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Sahnehäubchen: Roman

Sahnehäubchen: Roman

Titel: Sahnehäubchen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Hertz
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meine vorangegangene Regieanweisung gehalten und auf seinen weißen Smoking verzichtet, trägt stattdessen eine schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd. Aber auch wenn Schwarz aus Finjas Sicht die Schriftstellerfarbe ist, sieht die Gesamtkombination bei Dwaine doch so sexy aus, dass man bei seinem Anblick nicht recht an die Frankfurter Buchmesse denken mag, sondern doch eher an die Mailänder Modewoche. Genau genommen sieht er heute zum Anbeißen aus.
    Schüchtern wiederum hätte bedeutet, sich zumindest in den ersten Gesprächsminuten ein Stück weit zurückzunehmen. Davon ist unser Star weit entfernt. Stattdessen macht er die anwesenden Geburtstagsgäste mit seinen Ansichten über die weibliche Psyche vertraut. Insbesondere die Herren lauschen staunend bis andächtig. Erstaunlicherweise ist mir das aber völlig schnuppe. Während ich mich unter normalen Umständen schon längst in Grund und Boden geschämt hätte, bin ich heute einfach froh, dass Dwaine diese ansonsten sehr lahme Veranstaltung etwas aufmischt. Und natürlich könnte ich mich wegschmeißen vor Lachen, wenn ich sehe, wie pikiert die versammelte weibliche Vorstadtprominenz auf jede neue verbale Bombe von Dwaine reagiert.
    Finja öffnet die Kühlschranktür und holt eine weitere Flasche Sekt aus dem Kühlfach. Ich versuche aus ihrem Gesichtsausdruck zu lesen, ob sie genervt von Dwaine ist oder ihn ganz amüsant findet.
    »Tja, du hast recht – ein schüchterner Künstler ist der Herr nicht. Ich würde ihn aber auch nicht unbedingt als Schriftsteller bezeichnen. Sein Buch ist eher ein Sachbuch, eine Art Bedienungsanleitung im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht.«
    »Also ist er ein Coach?«
    »Gewissermaßen.« Wenn man Dwaines Auftritte in Gemeindezentren als Coaching bezeichnen will, ist das nicht ganz verkehrt.
    »Und du findest ihn nett.«
    Ich? Dwaine nett finden? Nee, Schwesterherz, so gar nicht, will ich sagen. Zu meiner Überraschung entschlüpft mir aber ein: »Na ja, einigermaßen.«
    »Wenn du ihn mitbringst, kann es so schlimm nicht sein. Ich hatte extra Jörg Hohentwiehl als Tischherrn für dich eingeladen, und ich glaube, der ist ein bisschen enttäuscht.«
    »Gott, Finja, du fängst schon an wie Mutti. Apropos – wo ist die eigentlich? Hast du sie gar nicht eingeladen?«
    Finja schüttelt den Kopf und setzt einen strengen Gesichtsausdruck auf. »Da sieht man mal, wie du dich für Familie interessierst. Mutti ist mit ihren Bridge-Damen auf Kreuzfahrt. Kommt erst übermorgen wieder zurück. Die Kleinen Antillen, hat sie Weihnachten lang und breit erzählt.«
    Stimmt, da war was … »Ach, das ist jetzt schon? Hatte ich nicht mehr so auf dem Zettel. Und weil sie unterwegs ist, nimmst du stellvertretend ihre Amtsgeschäfte wahr und versuchst zu kuppeln, oder wie?«
    »Quatsch!« Finja verdreht die Augen. »Aber Jörg ist ein wirklich netter Kollege von Alex. Eine Koryphäe auf seinem Gebiet, und trotzdem so bescheiden. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du neuerdings allergisch gegen nette Männer bist.«
    »Finja, wenn es so wäre, wie könnte ich dann den ganzen Tag mit dem netten, bescheidenen Dwaine verbringen?« Nun müssen wir beide lachen.
    »Du, mal was ganz anderes – über dein Geschenk habe ich mich sehr gefreut. Ungewöhnlich, aber sehr schön.« Sie fasst mit einer Hand an die Silberkette, die ich ihr eben in einem kleinen Päckchen überreicht habe und die jetzt um ihren Hals baumelt. Der Art-déco-Anhänger erinnert an zwei stilisierte, nur angedeutete Hände, die sich an den Fingerspitzen berühren.
    »Danke!«, erwidere ich verlegen. Ich kann wohl kaum zugeben, dass Dwaine das Geschenk besorgt hat. Vorsichtshalber hatte ich wieder die obligatorische Flasche Sekt dabei – falls Dwaines Idee ein Totalausfall gewesen wäre. Aber als ich die Kette dann gesehen habe, fand ich sie auch sehr schön. Überraschend schön. Mit den Worten »Hände für eine Pianistin« hielt er mir das Schmuckstück unter die Nase. Dwaine hat also Geschmack und macht sich Gedanken? Das konnte nun wirklich keiner ahnen!
    »Ja, die Kette hat das Zeug zum Lieblingsstück. Ist auch nicht so protzig wie die Sachen, die Alex hier immer anschleppt«, grinst Finja. Das ist einer der seltenen Momente, in denen die Fassade der Paradefrau aufbricht und meine Schwester zum Vorschein kommt. Aber wenn man vom Teufel spricht: In diesem Moment biegt mein Schwager um die Ecke.
    »Mensch, Finja, wo bleibt denn der Sekt? Du tratschst mit deiner Schwester, und

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