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Sag's Nicht Weiter, Liebling

Sag's Nicht Weiter, Liebling

Titel: Sag's Nicht Weiter, Liebling Kostenlos Bücher Online Lesen
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Hübsch.«
    »500er Mercedes.« Er trinkt einen Schluck Bier. »Listenpreis zweiundvierzigtausend.«
    »Boah.«
    »Habe ich aber nicht bezahlt.« Er zwinkert mir viel sagend zu. »Schätz mal.«
    »Ähm, vierzig?«
    »Noch mal.«
    »Neununddreißig?«
    »Siebenunddreißig-zweifünfzig«, triumphiert Nev. »Plus CD-Wechsler. Kann ich voll von der Steuer absetzen«, fügt er hinzu.
    »Klar. Toll.«
    Ich weiß wirklich nicht, was ich noch sagen soll, also setze ich mich aufs Sofa und esse eine Erdnuss.
    »Das wäre doch mal ein Ziel, Emma!«, sagt Dad. »Glaubst du, du schaffst das irgendwann?«
    »Ich … keine Ahnung. Ach … Dad, bevor ich’s vergesse, ich habe einen Scheck für dich.« Verlegen ziehe ich einen Scheck über 300 Pfund aus der Tasche.
    »Gut«, sagt Dad. »Das können wir schon mal verbuchen.«
Seine grünen Augen funkeln, als er ihn einsteckt. »Man nennt es ›mit Geld umgehen lernen‹. Oder auch ›auf eigenen Beinen stehen‹.«
    »Wichtige Lektion«, sagt Nev und nickt. Er trinkt einen Schluck Bier und grinst Dad an. »Hilf mir noch mal schnell auf die Sprünge, Emma - was für einen Job hast du diese Woche?«
    Als ich Nev kennen lernte, hatte ich gerade bei dem Immobilienmakler aufgehört und mit der Fotografie-Ausbildung angefangen. Vor zweieinhalb Jahren. Und jedes Mal, wenn wir uns sehen, macht er den gleichen Witz. Den gleichen bescheuerten Scheiß…
    Okay, reg dich ab. Denk an was Schönes. Du sollst die Familie ehren. Du sollst Nev ehren.
    »Immer noch Marketing!«, sage ich strahlend. »Bereits seit über einem Jahr.«
    »Ah, Marketing. Prima, prima!«
    Ein paar Minuten lang schweigen wir alle, bis auf den Kricket-Kommentator. Plötzlich stöhnen Dad und Nev gleichzeitig auf, weil auf dem Kricketfeld irgendwas passiert. Einen Moment später stöhnen sie schon wieder.
    »Okay«, sage ich, »ich werd dann mal …«
    Als ich aufstehe, heben sie nicht mal den Kopf.
    Ich gehe in den Flur, klemme mir den Karton, den ich mitgebracht habe, unter den Arm, gehe durch die Seitentür hinüber zum Anbau, klopfe kurz an und mache vorsichtig die Tür auf.
    »Grandpa?«
    Grandpa ist Mums Vater, der seit einer Herzoperation vor zehn Jahren bei uns wohnt. Im alten Haus in Twickenham hatte er nur ein Zimmer, aber dieses Haus ist größer, hier hat er eine kleine Einliegerwohnung im Anbau mit zwei Zimmern und einer winzigen Küche. Er sitzt in seinem geliebten Ledersessel,
im Radio läuft klassische Musik, und auf dem Boden vor ihm stehen ungefähr sechs Umzugskartons voller Kram.
    »Hi, Grandpa«, sage ich.
    »Emma!« Er sieht auf und sein Gesicht erhellt sich. »Mein liebes Mädchen! Komm her.« Ich beuge mich zu ihm hinunter und gebe ihm einen Kuss, und er drückt mir die Hand. Seine Haut ist trocken und kühl, und sein Haar ist noch weißer als letztes Mal.
    »Ich habe dir ein paar Panther-Riegel mitgebracht«, sage ich und nicke zu meinem Karton hin. Grandpa ist richtig süchtig nach den Panther-Energieriegeln, ebenso wie seine ganzen Freunde im Bowling-Club. Also schöpfe ich meinen Personalrabatt aus und bringe ihm jedes Mal eine Kiste mit.
    »Danke, Liebes«, strahlt Grandpa. »Du bist wundervoll, Emma.«
    »Wo soll ich sie hinstellen?«
    Hilflos sehen wir uns in dem Durcheinander um.
    »Vielleicht da hinten, hinter dem Fernseher?«, schlägt Grandpa schließlich vor. Ich bahne mir einen Weg durch das Zimmer, stelle den Karton ab und bemühe mich, beim Zurückstaksen nicht irgendwo draufzutreten.
    »Übrigens, Emma, ich habe da neulich einen Besorgnis erregenden Artikel gelesen«, sagt Grandpa, als ich mich auf einen der Kartons setze. »Über die Sicherheit in London.« Er sieht mich wachsam an. »Du fährst doch abends nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln, oder?«
    »Ähm … fast nie«, behaupte ich und kreuze die Finger hinter dem Rücken. »Nur gelegentlich, wenn es gar nicht anders geht …«
    »Aber Liebes, das darfst du nicht!«, sagt Grandpa ganz erregt. »Da stand, dass dort vermummte Jugendliche mit Springmessern herumlungern. Betrunkene Rüpel, die sich mit abgebrochenen Flaschen gegenseitig die Augen rausschneiden …«
    » So schlimm ist es nun wirklich nicht.«
    »Emma, das Risiko ist es nicht wert! Nur wegen ein-, zweimal Taxigeld.«
    Wenn ich Grandpa schätzen lassen würde, was ein Taxi in London durchschnittlich kostet, würde er bestimmt auf etwa fünf Shilling tippen.
    »Ehrlich, Grandpa, ich bin wirklich vorsichtig«, versichere ich ihm. »Und ich fahre durchaus

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