Sag's Nicht Weiter, Liebling
… keine Kleider mit Häkchen mag. Du weißt schon, immer diese Fummelei …«
»Gestern war ich ziemlich sauer«, unterbricht Katie mich mit einem unheimlichen Lächeln. »Aber nach der Arbeit bin ich sofort nach Hause gefahren und habe Mum angerufen. Und weißt du, was sie gesagt hat?«
»Was?«, sage ich in dunkler Vorahnung.
»Sie hat gesagt … dass sie Gehäkeltes auch nicht leiden kann.«
» Was ?« Ich wirble herum und starre sie an.
»Und meine Oma auch nicht.« Sie wird rot und sieht jetzt wieder wie die alte Katie aus. »Und meine ganzen anderen Verwandten auch nicht. Sie haben allesamt jahrelang nur so getan, genau wie du. Jetzt wird mir einiges klar!« Ihre Stimme wird ganz schrill vor Erregung. »Ich habe meiner Oma letztes Jahr zu Weihnachten einen ganzen Sofaüberwurf gehäkelt, und sie hat mir erzählt, er sei von Einbrechern gestohlen worden. Aber mal ehrlich, welcher Einbrecher klaut denn eine Häkeldecke?«
»Katie, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll …«
»Emma, warum hast du mir das nicht früher gesagt? Die ganze Zeit. Immer habe ich blöde Geschenke gemacht, die keiner haben wollte.«
»O Gott, Katie, das tut mir Leid!«, sage ich voller Reue. »Es tut mir wirklich Leid. Ich wollte nur … ich wollte dir nicht wehtun.«
»Ich weiß, dass es gut gemeint war. Aber jetzt komme ich mir ganz schön blöd vor.«
»Ja. Na ja. Dann sind wir ja schon zwei«, sage ich, ein bisschen mürrisch.
Die Tür geht auf, und Wendy aus der Buchhaltung kommt rein. Es entsteht eine Pause, in der sie uns anstarrt, den Mund aufklappt, ihn wieder zuklappt und dann in einer der Kabinen verschwindet.
»Und, alles klar bei dir?«, tuschelt Katie.
»Alles klar«, sage ich schulterzuckend. »Weißt du …«
Yeah. Es ist alles so klar, dass ich mich lieber auf der Toilette verstecke, als zu meinen Kollegen zurückzugehen.
»Hast du schon mit Jack gesprochen?«, fragt sie zaghaft.
»Nein. Er hat mir einen dämlichen Blumenstrauß geschickt. Im Sinne von, ach, dann wird das schon okay sein. Wahrscheinlich hat er sie nicht mal selbst bestellt, wahrscheinlich hat er Sven damit beauftragt.«
Die Klospülung geht, und Wendy kommt aus der Kabine.
»Also … das ist der Mascara, von dem ich dir erzählt habe«, sagt Katie schnell und reicht mir ein Röhrchen.
»Danke«, sage ich. »Und du meinst, der … macht die Wimpern dichter und länger?«
Wendy verdreht die Augen.
»Ist schon okay«, sagt sie. »Ich höre nicht zu!« Sie wäscht sich die Hände, trocknet sie ab, und sieht mich dann gespannt an. »Und, Emma, bist du jetzt mit Jack Harper zusammen?«
»Nein«, sage ich brüsk. »Er hat mich benutzt und betrogen, und ehrlich gesagt wäre ich froh, wenn ich ihn in meinem ganzen Leben nicht mehr sehen müsste.«
»Oh, klar!«, sagt sie und strahlt. »Es ist nur, ich dachte bloß. Wenn du noch mal mit ihm sprichst, könntest du vielleicht erwähnen, dass ich gerne in die PR-Abteilung wechseln würde?«
»Was?« Ich fasse es nicht.
»Wenn du es einfach nur so beiläufig erwähnen könntest. Dass ich gute kommunikative Fähigkeiten habe und glaube, dass ich gut in die PR passen würde.«
Beiläufig erwähnen? Wie das denn, so wie »Ich will dich nie wieder sehen, Jack, und übrigens glaubt Wendy, sie wäre gut in PR«?
»Ich weiß nicht«, sage ich schließlich. »Ich glaube einfach nicht … dass ich das bringe.«
»Ach, das finde ich jetzt aber ganz schön egoistisch von dir«, sagt Wendy beleidigt. »Ich habe doch nur darum gebeten, falls
das Thema gerade auftaucht, eben zu erwähnen, dass ich gerne in die PR wechseln würde. Nur erwähnen. Das ist doch wohl nicht so schwierig?«
»Wendy, verpiss dich!«, sagt Katie. »Lass Emma in Ruhe.«
»Ich hab doch nur gefragt !«, sagt Wendy. »Du hältst dich jetzt wohl für was Besseres, was?«
»Nein!«, schreie ich schockiert. »Das ist es doch gar nicht …« Aber Wendy ist schon abgerauscht.
»Na super«, sage ich mit plötzlich wackliger Stimme. »Ganz toll. Jetzt verabscheuen sie mich auch noch alle, auch das noch!«
Ich atme scharf aus und starre mein Spiegelbild an. Ich kann immer noch nicht ganz glauben, dass plötzlich alles ganz anders ist, so von jetzt auf gleich. Alles, woran ich geglaubt habe, hat sich als falsch erwiesen. Mein perfekter Mann hat mich hinterhältig benutzt. Mein romantischer Traum war ein Hirngespinst. Ich war glücklicher als je zuvor. Und jetzt bin ich eine dämliche, gedemütigte Lachnummer.
O Gott. Mir kommen
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