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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Stecken durch das Gitter des auf Straßenhöhe befindlichen Kellerfensters, warf sich ihm auf Höhe des rechten Knöchels in den Weg und brachte ihn zu Fall, sodass er voll auf die Fresse flog. Seine Pusteln schlitterten über das nasse Pflaster, ein Zahn bohrte sich in seine Unterlippe. Er rutschte direkt auf Ellen Cherry, doch sie schaffte es, sich aufzurappeln und ihre ruinierten Schuhe abzustreifen, bevor sie sich im Schutz des Regens eiligst in Sicherheit brachte.
    Die Objekte zogen sich vom Gitter zurück, während der Priester – benommen, nass bis auf die Knochen und blutend – die Fifth Avenue hinab in Richtung seines Büros taumelte. Alle paar Schritte blieb er stehen, wandte sich um und starrte verwirrt in ihre Richtung. Dann sah Painted Stick schuldbewusst zu den anderen, als wollte er sagen: «Mögen die Sterne mir verzeihen. Ich habe mich schon wieder vergessen.»
    I & I

Mein Herz ist eine lateinamerikanische Imbissbude
    Und deine Liebe ein Gesundheitsinspektor aus Zürich
    Pepe, der gerade seine Schicht im Ansonia angetreten hatte, schob die vor kurzem erschienene Kassette von Raoul Ritz ein und drehte den Recorder voll auf. Er hatte vorgehabt, sie Ellen Cherry vorzuspielen, und er hatte sie außerdem endlich nach dem Löffel fragen wollen, der Raoul damals im April k.o. geschlagen hatte – war es wirklich ihrer gewesen? Und wie hatte er ausgerechnet Raoul erwischen können? Immer wieder hatte er vergessen, sie das zu fragen – doch als sie jetzt auf Strümpfen, mit tropfnassen Kleidern, aufgeschlagenen Knien und wildgewordener Lockenpracht durch die Tür kam, herrschte plötzlich Ebbe in Pepes Kopf.
    «Miz Charles, um Himmels willen, Mann! Was is passiert, Mann?»
    «Harten Tag im Büro gehabt, Pepe.» Sie lächelte ihm zähneklappernd zu und patschte, Rinnsale von Regenwasser auf den Kacheln hinterlassend, zum Aufzug.
    Oben ließ sie sich ein heißes Bad ein, stieg in die Wanne und heulte sich kurz aus. Vielleicht hätte sie länger geweint, hätte sie nicht gewusst, dass in ein bis zwei Stunden Spike kommen und sie trösten würde. Spike Cohen konnte sie wunderbar trösten. Spike Cohen war überhaupt ein wunderbarer Mann. Kein Tattergreis, der den Kopf verlor, sie mit glasigen Augen anflehte, ihn zu heiraten, eifersüchtig auf jeden jüngeren Mann war, der ihr über den Weg lief, oder sie mit teuren Geschenken überschüttete. Etwa einmal die Woche brachte er ihr ein Paar neue Schuhe mit, aber ihre Schuhe schienen dieser Tage ohnehin ein kurzes Leben zu haben, und außerdem bekam Spike Rabatt. Er war nicht unbedingt ein Tarzan im Bett, aber auch keine Cheetah. Seine mangelnden akrobatischen Fähigkeiten wurden durch Zärtlichkeit, Einfühlungsvermögen und Aufmerksamkeit wettgemacht. Nicht zu vergessen natürlich die Tatsache, dass er sie genau im richtigen Moment und genau in der richtigen Tonlage mit einem bestimmten Namen biblischen Ursprungs ansprach, der aus unerfindlichen Gründen ihre Klitoris zum Schwirren bringen konnte wie die Schraube eines Spielzeugmotorboots.
    Dank Salomes wachsender Beliebtheit lief das Isaac & Ishmael’s auf Hochtouren und zog viele auf einen Drink und so manchen auf ein kleines Mahl an, selbst an den Abenden, an denen das Mädchen nicht tanzte. Aber es wurde erst gegen acht, halb neun richtig voll, daher erwartete Ellen Cherry heute, an ihrem freien Tag, Spike gegen sechs in ihrem Apartment, wo sie ein paar ungestörte Stunden miteinander verbringen konnten. Und tatsächlich klopfte er um zehn vor sechs mit den Absätzen neuer Maud-Frizon-Schuhe an ihre Tür. Doch als sie ihm öffnete, sah sie sofort, dass es diesmal an ihr sein würde, Trost und Erleichterung zu spenden.
     
    «Welch ein Schmerz, was mich plagt! Sex muss fallen heute aus!»
    Spikes smaragdgrüne Augen waren stumpfer, trauriger als sonst, und sein Gang ähnelte dem eines Mannes, der dabei ist, einen Kühlschrank zu verrücken. Er erklärte, er habe die ganze Woche über stoßweise auftretende Schmerzen und Krämpfe im Unterleib gehabt, und jetzt seien sie gewandert, in die – er benutzte das jiddische Wort für Hoden, aber Ellen Cherry verstand, was er meinte. Sie war zerknirscht. «Vielleicht haben wir es zu oft gemacht», sagte sie. «Oder zu heftig.» Da sie noch nie einen älteren Liebhaber gehabt hatte, war sie sich über deren Belastbarkeit nicht ganz im Klaren. Sie wollte es nicht übertreiben.
    «Nein, nein», protestierte Spike. «Beim Tennis ich habe bestimmt schon was

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