sache werden könnte.«
Der jungen Frau am Empfang teilten sie ihren Wunsch mit, den Direktor zu sprechen. Diese musterte sie misstrauisch, doch bevor sie sich ablehnend äußern konnte, wies sich Munárriz als Kriminalbeamter aus. Wie von Mabel vorausgesehen, verfehlte das seine Wirkung nicht, die Frau nahm den Hörer ab und kündigte dem Leiter der Einrichtung die Besucher an.
»Hinten im Gang finden Sie das Büro von Dr. Freixeda«, sagte sie und untermalte ihre Worte mit einer Handbewegung.
Sie folgten der angegebenen Richtung und gelangten vor eine Glastür. Ohne auf ein »Herein« zu warten, öffnete Munárriz die Tür, gleich nachdem er angeklopft hatte, und der Direktor forderte sie auf, näher zu treten. Auf der Brusttasche seines weißen Kittels stand sein voller Name: Dr. Joaquín Freixeda. Er erhob sich und bat sie Platz zu nehmen.
»Wir wollen versuchen, Sie nicht länger als nötig zu belästigen«, sagte Munárriz, während er die angebotene Hand schüttelte. »Wir würden gern einen kurzen Blick in eine bestimmte Patientenakte werfen.«
»Alle in Patientenakten enthaltenen Angaben unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht«, gab der Mann zurück. »Haben Sie eine richterliche Anordnung?«
»Nein«, ergriff Mabel zu Munárriz’ Überraschung das Wort. »Es handelt sich um einen dringenden Fall, bei dem für den Dienstweg keine Zeit bleibt. Wir werden weder Notizen machen noch Sie um eine Kopie bitten. Wir wollen wirklich nur einen kurzen Blick hineinwerfen.«
»Habe ich richtig verstanden, dass Sie die Akte weder mitnehmen noch kopieren wollen?«
»Wir werden sie, wenn es Ihnen recht ist, vor Ihren Augen einsehen«, unterstützte Munárriz das von Mabel gemachte Angebot.
»In dem Fall gibt es keine Schwierigkeiten. Ich muss Ihnen aber gleich dazu sagen, dass wir hier lediglich die Akten bis zum Jahre 2002 haben. Sämtliche Patientenunterlagen aus der Zeit danach werden an unserer neuen Zweigstelle in Badalona aufbewahrt.« Nach einer kurzen Pause sagte er: »Nennen Sie mir den Namen des Patienten.«
»Den kennen wir leider nicht«, gab Munárriz verwirrt zurück und sah aus dem Augenwinkel zu Mabel hin.
»Dann das Datum seiner Einweisung, die Art seiner Verletzung …«, fuhr der Arzt fort.
»Soweit wir wissen«, gab Mabel zurück, »wurde er 1996 hier eingewiesen. Der Unfall, bei dem er eine Querschnittslähmung davongetragen hat, geht aber auf das Jahr 1982 zurück, als er die Kathedrale von Gerona berauben wollte.«
»Ach, den meinen Sie«, gab der Direktor zurück. »Der Fall ist im ganzen Haus bekannt, weil sich Kollegen häufig darüber unterhalten haben. Einen Augenblick bitte.«
Er verließ den Raum und kehrte nach wenigen Minuten mit einer dicken Hängemappe unter dem Arm zurück, die er auf den Tisch legte.
»Hier haben Sie, was Sie brauchen«, sagte er und nahm wieder Platz.
»Wir würden Ihnen gern einige Fragen dazu stellen«, sagte Munárriz im Bewusstsein dessen, dass er die medizinische Fachterminologie ohnehin nicht verstehen würde. »Das wäre für uns einfacher und würde Sie wohl auch weniger Zeit kosten.«
Dr. Freixeda nahm die Unterlagen heraus und wartete auf die Fragen.
»Unter welchem Namen hat man den Mann eingeliefert?«, begann Mabel.
»Es gibt für diesen Patienten keinen Namen«, gab der Direktor zurück. »Er hatte keinerlei Ausweispapiere bei sich, und die Polizei konnte
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