Sahnehäubchen: Roman
Übernehmen Sie bitte nicht einfach nur die … sagen wir mal: blumigen Formulierungen von Bosworth – das ist schon deswegen unnötig, weil der Presseinfo ein Leseexemplar beiliegt. Schildern Sie also nur in zwei, drei kurzen Sätzen, wovon das Buch handelt. Dann informieren Sie darüber, dass Bosworth demnächst in Deutschland sein wird und dass die Gelegenheit besteht, ihn beim Besuch einer Bar zu begleiten, Anmeldungen erbeten. Zack, kurz und knackig. So einfach ist das.«
Tom seufzt. »Mal sehen, ob ich das hinkriege. Schicken Sie mir vielleicht doch ein Muster zu? Das hatten Sie mir gestern doch«, er zögert eine Millisekunde, »freundlicherweise angeboten.«
Na also, wer sagt’s denn! »Aber natürlich, Herr Weidner, gerne. Ich bin übrigens morgen und übermorgen nicht im Hause. Zeigen Sie den fertigen Text also Frau Becelius. Damit wir für den Versand nicht unnötig Zeit verlieren, machen Sie bitte auch einen Vorschlag, wen wir in den Mailing-Verteiler aufnehmen sollten. Wenn Sie heute damit nicht fertig werden, zeigen Sie die Liste auch Frau Becelius. Dann kann nächste Woche, wenn die Leseexemplare da sind, alles raus.«
»Okay, verstanden. Sie können sich auf mich verlassen.«
»Das weiß ich doch.« Ich lächle ihn freundlich an. Und denke: Nie und nimmer.
5. Kapitel
A m Donnerstagmorgen sitze ich bereits um Viertel nach sechs im ICE Richtung Düsseldorf. Der Zug ist sogar halbwegs pünktlich, was meine Chancen, rechtzeitig in Kaarst aufzutauchen, deutlich erhöht. Mein Ziel ist nämlich, anders als Susanne es angekündigt hat, nicht die Großstadt am Rhein, sondern ein Provinzkaff in der Nähe.
Unverhohlen gähne ich in meine Zeitung – ich hasse Termine um diese Uhrzeit. Daran kann auch der starke Kaffee nichts ändern, den ich mir schnell am Kiosk gekauft habe; er bringt mich höchstens auf zwanzig Prozent meiner normalen geistigen Reiseflughöhe. Wie gut, dass ich sowieso nicht dazu neige, im Zug zu arbeiten. Allerdings sollte ich die Zeit dazu nutzen, wenigstens einen Blick in die Unterlagen zu werfen, die mir Susanne in Sachen Möbelhauseröffnung gestern in die Hand gedrückt hat.
Gut, dass Henning so ein ordentlicher Mensch ist. Falls ich mal spontan ausfalle und er mich vertreten muss, wird er leider keine so fein säuberlich abgehefteten Papiere vorfinden. Sogar eine Inhaltsübersicht hat Henning als Deckblatt erstellt. Das ist jetzt natürlich äußerst praktisch, denn normalerweise habe ich mit dem reinen Veranstaltungsgeschäft unserer Agentur nichts zu tun und dementsprechend wenig Ahnung. Mein Beritt sind Konzeptionierung und Pressearbeit – wenn es darum geht, mit einer ungewöhnlichen Idee für ein eher gewöhnliches Produkt aufzuwarten, bin ich genau die Richtige.
Ich werfe einen Blick auf die einzelnen Punkte: Tombola, Gastronomie, Bühne, Vorgruppen, Top-Act. Da ist doch alles dabei, was zu einem zünftigen Event gehört. Ich frage mich, ob Henning so davon ablenken wollte, dass sein Kunde nur ein Möbelhaus eröffnet. Sehr sexy ist das Produkt wirklich nicht.
Ob es in diesem Ordner auch irgendwo eine To-do-Liste gibt? Ich bin mir nämlich nicht sicher, was nun eigentlich vor Ort von mir erwartet wird. Nur einen guten Eindruck machen? Schlaumeiern? Oder tatsächlich so handfeste Dinge wie Abnahme des Bühnenaufbaus?
Nein, leider finde ich keine Liste, die ich jetzt schön abarbeiten könnte. Aber wenigstens eine Tabelle mit allen Ansprechpartnern vor Ort und einen Terminplan, wen ich wann und wo treffen werde: Heute am späten Nachmittag erwartet mich der Geschäftsführer des Möbelhauses direkt am Ort des Geschehens für einen ersten Rundgang, am Abend steht ein gemeinsames Essen auf dem Programm. Na toll, also nix mit früh ins Hotelbettchen, Minibar plündern und selig schlummern. Der Freitag ist dann ganz der Vorbereitung des Großevents gewidmet: Aufbau, Generalproben etc. hat Henning notiert. Etc.? Was sich dahinter wohl verbirgt? Ich spiele kurz mit dem Gedanken, ihn anzurufen, verwerfe das dann aber wieder – er soll sich in Ruhe auskurieren, und ich werde es auch so herausfinden. Am Samstag ist dann schließlich die feierliche Eröffnung von Möbel Singer – großes Design zum kleinsten Preis mit Rahmenprogramm von 10 bis 18 Uhr. Großes Design, kleinster Preis, und das in der tiefsten westdeutschen Provinz – da bin ich ja mal gespannt.
Der ICE trudelt in Düsseldorf ein. Ich schmeiße mich ins nächstbeste Taxi. »Bitte nach Kaarst, zum
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