Sakramentisch (German Edition)
erregt wie im vergangenen Jahr vor dem Empfang des
Krimipreises.
Bis der Anruf kam. Sofort schlug seine Stimmung um.
Ein Hyundai war es gewesen, den Artur aufbrach, mitnahm und an
den er die verstaubten Nummernschilder des verstaubten Peugeot aus der
Tiefgarage montierte. Ein Hyundai mit vier Türen, zerschlissenen Polstern und
wenig PS . Für das, was sie vorhatten, war es
wurscht, wie das Auto aussah und wie schnell es war, waren Hadis Worte gewesen.
Sie wollten ja nur damit wegfahren. Quasi ein Alibi-Auto.
Zu jeder vollen Stunde an diesem Samstag probierte er das Fahrzeug
aus. Er hatte es halb voll getankt und so präpariert, wie Hadi es ihm
angeschafft hatte. Er ließ es an, drehte eine Runde, kam zurück, parkte wieder
ein. Es musste ja nur anspringen. Das tat es jedes Mal. Trotzdem hatte Artur
ein ungutes Gefühl. Etwas stimmte da nicht.
Er stellte sich vor das Auto und lauschte. Er hörte nur das
freundliche Knacken, nachdem ein warm gelaufener Motor abgeschaltet wurde. Lag
es an ihm? War er nervös? Das Auto war okay. Es gab keinen Grund zum Meckern.
Um halb fünf Uhr kam Werner.
Er führte Werner das Auto vor, und Werner war zufrieden.
»Die Farbe ist ein bisschen blass«, meinte er. »Aber für unsere
Zwecke ausreichend.«
Artur wusste nicht, ob das als Scherz gemeint war oder nicht.
Trotzdem. Etwas stimmte nicht. Er wusste, dass es keine Einbildung
war. Eine innere Warnuhr begann zu ticken. Wenn etwas mit dem Auto schiefging,
war das ganze Unternehmen gefährdet. Doch was sollte er tun? Er spürte eine
wachsende Erregung. Nach seiner Operation hatte er schon schlimmere
Bauchschmerzen gehabt. Doch die Schlangen, die jetzt durch seine Innereien
krochen, waren auch nicht von Pappe.
Um siebzehn Uhr stiegen sie beide ein, Werner und Artur. Er wusste
nicht, warum, aber er sah Werner in die Augen, bevor er den Hyundai startete.
Er drehte den Zündschlüssel.
Nichts.
Er drehte noch einmal. Ein zartes Trrrrr. Noch einmal. Ein
liebliches Prrrrrrr.
Werner sah ihn an, Vorwurf im Blick.
»Was ist?«
Das war der Augenblick, als Hadis Handy klingelte.
Er befand sich im Bierkönig inmitten übertrieben fröhlicher
Italiener. Sie hatten sich mit ihm und er sich mit ihnen angefreundet. Um sie
auszunehmen, bedurfte es eines Autos. Dieses Auto, hörte er gerade, gab es
nicht mehr.
Hadi Yohl war Kriminalschriftsteller. Er hatte alles schon erlebt,
wenn auch nur in seinen Romanen und in der Vorbereitung dazu. Er wusste, dass
unerwartete Wendungen eine Geschichte spannend machen. Und dies war so eine
Wendung. Das Fluchtauto sprang nicht an. Es wollte auch nicht anspringen, als
zuerst Artur, anschließend Werner zuerst gegen die Reifen, anschließend gegen
die vordere Stoßstange traten.
Das bedeutete, seine Protagonisten versagten! Was tut ein begabter
Kriminalromanautor, wenn die Hauptpersonen zu blöd sind, ein Auto, das dringend
gebraucht wird, zum Anspringen zu bringen?
Er spielt Gott.
Er gibt einen göttlichen Ratschlag.
»Besorgt sofort ein anderes Auto!«
Wir haben eine halbe Stunde, überlegte Werner. Maximal!
Artur sah ihn an und nickte.
Dann hatte Werner die göttliche Idee.
Werner war begeisterter Bergwanderer (jeder, der am Samerberg
aufgewachsen ist, ist notgedrungen ein begeisterter Bergwanderer). Als solcher
wusste er, dass Bergwanderer, wohl um Gewicht für die Tour zu sparen, den
Autoschlüssel oft auf den Hinterreifen ihres Autos legen. Ob auf dem linken
oder rechten, hängt von Sonneneinstrahlung oder Erdumdrehung ab. Und wer …
»Auf geht’s!«, rief er Artur zu. Sie jagten zu Werners Wagen, im
Rennen den nächsten Waldparkplatz erinnernd.
Sie schlitterten über die schmale, vereiste Straße, wichen einem
entsprungenen Pferd aus, brachten den Kies vor dem Haus mit den blauen
Fensterläden zum Knirschen, das an der Einfahrt zum Parkplatz stand, und waren
da. Nicht viele Autos parkten an diesem trüben Februarsamstagspätnachmittag am
Fuß des Berges. Es waren drei. Ein silberfarbener VW Passat,
ein sumpfbrauner Mitsubishi Pajero, ein ehemals schwarzer Ford Fiesta, dessen
linker hinterer Kotflügel fehlte.
Artur stürzte auf den rechten Hinterreifen des Fiesta zu.
Wenn er hätte wetten müssen, hätte Werner die Chance, den
Wagenschlüssel auf dem Reifen zu finden, auf eins zu zehntausend geschätzt.
Hätte es eine Lotterie gegeben, hätte Artur haushoch gewonnen. Wie der
Spielführer eines Champions-League-Siegers den Pokal, so reckte er den
Schlüssel in die Höh.
Der alte
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