Salomes siebter Schleier (German Edition)
Beichte zu furzen anfangen, Bischöfe in kindische Geheimsprachen verfallen und junge Mütter für Geburtenkontrolle auf die Straße gehen. Es heißt sogar, dass er sich in kalten Winternächten ein bis zwei Klumpen Kohle auflädt und unheimliche Hank-Williams-Riffs auf der Orgel spielt. Oder gerade lange genug durch das Gitter schlüpft, um sich um den Knöchel einer matronenhaften Hausfrau zu schmiegen, bis sie anfangt zu quieken und alle Päckchen fallen lässt, die sie bei Sak’s eingekauft hat. «Hä-hä-hä», soll er dann angeblich in sich hineinglucksen, wenn er sich wieder in seine Höhle zurückzieht.
Kühlere Köpfe behaupten, dass er sich keineswegs in der Kirche aufhält, sondern an jenem Ort, den so viele einzelne Socken aufsuchen, nachdem sie vollkommen unerklärlicherweise aus Waschmaschinen in ganz Amerika verschwunden sind; dass er sozusagen eine andere Dimension betreten hat, ein paralleles Universum aus Baumwolle, Wolle und Polyester: den Planeten der verlorenen Socken. Auf alle Fälle sollte Dirty Sock, wie so viele Pilger vor ihm, das ferne Jerusalem nie erreichen. Es ist jedoch denkbar, dass Jerusalem eines Tages noch zu ihm kommt.
Was das betrifft, so erging es den anderen beweglichen Objekten um einiges besser als der Socke.
Buddy Winkler brachte Spoon und Painted Stick zu dem hübschen Apartment im Zentrum der Stadt, das die Third Temple Platoon für ihn gemietet (und das er in eine Art Schweinestall verwandelt) hatte. Dort untersuchte er sie noch eine Weile mit einer Mischung aus Neugier und Abscheu, bevor er sie in seinen Schrank sperrte und die Tür mit einem Gebet versiegelte: «Lieber Gott, wenn diese Gegenstände vom Teufel besessen sind, so bewahre deinen ergebenen und untertänigen Diener vor ihrem bösen Einfluss.»
Kaum hatte Buddy die Jalousietür zugeworfen, als eine vollkommen hysterische Spoon die breiten Öffnungen zwischen den Lamellen bemerkte und Painted Stick zum Angriff drängte. «Schlagen Sie ihm die Birne ein», sagte Spoon, «und dann verduften wir!» Überrascht von ihrem Selbstbewusstsein und zugleich abgestoßen von der Vorstellung, belebten Wesen die Birne einzuschlagen, riet ihr der Stock, cool zu bleiben und abzuwarten, was die Zukunft brachte.
Im Verlauf der Nacht fand Spoon tatsächlich ein wenig zu ihrem früheren Gleichgewicht zurück, doch am nächsten Morgen, als sie hörte, wie sich der Prediger regte, erneuerte sie ihren Vorschlag, zuzuschlagen und sich aus dem Staub zu machen. «Ruhe!», befahl der bemalte Stab. «Was kann denn schon passieren? Haben Sie nicht letzte Nacht gehört, was für vielversprechende Pläne unser Entführer hat?»
Die Pläne, auf die Painted Stick anspielte, waren bei einem mitternächtlichen Treffen zwischen Buddy Winkler und einem verstohlenen Besucher zur Sprache gekommen. «Tut mir leid, dass ich Sie herbitten musste, Rabbi», hatte Buddy gesagt, «aber das gottverdammte Telefon wird garantiert abgehört. Jedenfalls wollt ich Ihnen erzählen, dass mich heut so ein liberaler Undercoveragent angemacht hat. So ’n richtiger Schleimer, obwohl, ich glaub nich, dass er viel aus mir rausholen konnte. Auf alle Fälle isses ein Zeichen, ein Hinweis des Allmächtigen, dass wir uns mehr in Acht nehmen solln. Deshalb will ich alles, was uns belasten könnte, morgen oder übermorgen nach Jerusalem schicken. Das Zeug muss weg von hier. Mein Kumpel Boomer Petway kann es drüben für uns aufheben.»
«Haben Sie das nicht gehört?», fragte der Stock. «Dieser Mann wird irgendwelches ‹Zeug› nach Jerusalem schicken. Und Sie und ich werden mitreisen.»
«Liebe Güte!», schluckte Spoon. «Und was ist mit den anderen?»
«Im Moment können wir nichts für sie tun. Ihr Schicksal liegt in der Hand der Sterne. Zum Glück funkt es einigermaßen zwischen Conch Shell und den Sternen.»
Es dauerte mehrere Stunden, bis es Conch Shell und Can o’ Beans gelungen war, die Kirche zu verlassen. Kurz nachdem die Wasserschläuche hereingeschleift worden waren, schlüpften sie aus ihrem Versteck hinter der Tür und begannen den mühsamen, furchteinflößenden Aufstieg die Treppe hinauf. Kurz vor dem Zwischengeschoss eilten zwei Feuerwehrmänner an ihnen vorbei, ohne sie zu bemerken. Im Zwischengeschoss versteckten sie sich eine halbe Stunde in einem Weihrauchgefäß. «Wieder einmal danke ich meinem Schöpfer, dass ich kein Mensch bin», sagte die Bohnendose. «Hätten wir Nasen, würden wir an diesem Zeug ersticken. Andererseits,
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