Sahnehäubchen: Roman
nehmen.
»Eigentlich war es doch eine tolle Idee von Tom, das Fernsehen nach Drispenfeld zu locken. Und wir drei sind so ein gutes Team geworden …«
Nanu, sollte da doch ein menschliches Herz in Dwaines Brust schlagen? Ist irgendwie rührend, wie er sich gerade für Tom einsetzt. Dwaine setzt wieder seinen Dackelblick auf, Tom guckt wie ein waidwundes Reh. Wer kann bei einer solchen Menagerie schon hart bleiben? Ich seufze.
»Na gut, Tom. Vergeben – aber nicht vergessen! Das ist jetzt wirklich das allerletzte Mal, dass du so einen Unsinn machst. Noch so ein Ding und du fliegst.«
»Natürlich, Nina!« Tom fällt mir vor lauter Erleichterung fast um den Hals. »Heiliges Ehrenwort. Danke! Du bist wirklich die beste Chefin der Welt!«
Wusst ich’s doch …
11. Kapitel
H urra! Samstag! Nach zehn Auftritten in Folge legen wir in Sachen Ich kann sie alle haben endlich eine Pause ein, und ich werde gleich nach dem Frühstück in Richtung Hamburg aufbrechen. Am liebsten würde ich mich dort für zwei Tage ins Bett packen, um niemanden zu sehen und mit niemandem sprechen zu müssen, aber das wird leider nichts: Meine Schwester feiert heute Abend ihren Geburtstag und hat mich schon vor Wochen eingeladen. Sogar schriftlich. Es geht eben stilvoll zu in Wellingsbüttel. Und das Essen ist bestimmt die Wucht. Lust habe ich trotzdem keine, denn die Abendessen, zu denen Finja und ihr Mann einladen, sind immer unglaublich langweilig. Aber kneifen gilt nicht, und zumindest wird diese Einladung einen echten Kontrast zu der Art und Weise bilden, wie ich mir in letzter Zeit die Abende um die Ohren schlage.
Pfeifend steure ich mein Auto aus der Hotelgarage und halte kurz am Empfang, damit Dwaine einsteigen kann. Tom ist bereits gestern nach dem Aufbau der letzten Veranstaltung mit dem Zug nach Hamburg gefahren. Nach meiner Abreibung war er die letzten beiden Tage sehr still und folgsam. Aber kein Mitleid: Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir ihn schon nach seinem ersten Klopper rausgeschmissen.
»Hach, endlich wieder in eine große Stadt!« Dwaine reibt sich die Hände. Ich beschränke mich auf ein Kopfnicken. Die nächsten zwei Stunden Autofahrt mit Smalltalk zu füllen ist nicht meine Absicht. Aber anscheinend die von Dwaine. Als ich nach zwei Minuten immer noch nichts gesagt habe, macht er sich tatsächlich Gedanken über das Wetter: »Habt ihr in Deutschland eigentlich immer so viel Regen im Frühling?«
»Nein. Manchmal auch Schnee. Kommt ganz darauf an, wie kalt es ist«, antworte ich in einem Ton, der keinen Zweifel daran lässt, dass ich das Thema nicht weiter verfolgen will.
»Ach? Interessant. Nur gut, dass ich klamottentechnisch für jede Wetterlage gerüstet bin.« Ich werfe einen Blick zur Seite: Für seine Verhältnisse sieht Dwaine heute geradezu normal aus. Ein weißes Hemd, sogar ordentlich zugeknöpft, und eine dunkelblaue Jeans stehen dem Herrn sehr viel besser als sein Bühnenoutfit. Offensichtlich sind die schrillen Klamotten alle in der Wäsche. Und noch etwas ist heute anders: Die blonden Locken sind von keinem Pfund Haargel verklebt – also, für meinen Geschmack hätte Dwaine so deutlich höhere Chancen bei Frauen.
Die nächsten fünfzehn Minuten schweigen wir beide. Ich drehe das Radio an. Sofort dudelt irgendein niedersächsischer Spaßsender los. Immer noch besser als eine Unterhaltung, denn so kann ich wenigstens meinen eigenen Gedanken nachhängen. Ich brauche dringend noch ein Geburtstagsgeschenk für Finja. Was nehme ich bloß? Ein Buch? Vielleicht ein bisschen langweilig. Etwas Schickes zum Anziehen? Wir haben nicht gerade den gleichen Klamottengeschmack. Hmmm. Während ich noch grübele, dreht Dwaine auf einmal mit Schwung die Lautstärke hoch. Erschrocken trete ich auf die Bremse.
»He! Was soll das? Bitte nicht den Fahrer während der Fahrt erschrecken! Wir wollen doch nicht am nächsten Baum landen!«
»Tut mir leid – aber da haben sie eben meinen Namen genannt. Wirklich!«
Jetzt höre auch ich genau hin. Ein krawalliger Moderator trötet durch den Lautsprecher: »Na, reiben Sie sich schon die Öhrchen? So ging’s mir gestern Abend auch, als ich es im Niedersachsen-Magazin von TeleNord entdeckte. Wer jetzt immer noch verwirrt ist: Das war ein kurzer Ausschnitt aus der Show von Dwaiiiine F. Bosworth. Ja genau der, der sie alle haben kann. Sie kennen den Herrn noch nicht? Dann haben Sie nicht allzu viel verpasst. Der amerikanische Autor ist nur ein weiterer Vertreter
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