Sahnehäubchen: Roman
des schlechten Geschmacks, seine Aufreißtipps locken keine Blondine hinter dem Ofen vor. Unsere Frage des Tages: Wofür steht das F. in seinem Namen? Vielleicht für Fummeln, bis der Arzt kommt? Rufen Sie uns an! Und bis dahin spiele ich für Sie den passenden Sound: Hit me with your rhythm stick von Ian Dury and The Blockheads.«
O nein! Nicht auch noch das. Ich könnte Tom erwürgen! Ich wusste doch, dass die Fernsehgeschichte irgendwie nach hinten losgeht. Eigentlich müsste ich jetzt dringend Susanne anrufen und sie schon einmal vorwarnen. Dieses Mal werden sich die Verantwortlichen im Weidner-Verlag bestimmt nicht noch einmal damit beruhigen lassen, dass unser wildgewordener Volontär die Sache verbockt hat; genau genommen ist das jetzt auch meine Schuld. Ich hätte Tom nicht mit Dwaine alleine lassen dürfen. Mir wird auf einmal ganz warm, und ich bekomme Ohrenrauschen.
»Nina, geht es dir nicht gut? Du siehst auf einmal so komisch aus. Machst du dir Gedanken wegen der Geschichte im Radio?«
»Natürlich!«, herrsche ich Dwaine an. »Der hat dich gerade total lächerlich gemacht. Gute Werbung sieht anders aus! Diese Fernsehgeschichte war großer Mist.«
»Also, da bin ich anderer Meinung«, entgegnet Dwaine, aber diesmal schwingt nicht die Provokation mit, die für ihn sonst so typisch ist. »Je bekannter ich werde, umso mehr Bücher werden wir auch verkaufen. Und irgendwann muss sich unsere Tour durch die Provinz doch mal auszahlen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr. Ich fürchte allerdings, dass der Verlag das völlig anders sehen wird.«
»Heute passiert da sowieso nichts. Wir haben also noch das ganze Wochenende Zeit, uns eine Taktik zu überlegen, falls es wirklich Ärger geben sollte. Das schaffen wir schon.«
Das schaffen wir schon? Diese Beruhigung finde ich nun tatsächlich mal ganz süß von Dwaine. Es ist schließlich nicht seine Schuld. Und dass er sich in diesem Moment selbst als Teil des Teams sieht, ehrt ihn. Vielleicht ist Dwaine doch netter, als ich bisher dachte? Nein, wohl kaum. Ich verscheuche den höchst irritierenden Gedanken.
Andererseits …
»Sag mal, glaubst du wirklich den ganzen Schrott, den du in deinem Buch geschrieben hast?« Bevor ich mich noch zurückhalten kann, ist mir die Frage rausgerutscht.
»Na hör mal! Selbstverständlich!«, ruft Dwaine empört – aber es klingt ein bisschen gespielt. Merkwürdig.
»Also, du hast das alles schon ausprobiert und selbst erlebt?«, bohre ich nach.
»Natürlich. Ich bin Dwaine F. Bosworth, einer der bedeutendsten Pick-up-Artists unserer Zeit. Warum?«
»Och, nur so.« Ich sage nichts weiter, schließlich will ich unserem Star nicht unterstellen, sich die ganze Chose nur ausgedacht zu haben. Das wäre ja auch noch schöner: Wir machen den Handstand in der Flasche und verkaufen in Wirklichkeit nur eine Riesentüte heiße Luft …
Mein Handy klingelt. Ich nehme das Gespräch an, und kurz darauf hören wir die Stimme meines Schwagers Alexander über die Freisprecheinrichtung.
»Hallo Nina. Ich wollte dich bloß an den Geburtstag deiner Schwester erinnern.« Täusche ich mich, oder klingt das gerade sehr von oben herab?
»Danke, Alex, aber wie könnte ich den vergessen.«
»Es wäre nett, wenn du dir in diesem Jahr mehr Gedanken über ein Geschenk machen würdest als sonst.« Okay, kein Zweifel: sehr von oben herab! Was fällt dem denn ein? Gut, im letzten Jahr hat es nur für eine gekühlte Flasche Mumm von der Tanke gereicht, aber im Jahr davor habe ich etwas wirklich Hübsches geschenkt. Was war das doch gleich?
»Ich glaube, Finja wäre arg enttäuscht, wenn das wieder so ein Verlegenheitsgeschenk wäre«, fährt mein Schwager bereits fort.
»Also, hör mal – ich weiß schon genau, was ich ihr schenke!«, verteidige ich mich. »Und überhaupt, vielleicht fällt dir auch mal etwas Originelleres als der übliche Klunker ein.« Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung. »Meine Schwester sieht ja bald aus wie ein Christbaum, so wie du sie behängst.«
»Nina, zickig wie eh und je. Kein Wunder, dass du immer noch Single bist«, schießt Alex zurück. Fast wäre ich wieder auf die Bremse gestiegen. Und mein Herr Schwager legt sogar noch nach: »Da kriege ich als Mann ja schon vom Zuhören Sodbrennen. Hoffentlich verschreckst du nicht gleich deinen Tischherren. Habe mich sowieso gewundert, warum Jörg Hohentwiehl nun unbedingt neben dir sitzen will.« O nein – das war ja klar. Kaum tauche ich bei Finja auf, wird
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