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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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da sie sexuell übertragen wurde. Kinder wuchsen mit der Assoziation «Liebe gleich Tod» auf.
    Trotzdem hatte weder Aids noch Ellens Pussy Spike Cohen niedergestreckt. Während Ellen Cherry voller Panik in die Lobby stürzte, um einen Krankenwagen zu rufen, kam Spike wieder zu Bewusstsein und taumelte ins Badezimmer, wo er einen Nierenstein ausschied, so groß wie das Ritz.
     
    Ein paar Tage darauf kamen die Schmerzen wieder. Ein zweites Konkrement, ein Kalzium-Oxalatstein, um genau zu sein, hatte sich in seinem Harnleiter verklemmt und ging wie ein Piratensender sporadisch mit seiner Erkennungsmelodie und einem Musikprogramm auf Sendung, das sich anhörte, als sei es von nationalsozialistischen Biologen und Prälaten der Inquisition zusammengestellt. Spike wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, wo ein Techniker Sound mit Sound bekämpfte und dem jaulenden Stein mit den hochintensiven Schallwellen eines Litho-Tripsters zu Leibe rückte. Als das Bombardement geendet hatte und der Schallpegel nur noch leicht vibrierte, war das kristalline Konkrement jedoch keineswegs verschwunden, sondern hockte in der Röhre zwischen Niere und Blase wie ein Storch in einem Schornstein.
    Die medizinischen Oberbefehlshaber bliesen zur Invasion. Ein schlingenbewehrtes Drahtinstrument, das an einen Schneebesen erinnerte, wurde durch Spikes Penis und Blase beordert, mit der Mission, den Stein einzufangen. Doch als man es herauszog, war die Falle leer, und eine Röntgenaufnahme ergab, dass die üble Klette, die einen Umfang von guten sechs Millimetern aufwies, sich nicht von der Stelle gerührt hatte. Daraufhin wurde Spike auf eine großangelegte Operation vorbereitet. Alles ging glatt, bis ein Arzt mit zittriger Hand (wahrscheinlich die Folge eines Golf-Ellbogens) versehentlich den strohhalmdünnen Harnleiter durchtrennte, ein Schnitzer, der vom Operationsteam unbemerkt blieb (vermutlich weil es gerade in eine heftige Debatte über das Geschick der Giants und Jets verstrickt war).
    An diesem Abend bekam Spike Kopfschmerzen und leichtes Fieber. Die Schwestern fanden seinen Zustand keineswegs besorgniserregend, auch nicht, als er anhielt. Es vergingen beinahe drei Tage, bis ihnen klarwurde, dass Spike seit der Operation nicht ein einziges Mal uriniert hatte. Ein Stationsarzt vermutete, dass ein dritter Stein in der Verbindung zwischen Niere und Blase festsaß, doch auf den Röntgenbildern war nichts zu erkennen. Man nahm ihm Blut ab. Das Labor schlug ihnen eine Analyse um die Ohren, die sich gewaschen hatte. Danach hatte Spikes Blutkreislauf Ähnlichkeit mit der Gosse von Kalkutta. Die Nitratwerte waren bereits jenseits alles Messbaren. Kein Wunder, denn der Urin hatte sich, da er die Blase nicht erreichen konnte, mit einer Quote von 800 ccm pro Tag in die Bauchhöhle entleert. Mit anderen Worten, er hatte so viel Pisse im Bauch, dass er damit die Verbrennungskammern mehrerer heißer Öfen hätte füllen können.
    Mittlerweile war Spike schon ziemlich weggetreten, sein Gesicht und die Extremitäten schwollen an, der ganze Körper wurde von leichten Krämpfen geschüttelt. Die Ärzte schwirrten um ihn herum, als wäre er der erste Abschlag in einem frisch eingeweihten Country-Golfclub. Man schloss ihn an eine Dialysemaschine an und verpasste ihm eine Bluttransfusion. Auf dem Weg in den Operationssaal sah seine Bahre aus wie der erste Wagen einer Karawane von sterilisierten Zigeunern. Sie schnitten ihn zum zweiten Mal auf, saugten die Flüssigkeit ab und flickten den Harnleiter wieder zusammen. Ein paar Stunden lang hing sein Leben an einem seidenen Faden, aber er schaffte es.
    Das Erste, was er zu Ellen Cherry sagte, als sie ihn am nächsten Tag besuchen durfte, war: «Ojojoj! Ich hatte eine Kopfschuss, und ich hatte Nierensteine. Kopfschuss ist besser.»
     
    Obwohl Spike Cohen ziemlich robust war, hatte der dreifache Hammer von Nierensteinen, Urämie und zweitem Chirurgenstreich einen deutlichen Absacker in seiner Kondition zur Folge. Der elftägige Aufenthalt im Krankenhaus zog eine vierwöchige Erholungspause in seiner Wohnung auf der Upper West Side nach sich. Tagsüber sorgte Ellen Cherry für ihn, abends kamen sein Sohn und seine Schwiegertochter. Der Junge verbrachte Stunden damit, seinen Vater dazu zu überreden, dass er die Ärzte verklagte. «Mag sein, dass es ist eine schlechte Krankenhaus, aber es ist nicht die staatliche Lotterie von New York», sagte Spike. «Ich verdiene mein Geld auf altmodische Art.»
    Abu besuchte den

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