Sakrileg – The Da Vinci Code: Inkl. Leseprobe aus „Inferno“
besonders markiert ist – durch einen Pfeil und häufig auch durch das Symbol der Lilie.
Auf der Erdkugel stellt die imaginäre Rosenlinie – auch Meridian oder Längengrad genannt – die kürzeste Verbindung zwischen dem Nord- und Südpol dar. Es gibt natürlich eine unendliche Zahl von Rosenlinien, da eine Verbindungslinie der beiden Pole durch jeden beliebigen Ort der Erdkugel gezogen werden kann. Für die frühen Seefahrer erhob sich daher die Frage, welche dieser Linien die Rosenlinie ist – der Nullmeridian, von dem aus alle anderen Meridiane oder Längengrade der Erde durchzunummerieren sind.
Heute verläuft dieser Nullmeridian durch die Sternwarte von Greenwich in England.
Aber so war es nicht immer.
Lange bevor man übereinkam, den Nullmeridian durch Greenwich zu legen, verlief diese imaginäre Nulllinie durch Paris – mitten durch die Kirche Saint-Sulpice, wo die in den Boden eingelassene Messingleiste zur Erinnerung an den ursprünglichen Nullmeridian bis zum heutigen Tage sichtbar ist, auch wenn Paris im Jahr 1888 die Ehre des Nullmeridians an Greenwich abgegeben hat.
»Dann stimmt die Legende also«, hatte der Lehrer zu Silas gesagt. »Es heißt nämlich, der Schlussstein der Bruderschaft liege ›unter dem Zeichen der Rose‹.«
Silas kniete immer noch in der Bank. Er sah sich lauschend in der Kirche um. War er allein? Einen Moment lang glaubte er, er hätte etwas auf der Orgelempore rascheln gehört. Er drehte sich um und spähte ein paar Sekunden hinauf. Nichts.
Du bist allein.
Er erhob sich. Vor dem Altar beugte er dreimal das Knie. Dann wandte er sich nach links und folgte der Messingleiste nordwärts zum Obelisken.
Im gleichen Augenblick fuhr Bischof Aringarosa aus dem Schlaf. Das Rumpeln des Fahrwerks seiner Maschine, die auf der Landebahn des Flughafens Leonardo da Vinci in Rom aufsetzte, hatte ihn geweckt,
Du bist tatsächlich eingedöst , dachte er und klopfte sich innerlich auf die Schulter, dass er kaltblütig genug war, in dieser Situation zu schlafen.
»Benvenuto a Roma« , tönte es aus dem Bordlautsprecher.
Aringarosa setzte sich auf, zog die schwarze Soutane zurecht und erlaubte sich ein Lächeln, was selten genug geschah. Das war eine Reise, die er gern unternommen hatte. Du bist zu lange in der Defensive gewesen. Heute Nacht jedoch hatte das Blatt sich gewendet. Noch vor fünf Monaten hatte Aringarosa um die Zukunft des Glaubens gebangt, nun aber hatte sich gleichsam durch eine göttliche Intervention die Lösung von selbst angeboten.
Eine göttliche Intervention.
Wenn in Paris heute Nacht alles gut ging, war Aringarosa bald im Besitz von etwas, das ihn zum mächtigsten Mann der Christenheit machte.
23. KAPITEL
A temlos erreichte Sophie die großen hölzernen Türflügel des Salle des États , jenes Ausstellungsraums, der die Mona Lisa beherbergte. Bevor sie eintrat, schaute sie den Gang hinunter zu der ungefähr zwanzig Meter entfernten Stelle, an der die Leiche ihres Großvaters immer noch im Lichtkegel des mobilen Scheinwerfers lag.
Jäh und unvermutet machte sich ein machtvolles Gefühl der Reue in ihr breit, eine tiefe, von Schuldgefühlen durchsetzte Traurigkeit. Dieser Mann hatte sich in den vergangenen zehn Jahren sehr oft bemüht, die Kluft zu ihr zu überbrücken, doch Sophie war unerbittlich geblieben. Sie hatte seine Briefe und Päckchen ungeöffnet in einer Schublade verschwinden lassen und alle seine Versuch, sie zu sehen, abgeblockt. Er hat dich belogen! Hat scheußliche Geheimnisse gehütet! Was hättest du denn tun sollen?
Jetzt war er tot und sprach aus dem Jenseits zu ihr.
Die Mona Lisa.
Sophie ließ die hohen Türflügel aufschwingen. Einen Moment blieb sie auf der Schwelle stehen und verschaffte sich einen Überblick über die Weite des dahinter liegenden rechteckigen Saales. Auch er war in weiches rotes Licht getaucht. Der Salle des États war einer der wenigen Räume des Museums ohne Durchgang – eine Sackgasse und gleichzeitig der einzige Raum, der von der Mitte der Grande Galerie abzweigte. Gegenüber der Flügeltür, dem einzigen Zugang zu diesem Saal, hing ein viereinhalb Meter breites, alles beherrschendes Gemälde von Sandro Botticelli. Auf der riesigen achteckigen Polsterbank in der Mitte des Saals pflegten Tausende ermüdeter Besucher die willkommene Gelegenheit zu nutzen, bei der Betrachtung des berühmtesten Kunstwerks im Louvre ein wenig die Beine auszustrecken.
Sophie bemerkte, dass ihr etwas fehlte. Ein UV -Strahler.
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