Sakramentisch (German Edition)
du denn wirklich … bist du sicher … wir dürfen kein Risiko
eingehen …«
Tapfer schlug sich Artur an die Brust. »Unersetzlich bin ich«, sagte
er, ohne rot zu werden. »Ohne Übertreibung.«
Heimlich nahm Werner Hadi zur Seite. »Sakramentisch! Ich glaube,
wenn wir ihn jetzt fallen lassen, ist es aus mit seinem rührenden
Selbstbewusstsein. Wir veranstalten die Sache ja für ihn …«
Er fischte Hadis kritischen Blick und die hochgezogene Augenbraue
auf.
»Ja gut«, fuhr Werner fort, »ein bisserl auch für uns. Für deine
Romanpraxis und für meine Krimihandlung. Aber hauptsächlich doch, um ihn von
seiner Geldnot loszueisen.« Nur für eine Sekunde hielt er inne. »Lass uns ihn
einfach so einsetzen, dass er nichts kaputt machen kann. Ungefähr so, wie ein
Entwicklungsminister im Bundeskabinett.«
Hadi machte eine Miene, als dächte er über Werners Bemerkung nach.
In Wirklichkeit aber dachte er an gar nichts. Seine Entscheidung war längst
gefallen.
Arturs Augen glichen dunklen, unterirdischen Gängen.
Nebenbei hatte Werner jedem ein Weißbier eingeschenkt. Alle drei
stießen sie an. »Auf uns und unser Projekt.«
»Also gut«, sagte Hadi, als sie sich Artur wieder zuwandten. »Du
bist dabei. Wie geht’s dir eigentlich? Was tust du gegen dein Leiden?«
Ein gekünstelt breites Lächeln erschien auf Arturs Gesicht. »So eine
Herzgschicht ist heute wie Grippe. Selbst eine Transplantation ist nichts
Besonderes mehr. Es dauert eine Zeit, dann ist es wieder vorbei.«
Die zwei anderen warfen sich einen skeptischen Blick zu.
»Also«, griff Hadi ein. »Kommen wir zum Eingemachten. Ich habe mir
die Sache wie folgt vorgestellt.« Er breitete sein Messtischblatt aus. Die
Bodenfläche des Gartenhauses reichte dafür gerade.
»Hier ist Rosenheim. Hier ist München und hier die inhorgenta. Der
Omnibus wird diese Route nehmen.« Er deutete auf Schloss Maxlrain und den
danebenliegenden Golfplatz.
»An dieser Stelle«, Hadi zeigte mit der Stiftspitze auf einen roten
Punkt an einer gelben Straße, »wird der Bus halten, um mich zusteigen zu
lassen. Und gegen zwanzig Uhr zwanzig oder kurz danach wird er mich auch hier
wieder abladen.«
Hadi richtete sich auf und blickte gewichtig in die Runde. »Dieses
Sträßchen, das in den Maxlrainer Forst führt. Das ist unser Ausgangspunkt.«
Ein vielsagender Unterton lag in seiner Stimme.
»Werner, du kümmerst dich bitte um die Maskerade und das Zubehör.
Wir wollen schließlich etwas davon haben, dass du Friseur gelernt hast.«
Hadi gab Werner die Hand. »Sammer wieder guat«, sagte er und blickte
ihm treuherzig in die Augen.
»Und du, Artur, besorgst uns das Fluchtauto. Ich kenne keinen, der
dafür besser geeignet wäre als du. Okay?«
Artur nickte erfreut. Er befand sich auf vertrautem Terrain. »Klar«,
sagte er glockenhell, ohne exakt zu wissen, was auf ihn zukam. »Mach ich.«
»Und für dich, Werner, habe ich jetzt noch einen Spezialauftrag.«
Hadi war aufgestanden und marschierte mit hinter dem Rücken
verschränkten Armen ein paar Schritte auf und ab. Dann sah er den Rechtsanwalt
bedeutungsvoll an.
»Ich bitte dich, den direkten Überfall von außen zu leiten. Nur du
und Artur, ihr seid das Team. Ich selbst werde mich im Bus befinden.«
Danach erläuterte er die Einzelheiten. Er ging auf jedes Detail ein
und ließ Artur wiederholen, was er zu tun hatte.
ZWÖLF
Mit dem Klauen des Fluchtautos hatte es begonnen.
Selbstverständlich hätte Artur Josef über genügend Erfahrung verfügt, vom Fiat
Punto bis zum dicksten Daimler jedes Fahrzeug aufzubrechen und zu stehlen. Doch
diesmal wollte er, dem Anlass entsprechend, etwas Extravagantes landen.
Außerdem fühlte er sich Hadi Yohl so sehr verpflichtet, dass er ihm – ähnlich
einem Hund seinem Herrn – zu Gefallen sein wollte.
Die leichteste Aufgabe war, die Nummernschilder zu besorgen, eines
für vorn und eines für hinten. Noch in der Nacht der Besprechung in Werners
Gartenhaus beschaffte er sie aus der Tiefgarage eines Einkaufszentrums. Er
schraubte sie von einem verstaubten Peugeot im Unterdeck ab, der bestimmt schon
lange da stand und noch weiter dort stehen würde.
Der Autoklau selbst war ein anderes Kaliber. Eine Woche lang, jeden
Tag in der Früh und am späten Nachmittag, kreiste Artur die möglichen
Schauplätze ein. Unweit der Autobahnausfahrt im Süden Kufsteins auf Tiroler
Boden blieb er hängen. Russen, Weißrussen, Ukrainer, Bulgaren, Serben und einen
Tschetschenen machte er auf dem
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