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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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dem Rauch löste, ein großer, hagerer Mann, der zwar einen Fünfzehnhundert-Dollar-Anzug trug, aber trotzdem so billig wie Kaugummi aussah. Auf den Schock des Erkennens folgte der noch größere Schock des Ergriffenwerdens. Noch bevor Spoon «Heilige Muttergottes» oder «Weißes Schokoladenmousse» murmeln konnte, hatte die rechte Hand des Mannes sie schon am Wickel. Ebenso plötzlich packte er mit der linken Painted Stick. Einen Augenblick beugte er sich zum Pflaster herab, um Dirty Sock zu inspizieren, doch dann wandte er sich mit einem Ausdruck des Widerwillens ab. Den schmutzigen Fußwärmer missachtend, ging er davon, in der einen Hand das Löffelchen, in der anderen den Stab. Und beide unterzog er einer aufmerksamen Inspektion.
     
    Buddy Winkler hatte an jenem frühen Abend die Zeit vergessen und sich länger als sonst in der Nähe der Kathedrale herumgetrieben. Er sprach gerade mit einem vermeintlichen Jünger, einem gut gekleideten Fremden, der durchblicken ließ, dass er jeden Plan, der das Armageddon beschleunigen mochte, finanziell unterstützen werde. «Gehn wir zwei beiden doch noch irgendwohin und unterhalten uns weiter», sagte Buddy, und tatsächlich waren sie mitten im Gespräch, als sie den Rauch aus einem der vergitterten Kellerfenster der Kathedrale quellen sahen. Und dann konnte der Prediger nur noch staunen über das Tempo und die Geistesgegenwart, mit der der Fremde über eine Notrufsäule der Polizei die Feuerwehr rief.
    Als der erste Polizeiwagen eintraf, wandte sich der Fahrer an Bud, um ihm ein paar Fragen zu dem Feuer zu stellen.
    «Nein, nein. Das ist Reverend Buddy Winkler», fuhr der Fremde dazwischen.
    «Und wer zum Teufel sind Sie?»
    Daraufhin zog der Fremde seine Brieftasche und zeigte irgendeinen Ausweis, der verdächtig mehr Ähnlichkeit mit einer Hundemarke als mit einer Visa-Gold-Karte aufwies. Der Bulle nickte und begann die Gegend abzusperren. «Schätze, ich sollte mich aus dem Staub machen und euch nich bei der Arbeit störn», sagte Buddy. «Vielleicht können wir beiden mal bei ’ner ruhigeren Gelegenheit weiterplaudern.» Er nickte in Richtung der rauchenden Kathedrale. «Wolln hoffen, dass die Fischfresser nich ihr bestes Stück verliern.»
    Damit drehte sich Buddy um und ging auf die Absperrung zu. Fluchend stießen Feuerwehrmänner gegen ihn, als sie die Stufen der Kathedrale hinaufliefen. Einen Moment lang verschwand er vollkommen in den Rauchschwaden. «Jede Wette, dass die Arschficker vergessen haben, die Flamme unter der Fischsuppe auszudrehen», murmelte er bei sich. «Wobei … könnt auch sein, dass sie grad dabei waren, ihre Vaseline aufzuwärmen.» Er kniff im beißenden Rauch die Augen zusammen, und erst als er vorsichtig wieder blinzelte, fielen ihm die Objekte auf dem Gehsteig auf.
    Sie einzukassieren, jedenfalls zwei von ihnen, war reine Intuition gewesen, obgleich ihm schnell aufging, dass der Löffel identisch mit dem war, den seine liederliche Nichte gemalt hatte, und dass der teuflische Stock derselbe war, der ihn ein paar Wochen zuvor so jämmerlich hatte auf die Fresse fallen lassen. Es war ihm schon eine ganze Weile mulmig gewesen beim Anblick des Gitters in der Kathedrale, als triebe etwas Übernatürliches und Gottloses sein Unwesen dahinter. Etwas, das vielleicht dazu bestimmt war, ihn persönlich zu piesacken. Es war etwas, das er nicht aussprechen konnte. Über das er nicht einmal nachdenken wollte, höchstens ganz flüchtig. Merkwürdigerweise schob er die Schuld nicht den Katholiken in die Schuhe. Intuitiv hatte er den Verdacht, dass, egal, was es war, der verdammte Holzkopf dahintersteckte, der da stocksteif vor der Kathedrale gestanden und leichtgläubige Pseudointellektuelle wie Ellen Cherry Charles zum Narren gehalten hatte, indem er ihnen weismachte, dass er sich um sich selbst drehte. Na schön, diesmal würde er ihnen die Suppe versalzen! Er würde ihnen einfach ihr gottverdammtes Spielzeug wegnehmen. Bis auf die Socke wohlgemerkt. Sollte sich doch der Teufel das stinkende Ding um den Huf wickeln!
     
    Dirty Sock machte sich so klein er konnte und zwängte sich in eine Mauerritze. Gen Morgen rutschte er, schachmatt und mutterseelenallein, durch das Gitter zurück in den rußgeschwärzten Keller von St. Patrick’s. Manche sagen, dass er heute noch da ist. Dass er in der Kathedrale herumspukt wie ein abscheuliches protestantisches Gespenst, bei dessen Anblick die Messdiener den Wein verschütten, würdevolle Herren mitten in der

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