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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Wunden, oder was?
    In ihrer Verwirrung über das Bild, das die Bibel von Jezabel zeichnete – es schien nahezulegen, dass Schminke Hexenwerk war und Koketterie ein Kapitalverbrechen –, hatte Ellen Cherry ihre Mutter gefragt (die diplomatischen Beziehungen zu ihren Eltern waren etwa sechs Monate nach ihrer Flucht nach Seattle wiederaufgenommen worden), was sie über den schlechten Ruf der Königin wusste.
    «Sie is wohl einfach ein durchtriebenes Luder gewesen.»
    «Mami! Könntest du dich vielleicht ein bisschen deutlicher ausdrücken?»
    «Dein Daddy hat es nich so gemeint, Herzchen, als er dir damals die Leviten gelesen hat. Es lag an Bud, der hat ihn so angestachelt. Bud schafft es ständig, ihm ein schlechtes Gewissen einzureden, sogar mit Sachen, die sie als kleine Jungen verbrochen haben, irgendwelche uralten Streiche, und dann führt er ihn an der Nase spazieren. Aber –»
    «Mami, bitte tu mir den Gefallen und frag Onkel Buddy mal danach, was Jezabel eigentlich so Schlimmes angestellt hat. Versuch Einzelheiten rauszukriegen.»
    Als Reverend Buddy Winkler das nächste Mal zum Essen gekommen war, hatte Patsy das Thema tatsächlich angesprochen. Totenstille breitete sich aus, nur das muntere Brutzeln der Schweineschnitzel in der Pfanne war zu hören. Langsam erhob sich der Prediger von seinem Küchenstuhl, dessen grüner Anstrich einen lebhaften Kontrast zu seinen hagebuttenfarbenen Pusteln bildete, und ließ seinen hungrigen Blick wie eine Ochsenzunge über Patsy wandern. Sie hatte beinahe das Gefühl, dass Fäden kalten Sabbers herabtropften und sich mit dem Mehl auf ihrer Schürze zu einem Teig vermengten.
    «Willst du mir vielleicht den Appetit verderben, Patsy? Sind nich genug Schnitzel für alle da? Den Namen dieser schamlosen Ehebrecherin in den Mund zu nehmen, dieses geschminkten Flittchens, und das noch vorm Essen! Am besten sprichst
du
heute das Tischgebet, dann verschwindet wenigstens der Abschaum, den Jezabels Name in deinem Mund hinterlassen hat.»
    «Mein Mund is picobello sauber, besten Dank, Bud.» Sie sperrte ihn auf und behielt ihn eine Weile offen, direkt vor seiner Nase, um zu sehen, ob der Blick in ihren rosigen Schlund seinen Tic auslösen würde. Es funktionierte. «Ich will doch bloß wissen, mit wem das Flittchen alles rumgehurt hat.»
    Buddy trat zurück. Etwas an der Art, wie sie «rumgehurt» sagte, brachte ihn aus der Fassung. «Also wirklich, Patsy.»
    «Na, wer war’s, Buddy?»
    Als er jetzt sprach, hatte er seine Predigerstimme wiedergefunden, seine Saxophonstimme, seine flammende Stimme, obgleich das von Patsy ausgelöste Zucken im Mundwinkel dafür sorgte, dass er die eine oder andere Pause übersah und dass die höheren Register verschwommen klangen. «Es steht geschrieben im Buch der Offenbarungen, Kapitel zwei, Vers elf, dass Gott der Allmächtige seiner Gemeinde in Thyatira eine Botschaft sandte –»
    «Wo?»
    «Thyatira.»
    «Wo liegt das?»
    «Spielt keine Rolle. Es existiert nich mehr. Gott sagte zu ihnen: ‹Aber ich habe wider dich, dass du lassest das Weib Jezabel, die da spricht, sie sei eine Prophetin, lehren und verführen meine Knechte, Hurerei zu treiben und Götzenopfer zu essen.›»
    «Also hat sie nich selbst Hurerei getrieben. Sie hat versucht, andere Leute dazu zu bringen.»
    «Patsy, du merkst offenbar nich, worum es geht. Jezabel war eine Prophetin Baals, ’ne heidnische Fanatikerin, ’ne schmutzige Götzendienerin, die die Israeliten von Jehova weggelockt hat. Siebenundzwanzig Jahre lang hat diese Frau ihre Macht als Königin missbraucht, um Jehova zu stürzen und ihn durch die Götzen ihres Heimatlandes zu ersetzen.»
    «Und was hat der König inzwischen getan?»
    «Ahab stand unterm Pantoffel. Is doch immer dasselbe Lied, ’ne hinterlistige Frau bringt ’nen schwachen Mann dazu, Verbrechen zu begehen, auf die er von selbst nie gekommen war.»
    «Aha.»
    «Sie wollte die Israeliten zu Anhängern Baals machen. Ich rede hier vom Goldenen Kalb, Patsy. Weißt du, was ich meine? Ich mein’ diese komischen Schreine in den Wäldern. Ich mein’ Unzucht, Orgien, Menschenopfer. Kleine Kinder, die zu Hunderten einem dummen, stinkenden Milchvieh geopfert wurden. Babys, die im Mondschein auf ’nen schmierigen Altar gelegt und zerstückelt –»
    «Igitt, Bud!» Patsy musterte die fetten Schweineschnitzel, als müsste sie sich jeden Augenblick übergeben. «Ich hab keine Lust, mir Geschichten von toten Babys anzuhören.»
    «Oh, mach dich auf ’ne

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