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Sakramentisch (German Edition)

Sakramentisch (German Edition)

Titel: Sakramentisch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Tresen.
    Polín! Ihre blaugrünen Augen sahen ihn an. Sie zeigte ihre blendend
weißen Zahnreihen und lachte verführerisch.
    Wie in Trance wendete er das Bild. Auf dem Fotorücken war eine
Handynummer aufgedruckt. Ein scharfer Blitz durchzuckte ihn. Auf der dunklen
Innenseite seiner Augenlider erschien ein Abbild der Frau, der er im Schnee und
an der Bar begegnet war. Diese hier war eine andere Person. Er schüttelte den
Kopf und legte das Foto wieder auf den Tisch.
    »Nein danke«, sagte er leise mit gesenktem Kopf.
    Er ging nach oben und rief Werner an. Sie vereinbarten, sich wieder
im Gartenhaus zu treffen, sobald er mit seinen Überlegungen fertig war.
    Das andere zu regeln bedurfte nicht nur eines Anrufs.
    Binnen zweiundsiebzig Stunden besaß Hadi alle Informationen, die
er benötigte. Im Wesentlichen waren es drei.
    Es war nicht schwer gewesen, die Nummer des Verbands bayerischer
Omnibusunternehmer herauszukriegen. Zweimal hatte er Pech. Er rief außerhalb
der kargen Dienstzeiten an. Beim dritten Mal um halb elf Uhr in der Früh
klappte es. Er benutzte das Festnetztelefon und spannte ein nasses Taschentuch
über das Mikrofon. Das taten sie in seinen Romanen, wenn sie ihre Stimme nasal
verstellen wollten.
    »Grüß Gott, ich heiße Lehmann und bin privater Schmuck- und
Steinehändler. Sie kennen die inhorgenta?«
    Ein Moment Pause. Dann brüllendes Gelächter am anderen Ende. »Sie
wissen doch, wo Sie anrufen, verehrter Herr Lehmann. Und da fragen Sie, ob in
unserem Verband die größte Fachmesse dieser Art bekannt ist?«
    Hadi blieb cool. Es ging schließlich um Steine, die man mit Fassung
zu tragen hatte.
    »Is ja gut. Ich wollte mich nur erkundigen, ob aus dem Rosenheimer
Raum ein Bus zur inhorgenta fährt. Ich fahre da ungern mit dem eigenen Wagen.«
    »Einen Moment, bitte.«
    Er hörte das Klappern der Tastatur.
    »Sie haben Glück. Es fahren sogar vier Busse.«
    Er konnte also wählen. Die Busse fuhren alle an der Loretowiese in
Rosenheim ab. Er schrieb sich die Abfahrts- und voraussichtlichen
Ankunftszeiten auf. Er bedankte sich und legte auf.
    Am nächsten Tag rief er wieder an. Diesmal antwortete eine weibliche
Person.
    Er meldete sich mit abgrundtiefer Stimme und sprach langsam wie
einer, der Deutsch auf einer Berghütte gelernt hat. Er kaute die Buchstaben
einzeln hervor.
    »Griaß Good, i bin a Schmucktandler und mecht am Samstag, den
sechsundzwanzigsten Februar vo Rosenheim zur inhorgenta af Minga nauf mitm Bus
fahrn. Gibt’s da no a Platzl?«
    Er solle sich doch an den entsprechenden Omnibusbetrieb wenden. Er
erhielt eine Telefonnummer. Es war eine mobile Nummer.
    »Griaß Good, i bin …« Er leierte denselben Spruch herunter. Und
bekam spielend einen Platz.
    »Ja, wir haben noch Plätze frei. Es ist ein mittelgroßer Bus.
Normalerweise ein Flughafentaxi. Lauter Italiener.«
    Der nächste Tag musste die Entscheidung bringen. Dieselbe
abgrundtiefe Stimme. Die gleiche schleppende Sprechweise.
    »Griaß Good, i hab bei eich an Platz zur inhorgenta gebucht. I wollt
amal zwengs der Sicherheit …«
    »Ja, ja, Sie sind nicht der Erste, der sich erkundigt. Freilich, Sie
haben Wertsachen dabei. Deshalb fährt ein Busbegleiter mit. Vielleicht zwei,
wir wissen es noch nicht. Im Übrigen ist jeder Fahrteilnehmer für die
Sicherheit seiner eigenen Ware zuständig.«
    Was das bedeutete, konnte Hadi sich vorstellen. Alle waren
bewaffnet.
    »Und wann fahrmer zruck? Am nämlichen Tag?«
    »Ja, natürlich, Messeschluss ist um achtzehn Uhr. Wir fahren danach
am selben Tag innerhalb der nächsten Stunde zurück. Also spätestens um neunzehn
Uhr. Sie werden gegen zwanzig Uhr zwanzig in Rosenheim sein. Ihre Buchung
lautet Hin- und Rückfahrt.«
    Das war’s, was Hadi Yohl wissen wollte.
    Er hängte sich ans Telefon und vereinbarte einen Termin mit Werner
Stuffer. Er war überrascht zu hören, dass sich Artur bei Werner gemeldet hatte.
Sozusagen gesund gemeldet. Das passte Hadi sehr gut ins Konzept. Wenn es
stimmte und die Gesundheit anhielt.
    Der Grill in Werners Gartenhaus glühte verlockend wie das Auge
von Polín an der Bar im Garstigen Bär. Auf einem Drahtgestell daneben lag ein
Stapel würzig duftender Bratwürstchen. Die drei Männer saßen auf den
Klappstühlen rund um den Grill in dem puristisch ausgestatteten Raum. Die
nackte Sechzig-Watt-Glühbirne baumelte verloren unter der Decke.
    Hadi Yohl erschrak, als er Artur Josef sah. Er war abgemagert, hatte
hohle Wangen und Schatten um die Augen.
    »Kannst

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