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Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition)

Titel: Sagrada: Mystery-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Enric Balasch
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fuhr der Priester fort, »ist nie darüber hinweggekommen, dass ihre Tochter nach Barcelona gezogen ist. Sie wissen ja, wie Mütter sind.«
    »Immerhin war sie mit ihren dreißig Jahren kein Kind mehr.«
    »Das hat damit nichts zu tun«, bedeutete ihm der Priester, wobei er einen weiteren behaglichen Zug aus der Pfeife tat. »Einzelkinder werden meist maßlos verwöhnt. Die Eltern erfüllen ihnen normalerweise jeden Wunsch. Angelines’ Traum war es immer, Begoña in Weiß als Braut in der Kirche zu sehen, ihr eine prächtige Feier auszurichten und sich später an ihren Enkeln zu erfreuen.« Er schüttelte betrübt den Kopf. »Und was soll ich Ihnen über Carlitos sagen? Es war stets sein Wunsch, sie am Arm vor den Traualtar zu führen. Dann aber ist jener Francisco in Begoñas Leben getreten, und all diese Pläne wurden zuschanden. Sie hat das Elternhaus verlassen, sich Hunderte von Kilometern von der Heimat eine Wohnung genommen und in schamloser Weise offen mit ihrem Verlobten zusammengelebt.« Er sah Munárriz abwartend an, als hoffte er, dass dieser seinen Worten beipflichte. Als Munárriz schwieg, fuhr er fort: »Sie wissen nicht, wie bittere Tränen Angelines vergossen hat, als das Kind zu Hause ausgezogen ist.«
    »Sie können Francisco Bonastre wohl nicht besonders gut leiden?«
    »Er mag kein schlechter Mensch sein«, gab der Priester mit Stirnrunzeln zurück, »aber er vertritt ausgesprochen liberale Ansichten. Wann immer ich mich erbötig gemacht habe, die beiden zu trauen, hat er das abgebogen. Verstehen Sie? Er ist Atheist, und eine kirchliche Trauung passt nicht in sein Weltbild. Genau genommen«, fuhr er im Brustton der Überzeugung fort, »war er wohl nicht einmal zu einer Ziviltrauung bereit.« Er schnaubte, und zwei Rauchfäden stiegen aus seiner Nase empor. »Mit dieser Haltung hat er Angelines das Herz gebrochen. Sie gibt sich jetzt die Schuld am Tod ihrer Tochter, weil sie nicht den Mut aufgebracht hat, ihren Weggang nach Barcelona zu verhindern.«
    »Die beiden hatten aber doch getrennte Wohnungen«, gab Munárriz zu bedenken.
    »Seien Sie nicht naiv«, sagte Hochwürden Ramírez mit spöttischem Lachen. »Begoña hat sich zwar eine Wohnung gemietet, aber ihre Eltern sind nicht dumm. Ihnen war von Anfang an klar, dass sie in wilder Ehe mit ihrem Verlobten lebte. All das hat Angelines fürchterlich zugesetzt«, schloss er niedergeschlagen. »Ich telefoniere täglich mit ihr, aber sie findet nicht einmal mehr Trost im Glauben.«
    »Es fällt Eltern schwer, über den Tod eines Kindes hinwegzukommen. Die Psychologen sagen, unser Unbewusstes sei zwar darauf programmiert, den Tod unserer Eltern hinzunehmen, nicht aber den der eigenen Kinder.«
    »Und in welcher Beziehung standen Sie zu Begoña?«, erkundigte sich Hochwürden Ramírez vorsichtig.
    »Wir haben uns in der Sagrada Familia kennengelernt«, log Munárriz erneut. »Sie ging ihrer Aufgabe nach, dem Verfall des Steinwerks Einhalt zu gebieten, und ich bin dort im Sicherheitsdienst tätig.«
    »Der verwünschte Unfall«, knurrte der Priester. »Immer wieder frage ich mich, warum der Herr sie so früh zu sich gerufen hat.«
    »Ja …« Munárriz schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, ich bin gekommen, weil ich von Francisco Bonastre erfahren habe, dass Begoña ihm am vorigen Montag gesagt hatte, sie werde nach Soria fahren. Er vermutet, dass sie sich mit Ihnen unterhalten wollte.«
    »Natürlich«, gab der Priester zurück, ohne zu begreifen, dass man daran zweifeln konnte. »Was hätte sie hier sonst tun sollen? Ihre Gesellschaft war mir stets lieb und willkommen, und sie war auch gern mit mir zusammen. Wir haben uns stundenlang über moderne Kunst unterhalten.«
    »Sind Sie Fachmann auf dem Gebiet?«
    »So weit würde ich nicht gehen.« Der Priester errötete. »Ich bemühe mich lediglich, dem Denken der Menschen durch die Kunst näherzukommen. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Sie wollen die menschliche Psyche anhand der Entwicklung der Kunst verstehen?«
    »Genau. Ich denke, dass zwischen beiden eine enge Beziehung besteht. Haben Sie sich noch nie gefragt, was den Menschen dazu gedrängt hat, Kunstwerke zu schaffen? Die Anthropologen haben auf diese Frage bisher keine befriedigende Antwort gefunden, und ich auch nicht. Sie etwa?«
    »Ich habe sie mir nie gestellt.«
    »Das sollten Sie unbedingt tun«, sagte er. Es klang fast wie ein Vorwurf. »Es ist sehr heilsam. Ich will sie einmal anders formulieren. Warum ist die Kunst vor rund

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