Sally
alten Mauern, feuchten Tapeten, Reinigungsmittel und Parfum.
Was für ein merkwürdiger Weg, den mein Leben eingeschlagen hat, dachte ich. Er war so fremd und voller unkalkulierbarer Risiken. Ich war weder verbittert noch stolz darauf. Ich sah einfach zu und versuchte zu überleben.
Und nun stand ich hier in dieser Klitsche, um ein möglichst billiges Zimmer für mich und meine wachsende Kundschaft zu organisieren. Meine eigene Geschäftsadresse. Mein eigenes Reich der Dunkelheit.
»Aber hallo, hallo!«
Ein etwa vierzigjähriger Mann mit deutschem Akzent, der sich als Eugen vorstellte, bat mich herzlich nach unten. Er schüttelte mir die Hand, servierte mir Kaffee und unterhielt sich im Plauderton mit mir. Die Chefin würde in zwanzig Minuten da sein, meinte er, während er mich ebenso unverhohlen wie unbarmherzig musterte und mich schließlich nach meinem Alter fragte.
Susannes Name stand auf einer goldenen Halskette, die sich glatt wie eine Schlange um ihren dürren Hals wand. Sie war ungeduldig, blond und billig gekleidet. Ich schätzte sie auf achtundvierzig Jahre.
»Hast du deinen Freifahrtschein mit, Herzchen?«, fragte sie als Erstes.
Ich sah Eugen verständnislos an.
»Na, den Nuttenpass«, klärte Eugen mich auf, dass Susanne nicht die Jahreskarte für die Wiener Linien meinte, sondern die behördliche Zulassung, um als Prostituierte arbeiten zu dürfen.
»Ich, nein …«, stammelte ich. »Nein, ich mache das ja nur, um Geld dazuzuverdienen. Ich habe zwei Kinder und unser Haus ist noch nicht abbezahlt.«
»Hausfrau?«
Susanne glaubte mir nicht. Sie hatte mich als Nutte kategorisiert, und Nutten logen ihrer Meinung nach wohl prinzipiell.
Trotzdem war sie bereit, mit mir zusammenzuarbeiten. Ich sollte mich allerdings zwischendurch nicht hier in den Räumlichkeiten aufhalten. Das wäre illegal.
»Aber wenn du mit einem Freier kommst, Schätzchen, wird hier verlässlich immer ein Zimmer für dich frei sein.«
Sie erklärte mir noch, wie die Sache mit dem Geld generell lief. Ich durfte es mir nie in die Hand geben lassen. Mein Freier musste es offen irgendwo hinlegen. Wenn er weg war, sollte ich ungefähr eine halbe Stunde warten, ohne das Geld anzurühren. Sollte es zu einer Razzia kommen und sich der vermeintliche Kunde als verdeckter Ermittler herausstellen, könnte ich dann sagen, dass ich ihn gerade anrufen wollte, weil er sein Geld hier vergessen hatte.
»Dann können sie dir nichts tun, Schätzchen. Verstanden?«
Es war ein guter Tipp, den ich noch lange beherzigte.
In ihrem kleinen Klub führte mich Susanne nun vor wie eine Zirkusattraktion.
»Hast du schon unsere süße neue Pussy gesehen?«
Ich wäre vor Scham am liebsten unter den schweren roten Teppich gekrochen. Eugen beobachtete mich aufmerksam und schien als Einziger meine wahren Regungen mitzubekommen.
Ein Mann, der eben den Keller betreten hatte, musterte mich ebenso eingehend. Seine Blicke waren unverschämt. Er betrachtete mich wie ein Tier, das ihm am Markt angeboten wurde. Mich schauderte.
»Schau, was für zarte Füße sie hat«, meinte Susanne. »Und so schöne Haare und dann erst diese piekfeinen, sauberen Fingernägel. Der Busen steht auch noch.«
»Lass doch das arme Mädchen in Ruhe«, warf Eugen ein.
Ich machte gute Miene zum bösen Spiel.
Und der Mann, der mich so eingehend gemustert hatte, mietete das große Zimmer für uns beide. Ich schickte ihn zum Waschen ins Bad und rückte die Kissen am Bett zurecht. Dann platzierte ich Massageöl und Kondome in Griffweite. Ich wollte mich bemühen, aber wie sich herausstellte, war das nicht nötig. Als er zurück war, zog ich mich vor ihm aus. Mein Rock glitt zu Boden. Ich knöpfte im düsteren Licht des Zimmerchens langsam die Bluse auf und öffnete zuletzt meinen BH. Das erregte ihn sichtlich. Ich stützte ein Bein am Bettpfosten ab, um meine halterlosen Strümpfe aus dem Drogeriemarkt abzustreifen. Da stülpte er sich hastig das Kondom über, zerrte mich grob auf sein steifes Glied und ergoss sich nach einem kurzen gierigen Hin und Her. Danach schubste er mich weg, warf das Kondom auf den Boden und zog sich eilig an. Keine Massage, kein Wort.
Hundert Euro auf der Kommode. Siebzig für mich, dreißig für Susanne. Ich hatte von Etablissements an der Grenze gehört, in denen Freier darüber verhandelten, ob die Viertelstunde achtzehn oder fünfzehn Euro kostete. Wie einen Phantomschmerz spürte ich den Fremdkörper noch zwischen meinen Beinen. Vor Wut hätte ich laut
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