Salomes siebter Schleier (German Edition)
Allein die Vorstellung macht mich fickrig. Ich kann kaum noch schlafen bei dem Gedanken.»
«Er ’at rescht. In die Kino, die Frauen machen Liebe und sehen aus, wie sagen Sie noch – verzückend. Sie sehen aus verzückend und dankbar. Eine Fehler. Wie erregend, wenn sie sehen aus gelangweilt und verängstigt. Dann die Männer springen auf und stürmen die Leinwand. Unwiderstehlich!»
«Sie ist jung, das ist alles.»
«Genau, Herrschaften! Sie kommt euch gelangweilt und verängstigt vor, weil sie jung genug ist, um eure Tochter zu sein.»
«Wenn sie meine Tochter wär, säß ich im Knast.»
«Verrückt. Aber ich auch.»
Eine Welle unbehaglichen Gelächters breitete sich aus. Ein Kellner erschien mit einem Tablett voller Falafel, das einzige Gericht auf der Speisekarte, das nicht schmeckte, als sei es just vom Docht von Aladins Wunderlampe gekratzt worden.
«Auf alle Fälle ist es weder ihr Gesicht noch der Ausdruck. Es ist ihr Körper, die Art, wie sie sich bewegt.»
«Oui! Ja. Diese kleine Titten, wie sie kreisen! Damit sie könnte schlagen Eiweiß pour Soufflé.»
«Ich habe Hunderte von Bauchtänzerinnen gesehen. Hunderte. Meine Cousine beherrschte diesen Tanz besser als jede andere Frau in Istanbul. Aber Salome …»
«Sie ist die Beste. Ihre Bewegungen sind weicher und sanfter, aber gleichzeitig auch stark. Ihr Tanz ist …»
«Mist!»
Der Mann, der gesprochen hatte, war Detective Shaftoe. Sein Kopf steckte in einem Bierkrug, und es war sein erstes Wort, seit er gekommen war. Alle starrten ihn ungläubig an.
«Pardon?»
«Mist?»
«Mist! Die Tänze, die sie hier tanzt, sind keinen Pfifferling wert, Kinderkram. In mehr als einer Hinsicht.»
«Was wollen Sie damit sagen?» Die Meinung des muskulösen schwarzen Mannes zählte etwas im I & I. Immerhin hatte er früher Football gespielt. Und häufig schien er Dinge über Salome zu wissen, die sonst niemand wusste.
«Ich meine, wenn ihr das, was sie hier macht, für so gottverdammt heiß haltet, solltet ihr sie mal den Tanz der sieben Schleier tanzen sehen.»
Auf Befragen gab Shaftoe zu, dass er diesen «Tanz der sieben Schleier» selbst nie gesehen hatte. Er hatte nur Berichte gehört. Aber seine ungenannten Quellen versicherten, falls Salome ihn je tanzte, was kaum zu erwarten war, würden ihre bisherigen Tänze dagegen prüde, farblos und unansehnlich erscheinen.
An der Bar wurde es still, und so blieb es fast während der gesamten montagabendlichen Footballübertragung.
Das Gerücht verbreitete sich wie eine Hautkrankheit in einer Nudistenkolonie. Kaum ein Stammgast, ob alt oder neu, betrat das I & I, ohne Spike zu fragen: «Wann tanzt sie den Tanz der sieben Schleier?» Mitten in Salomes Auftritten oder zwischen den einzelnen Nummern riefen die Gäste ihr «Tanz der sieben Schleier!» zu, als forderten sie von einem berühmten Rockstar einen bestimmten Song. Bei den ersten paar Malen wirkte sie so verwirrt, als habe jemand eine Pistole gezogen, doch später, als sie sich an die Zwischenrufe gewöhnt hatte, spielten die Waschbärkrallen eines dunklen kleinen Lächelns mit dem Fleisch ihrer Oberlippe, und ganz leicht und rasch schüttelte sie den Kopf.
Ein ablehnendes Kopfschütteln, das war alles, was auch Abu und Spike von Salome bekamen. Also wandten sie sich an den Bandleader, der sich benahm, als schränkten die Zahnlücken auch sein Hörvermögen ein. «Eines Tages, vielleicht», sagte er ein wenig versonnen und blickte ins Leere, «eines Tages, wenn die Aprikosen blühen …»
Abu kannte sich mit arabischen Wendungen gut genug aus, um zu wissen, dass diese kleine Metapher so viel bedeutete wie «am St.-Nimmerleins-Tag». Er packte den alten Mann am Schlafittchen seines glänzenden dunkelblauen Anzugs. «Sag ihr, wenn sie den Tanz der sieben Schleier tanzt, verdoppele ich ihr Gehalt.»
Der Bandleader tippte sich auf die Brust. «Mir auch?», fragte er.
«Wenn die Aprikosen blühen», antwortete Abu wie aus der Pistole geschossen. «Du bist doch sowieso überbezahlt.»
Der Orchesterleiter ging davon und ließ Abu schmoren wie einen Topf
turshi
. Abu beriet sich mit Spike. Die beiden waren ebenso neugierig auf den legendären Tanz wie alle anderen. In der folgenden Woche unterbreitete Abu ein neues Angebot. «Wenn Salome den Tanz der sieben Schleier nur ein einziges Mal tanzt, bezahlen wir ihr das Dreifache und dir das Doppelte, für diesen Abend, aber nur für diesen einen Abend.»
Der Bandleader stellte seinen Gaumen zur
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