Salambo
Die Mägde stieÃen ein Klagegeschrei aus wie bei einem Begräbnis, und die Eunuchen erbleichten unter ihrer schwarzen Haut.
Matho stand hinter dem Geländer. In den Zaimph eingehüllt, sah er aus wie ein Sternengott im Firmament. Die Sklaven wollten sich auf ihn stürzen. Salambo hielt sie zurück.
âRührt ihn nicht an! Er hat den Mantel der Göttin!â
Sie war in einen Winkel des Gemaches zurück gewichen. Jetzt machte sie einen Schritt auf den Libyer zu, streckte den bloÃen Arm gegen ihn aus und rief: âFluch über dich, der du Tanit beraubt hast! Hass, Rache, Mord und Qual! Möge Gurzil, der Gott der Schlachten, dich zerreiÃen, Matisman, der Gott der Toten, dich erwürgen, und der andere, dessen Namen man nicht nennen darf, dich mit Feuer vernichten!â
Matho stieà einen Schrei aus, als hätte ihn ein Schwert durchbohrt.
Sie wiederholte mehrmals: âFort! Fort!â
Die Dienerschar trat zur Seite, und Matho schritt mit gesenktem Haupt langsam mitten hindurch. An der Tür konnte er nicht weiter, weil sich der Zaimph an einem der Goldsterne auf den Fliesen festgehakt hatte. Mit einem Ruck der Schulter riss er ihn gewaltsam los und eilte die Treppen hinab.
Spendius rannte von Terrasse zu Terrasse, sprang über die Hecken und Wassergräben und entkam aus den Gärten. Er gelangte an die Basis des Leuchtturms. Die Mauer war an dieser Stelle menschenleer, weil das Ufer hier unzugänglich war. Er trat an den Rand, legte sich auf den Rücken und rutschte, die FüÃe voran, die ganze Höhe hinunter. Dann erreichte er schwimmend das Vorgebirge der Gräber, machte einen weiten Bogen um die Salzlagune herum und kam am Abend in das Lager der Barbaren zurück.
Die Sonne war inzwischen aufgegangen. Wie ein Löwe auf dem Rückzug schritt Matho dahin, furchtbare Blicke um sich werfend.
Ein undeutliches Geräusch drang an sein Ohr. Es war vom Palast ausgegangen und wiederholte sich in der Ferne, wo die Akropolis lag. Die einen sagten, der Schatz der Republik sei aus dem Molochtempel geraubt. Andere munkelten von einem Priestermord. Anderswo dachte man, die Barbaren seien in die Stadt eingedrungen.
Matho, der nicht wusste, wie er aus den Stadtmauern hinauskommen sollte, ging geradeaus weiter. Man bemerkte ihn. Alsbald erhob sich lautes Geschrei. Der Vorfall wurde allgemein bekannt. Zuerst entstand eine groÃe Bestürzung, dann aber brach eine Wut ohnegleichen aus.
Aus der Tiefe der MappalierstraÃe, von der Höhe der Burg, von der Gräberstadt und vom Meeresgestade eilte die Menge herbei. Die PaÂtrizier verlieÃen ihre Häuser, die Händler ihre Läden, die Mütter ihre Kinder. Man griff zu Schwertern, Ãxten, Stöcken. Doch das Hindernis, das Salambo geschreckt hatte, hielt sie alle zurück. Wie sollte man den Mantel zurückholen? Sein bloÃer Anblick war schon Frevel! Er war göttlicher Natur, und seine Berührung brachte den Tod.
In den Vorhallen der Tempel rangen die Priester verzweifelt die Arme. Patrouillen der Garde sprangen ziellos umher. Man stieg auf die Häuser, auf die Terrassen, auf die Schultern der Kolosse und in die Takelage der Schiffe. Matho lief inzwischen weiter. Bei jedem seiner Schritte wuchs die Wut, aber auch der Schrecken. Die StraÃen wurden bei seinem Erscheinen leer, und der Strom der Fliehenden brandete auf beiden Seiten zurück, bis in die hohen Häuser hinauf. Ãberall erblickte Matho weit aufgerissene Augen, die ihn am liebsten verschlungen hätten, knirschende Zähne und geballte Fäuste. Salambos Verwünschungen hallten aus immer zahlreicheren Kehlen wider.
Plötzlich schwirrte ein langer Pfeil, dann noch einer. Steine sausten. Aber alle diese Geschosse waren schlecht gezielt, aus Furcht, den Zaimph zu treffen, und so flogen sie über Mathos Kopf hinweg. Zudem gebrauchte er den Mantel als Schild. Er hielt ihn bald nach rechts, bald nach links, bald vor sich, bald hinter sich. Die Verfolger wussten nicht, was sie tun sollten. Er ging immer schneller und lief in die offenen StraÃen hinein. Sie waren mit Seilen, Karren und Schlingen gesperrt, so dass er bei den StraÃenbiegungen umkehren musste. Endlich erreichte er den Khamon-Platz, wo die Balearier ermordet worden waren. Hier blieb Matho stehen, bleich wie ein dem Tode Geweihter. Jetzt war er verloren. Die Menge klatschte in die Hände.
Er lief weiter bis zu dem groÃen geschlossenen
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