Sahnehäubchen: Roman
dafür interessieren könnten?«
Eine berechtigte Frage. Die kann ich gleich für eine Ausbildungseinheit in Sachen Public Relations nutzen. »Mit Ihrem Computer haben Sie Zugang zu unserer Adressdatenbank. Da sind alle Redaktionen mitsamt Ansprechpartnern gespeichert, mit denen wir schon Kontakt hatten. Ich denke, dass dort im Grunde sämtliche Redaktionen des deutschsprachigen Raums vertreten sein dürften. Freie Journalisten sind natürlich auch dabei. Sie können die Datenbank nach Schlagworten durchsuchen und sich so Journalisten zu bestimmten Themengebieten anzeigen lassen. Wenn Sie zum Beispiel Urlaub eingeben, erhalten Sie einen Überblick über alle Reisejournalisten in der Datenbank. Überlegen Sie sich also, wer über Dwaine und sein Buch berichten könnte, und machen Sie eine entsprechende Liste. Die werden wir dann gemeinsam besprechen. Genauso wie wir den Pressetext besprechen werden. Schreiben Sie den bitte sofort, ich hätte gerne morgen einen ersten Entwurf. Wir müssen jetzt ein bisschen Gas geben, denn eigentlich sind wir schon fast zu spät dran.«
»Okay, da lege ich gleich mal los.« Er will sich umdrehen und gehen.
»Einen Moment noch«, bremse ich seinen neuen Enthusiasmus kurz aus. »Haben Sie so etwas eigentlich schon einmal gemacht?«
»Äh, nö«, gibt er verlegen zu.
»Soll ich Ihnen dann einfach einmal ein Muster von vergleichbaren Texten zumailen?« Ist ja nicht so, dass ich nicht auch eine sehr nette Chefin sein kann.
»Keine Sorge. Das schaffe ich alleine. Kann so schwer ja nicht sein.«
Okay, nett ist nicht immer gefragt.
Die gute Nachricht zuerst: Unser neuer Supervolontär ist offensichtlich bis in die Haarspitzen motiviert. Und nun die schlechte: Die sprachliche Prägung von Herrn Weidner junior lässt nicht den intellektuellen Verlegersohn, sondern vielmehr den geübten Dauerkonsumenten von Penthouse und Hustler vermuten. Am nächsten Morgen finde ich nämlich auf meinem Schreibtisch bereits seinen ersten Entwurf in Sachen Pressetext. Und der hat es in sich.
»Ich kann sie alle haben!«
Susanne, Alexa oder Brigitte – völlig egal, der große Meister kriegt sie alle in die Kiste. Ausnahmslos. Frauen verfallen ihm, werden süchtig nach ihm, flehen ihn um den besten Sex ihres Lebens an. Der Mann ist pure Magie. Aber was ist sein Geheimnis?
Dwaine F. Bosworth lächelt sein undurchschaubares Lächeln – dann verrät er uns sein Mantra: »Die Frau ist ein Reh. Sie ist ein Beutetier. Du musst sie reißen. Lass nicht zu, dass sie ihr Spielchen spielt. Du bist der Boss. Der Wolf. Du bist in jedem Moment Herr der Lage und gibst den Ton an. Wenn du sie anbetest, wird sie dich missachten. Behandle sie wie eine Schlampe, und sie wird dir hinterherlaufen. Das klingt dir zu simpel? Es IST simpel. Lass dir von den Weibern nicht einreden, der neue Mann sei, was sie suchten. Das stimmt nicht. Wenn du sie plattmachst, wird sie dich vergöttern. Und dann bekommst du, was dir zusteht: hemmungslosen Sex. Und zwar mit jeder Frau, die du begehrst. Sie werden dir verfallen. Du musst nur meine sieben goldenen Regeln befolgen. Die funktionieren immer und überall. In jeder Bar der Welt. Begleite mich, dann werde ich es dir beweisen. Und bald schon wird dein bester Freund den Spaß haben, den er verdient …«
Zu diesem aufregenden Experiment möchten wir Sie herzlich einladen. Begleiten Sie den Meister der Verführung – und erleben Sie einen unvergesslichen Abend, der Ihr Leben für immer verändern wird!
Ich schnappe mir den Text und mache mich auf die Suche nach Weidner. Natürlich kann man nicht erwarten, dass ein Volontär sofort die perfekte Pressemeldung verfasst, aber vielleicht hätte Herr Weidner doch einen Blick in unsere Mustersammlung werfen sollen. Dein bester Freund wird den Spaß haben, den er verdient. Der hat sie doch nicht mehr alle – wem will er das denn schicken?
Noch bevor ich in seinem Zimmer ankomme, begegne ich Susanne auf dem Flur, die offenbar gerade auf dem Weg zu mir ist.
»Guten Morgen, meine Liebe. So eilig? Irgendetwas Wichtiges?«, will sie von mir wissen.
»Wie man es nimmt. Ich komme gerade meinen ausbilderischen Pflichten nach. Tom Weidner hat seinen ersten Text verfasst, und es ist keine Übertreibung zu sagen, dass man noch ein wenig daran feilen muss.«
»Echt? Lass mal sehen.«
Ich gebe ihr den Zettel, Susanne fängt an zu lesen und bricht kurz darauf in Gelächter aus. »Der ist ja putzig. Wo hat er denn diese Schreibe
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