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Sally

Sally

Titel: Sally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Päsler
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glücklich zu machen.
    Mit vielen weiteren Entschuldigungen bat ich nun den anderen Kunden herein. Er lachte mich aber nur freundlich an.
    »Ich war eine Runde spazieren«, erklärte er beschwichtigend. »Man hat ohnedies viel zu selten die Muße dafür.«
    Die Brille nahm er erst am Massagebett ab, weil er es vermutlich sonst nicht gefunden hätte.
    »Ich muss keine Sträuße ausfechten«, sagte er dann. »Das kostet nur Energie und bringt am Ende nichts.«
    »Der Klügere gibt nach«, sagte ich, während ich seinen weichen Körper behandelte.
    »Der Kerl war kindisch.«
    »Das sehe ich genauso.«
    Er seufzte und genoss das gleiche Service wie sein Vorgänger. Der Orgasmus schien ihm nicht so wichtig zu sein, und als er meine Wohnung verließ, war auch er glücklich.
    Während ich auf den nächsten Kunden wartete, fragte ich mich, was genau das Konkurrenzverhalten der Männer steuerte. Gene? Erziehung? Hormone? Oder ging es tatsächlich nur um die viel zitierte Länge ihres Pimmels? Nach all den Männern, die bei mir gewesen waren, konnte ich inzwischen beim Anblick eines Mannes in voller Montur sagen, wie groß sein Penis war. Wenn ich vaginalen Sex mit einem Kunden hatte und die Chemie zwischen uns nicht wirklich passte, war mir ein kleines Exemplar lieber. Wenn die Chemie aber stimmte, hatte ich nichts dagegen, den Mann zu spüren.
    Tatsache war: Der Penis des selbsternannten Alphatiers und Putin-Verschnitts war viel größer gewesen als der des gutmütigen Kuschelbären.

9
    FEBRUAR 2010. So wie erfahrene Freier eine käufliche Liebesdienerin vielleicht auf den ersten Blick erkennen, so schärfte sich mein Blick für Männer, die solche Dienste in Anspruch nehmen. Oder besser gesagt für jene, die es nicht tun, denn die sind offenbar deutlich in der Minderheit. Dabei nagte immer die Angst an mir, dass eines Tages ein Mann aus der anderen Hälfte meines Doppellebens bei mir aufkreuzen und mich erkennen könnte.
    Karl war ein Kunde, den ich schon länger kannte. Er hatte eine Art Jour fixe für jeden Dienstagmittag gebucht. Stammkunden wie er machten das Leben einfacher und einige wurden mir mit der Zeit richtig sympathisch.
    »Weißt du eigentlich, Sally«, sagte Karl eines Tages, als meine Hände in seiner Lendenbeuge ruhten, »dass wir uns von früher kennen?«
    Ich zuckte zurück und überlegte fieberhaft. Karl war inzwischen fast schon ein Freund geworden, aber ich wusste nicht einmal, ob er wirklich Karl hieß, und Freundschaft war in meinem Metier natürlich sowieso relativ. Ich traute keinem Mann mehr. Mein eigener Mann und dessen bester Freund hatten mich schließlich in die Enge getrieben und erpresst, und sie taten es noch.
    »Warum sagst du mir das erst jetzt?«, fragte ich alarmiert.
    »Ich dachte, es wäre dir vielleicht unangenehm.«
    Das klang aufrichtig. Angenehm war mir die Situation trotzdem nicht.
    »Wir haben im gleichen Krankenhaus gearbeitet, erinnerst du dich nicht?«
    Er redete über Stationen und Dienstpläne, und die Gesichter und Namen ehemaliger Kollegen zogen an meinem inneren Auge vorbei. Karl war nicht dabei.
    »Es ist alles so lange her«, sagte ich leise.
    »So lange auch wieder nicht«, antwortete er.
    Ich wusste, was er meinte. Sein Leben war seit damals einfach dahingeplätschert, während ich durch die Hölle gehen musste.
    »Ich würde nächstes Mal gerne meine Frau mitbringen«, sagte er unvermittelt.
    »Was?«
    »Ich möchte, dass sie von dir lernt.«
    Unaufgefordert erzählte er mir alles über seine Ehe, seine Liebe zu seiner wunderschönen Frau Eva und seine Verzweiflung über das Abhandenkommen jeglicher Zärtlichkeit in ihrem gemeinsamen Leben. Mittlerweile bestünde ihre Intimität nur noch aus flüchtigen Küssen. Er sei am Ende, sagte er und seine Ehrlichkeit rührte mich. Dieser Mann liebte seine Frau wirklich. Die beiden fühlten sich immer noch zueinander hingezogen und für ihn stand fest, dass die Mutter seiner Kinder in jeder Hinsicht auch die Frau seines Lebens war. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass er mir zutraute, ihnen zu helfen. Er machte mich zu dem, was ich gerne sein wollte, zu einer Frau, die anderen Liebe gab und die Leidenschaft in ihnen erweckte.
    Wir verabredeten uns für den kommenden Dienstagnachmittag. Der übliche Jour fixe, nur diesmal mit Anhang. Karl zwinkerte mir verschwörerisch zu, als er mit der großen brünetten Frau im eleganten Nerzmantel meine Wohnung betrat. Eva trug eine Augenbinde aus schwarzer Spitze.
    »Schatz, was wird das

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