Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)
vorhin gesagt haben, liegt das genau zwölf Jahre zurück. Wenn sich die Dinge so verhalten, wie Sie sie geschildert haben, kann ich unmöglich davon gehört haben.«
»Ach!«, rief Conill mit einem Mal aus. »Zum Teil haben Sie in der Tat Recht. Jetzt fällt es mir wieder ein. Im September 1996 hat man aus dem Diözesanmuseum von Seu de’ Urgel den dortigen ›Beatus‹ entwendet, und den Bericht darüber haben wir in der Tat gebracht. Ich habe einen altgedienten Reporter damit beauftragt, weil wir eine Verbindung zu dem versuchten Diebstahl der Beatus-Handschrift in Gerona für möglich hielten, für die wir allerdings keine Belege gefunden haben. Glücklicherweise hat die Polizei die Täter im Jahr darauf festgenommen und den Kodex sichergestellt. Auch deshalb haben Sie möglicherweise von der Sache gehört.«
»Und was ist aus dem Dieb von Gerona geworden?«
»Man hat ihn ins städtische Krankenhaus gebracht«, erläuterte Conill, den ihr beharrliches Interesse wunderte. »Unser Mann hat ihn 1996 nach dem Raub des ›Beatus‹ in Seu de’ Urgel in einem Pflegeheim in Sant Cugat del Vallés aufgestöbert, wo er nach einem langen Leidensweg durch verschiedene Einrichtungen gelandet war. Unter anderem hat man ihn auch eine Zeit lang im Instituto Guttmann hier in Barcelona behandelt.«
»Beschäftigen sich die Leute nicht mit der Rehabilitation von Rückenmarksgeschädigten?«
»Ja. Die genießen für ihre Arbeit international hohes Ansehen. Aber ich wiederhole, zwischen den beiden Fällen bestand keinerlei Verbindung.«
»Danke, Señor Conill«, sagte Mabel. »Mit Ihrem vorzüglichen Gedächtnis haben Sie mir sehr geholfen.«
»Jederzeit zu Diensten. Rufen Sie mich ruhig mal an, damit wir uns zum Aperitif verabreden können. Es wird mir ein Vergnügen sein, mich mit Ihnen zu unterhalten.«
»Versprochen.«
»Und kommen Sie bitte im Minirock«, sagte er lachend. Sie hörte deutlich heraus, dass er es nicht ernst meinte. Dann legte er auf.
Mabel lächelte versonnen. Journalisten wie Ángel Conill, der sein ganzes Berufsleben bei einer einzigen Zeitung verbracht hatte, gab es nicht mehr. Als Nächstes wählte sie die Nummer des Mobiltelefons von Munárriz. Sie wollte unbedingt der Spur des versuchten Diebstahls in Gerona nachgehen. Für ihre geplante Reportage über namenlose Tote hatten ein Querschnittsgelähmter und eine angespülte Leiche Knüllerqualität.
Er meldete sich: »Was gibt es?«
»Ich brauche deine Hilfe. Wo bist du?«
»An der Talstation der Bahn von Vallvidrera.«
»Wie war das Gespräch mit Grau?«
»Äußerst fruchtbar. Der Mann weiß alles über Gaudí. Ich erzähl es dir später. Sag Nicolás Fraile, dass ich ihm sehr dankbar bin.«
»Du könntest mich an ein paar Stellen begleiten«, bat sie ihn ohne Umschweife.
»Jetzt gleich?«
»Ich bin auf dem Weg zum Instituto Guttmann an der Avenida de la Meridiana.«
»Ist das da, wo sie Querschnittsgelähmte behandeln?«
»Ja. Ich muss unbedingt eine Patientenakte einsehen, die man mir als Journalistin nie rausrücken würde.«
»Wozu?«
»Erinnerst du dich an den Toten von Bogatell?«
»Dem man keine Fingerabdrücke abnehmen konnte?«
»Genau der. Ich bin auf einen ähnlichen Fall gestoßen. Damals ging es um den versuchten Diebstahl des ›Beatus von Gerona‹. Der Mann ist auf der Flucht vom Dach der Kathedrale gestürzt und seither querschnittsgelähmt. Meinen jüngsten Informationen nach war er zuletzt in einem Heim von Sant Cugat und davor in dem bewussten Reha-Zentrum.«
»Ich wollte nach Hause und meine Gesprächsnotizen auswerten.«
»Bitte …«, schmeichelte sie.
»Von mir aus«, gab er nach. »Ich komme.«
»Warte am Eingang auf mich. Ich denke, dass ich in einer halben Stunde da bin.«
Sie parkte an der Plaza dels Jardins d’Elx vor der Christ-König-Kirche, und Munárriz ging ihr entgegen. Sie gab ihm einen Umschlag mit den Fotos des am Strand von Bogatell aufgefundenen Toten. Er betrachtete sie wortlos und gab sie ihr kopfschüttelnd zurück.
»Schrecklich.«
»Möglicherweise besteht zwischen dem Mann und dem Dieb von Gerona irgendeine Verbindung«, äußerte sie ihre Vermutung. »Du hast doch mal gesagt, dass die Mitglieder der Camorra in Neapel und der Mafia in Kalabrien die Papillarleisten ihrer Hände verätzen, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen.«
»Das war früher. Heute nützt das nichts mehr«, erklärte er. »Inzwischen haben wir eine ganze Reihe anderer Möglichkeiten, Menschen
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