Salomes siebter Schleier (German Edition)
Painted Stick und Conch Shell sich in die Büsche schlugen, auf der Suche nach einer größeren Lichtung, um Verbindung zu den Sternen aufzunehmen.
Etwa ein Stündchen später schreckte ein markerschütternder Schrei die Bohnendose aus dem Schlummer.
«Hilfe! Helft mir! Verdammt! Helft mir!»
Can o’ Beans brauchte einen Augenblick, bis er Dirty Socks Stimme erkannte – und einen weiteren Augenblick, bis er die Silhouette des Monsters sah.
Im Schein des untergehenden Mondes ragte sie riesig und stachelig vor ihm auf, wie eine Punkfrisur, die mutiert und gestärkt aus einer Atomkatastrophe hervorgegangen ist.
«Hilfe! Haltet mir doch dieses Mistvieh vom Leib!»
«Liebe Güte! Was ist los?», fragte Spoon.
«Ein Stachelschwein. Es hat Mr. Sock beim Wickel.»
So war es. Das dreißig Pfund schwere Nagetier hatte die Socke im Maul und kaute gierig das Salz aus dem Gewebe, das Salz von Boomer Petways Stinkfüßen.
«Lass mich los, du Miststück! Hilfe!»
«Oh, Can o’ Beans, unternehmen Sie etwas! So unternehmen Sie doch etwas!»
Mit der ganzen ungelenken Wucht ihrer frischgewonnenen Beweglichkeit warf sich die Bohnendose gegen das linke Vorderbein des Stachelschweins. Verdutzt schwankte das Tier und hörte einen Augenblick auf zu kauen. Um ein Haar hätte es die Socke fallen gelassen. Doch dann, als es nach Art der Nagetiere die Bedrohung analysiert und festgestellt hatte, dass sein Gegner erheblich kleiner war, machte es einen Schritt zur Seite und zog Can o’ Beans kräftig eins mit dem Schwanz über.
Das Stachelschwein war überrascht von der sogar ein wenig schmerzlichen Erkenntnis, dass es mit seinen Stacheln gegen den metallenen Behälter nichts ausrichten konnte. Doch war der Schlag heftig genug gewesen, um Can o’ Beans holterdiepolter in die Finsternis purzeln zu lassen, worauf der Eindringling nun behäbig weitermampfte.
«Hilfe! Geben Sie’s ihm! Na los, machen Sie schon!»
Mittlerweile wieder aufrecht stehend, sein/ihr Van Camp’s Etikett von den Stacheln zerkratzt und halb abgerissen, fand Can o’ Beans es ziemlich unsinnig, noch einmal anzugreifen. Aber dann hatte er/sie eine Idee. «Beeilen Sie sich, Miss Spoon. Kommen Sie her. Lehnen Sie sich gegen den Baumstamm hier!»
«Liebe Güte!»
Es war eigentlich kein Baumstamm, nur ein von einer Tanne herabgestürzter Ast, aber Spoon lehnte sich wie befohlen dagegen. «Ich werde versuchen, Ihnen nicht weh zu tun», sagte Can o’ Beans und rollte vorsichtig einen Kiesel in ihre Höhlung. Dann kletterte er/sie auf den Ast, suchte festen Halt, fasste sein/ihr Ziel ins Auge und sprang.
Zing!
Volltreffer! Unglücklicherweise war die Höhlung des Löffels für kein größeres Kaliber als kandierte Erdbeeren gedacht (von der Art, wie sie der zahnlose alte Bischof so gern gemümmelt hatte), darum richtete der Kiesel nicht viel mehr Schaden an als eine Pferdefliege. Nachdem aber drei oder vier weitere Geschosse an seinen Stacheln abgeprallt waren, fühlte sich das Stachelschwein belästigt und trabte zum Entsetzen der wackeren Kanoniere in den Wald, indes die Socke von seinem Maul herabhing wie … wie der verrutschte Schleier einer kopulierenden Haremsdame.
«Ich folge ihnen!», rief Can o’ Beans. «Rufen Sie Mr. Stick!»
Das erwies sich als unnötig. Als sie des Lärms gewahr wurden, hatten Painted Stick und Conch Shell ihre himmlischen Angelegenheiten vorzeitig unterbrochen und waren so schnell sie konnten zu ihren Gefährten zurückgeeilt. «Was ist denn hier los?», fragte die Muschel.
Mit dünnem, immer wieder von hysterischen Schluchzern ersticktem Stimmchen gab Spoon einen weitgehend unzusammenhängenden Bericht der schrecklichen Geschehnisse, doch am Ende hatte Painted Stick begriffen, was Sache war, und machte sich auf den Weg. Spoon und Conch Shell folgten.
Mittlerweile war das Stachelschwein am Bachufer angelangt. Es stand da und kaute geistesabwesend, so selig berauscht von dem salzigen Leckerchen, das ihm da zwischen die Hauer geraten war, dass ihm gar kein Gedanke an Angriff oder Flucht kam. Can o’ Beans holte das Tier ein, hatte aber keinen blassen Schimmer, was nun.
Radschlagend wie ein chinesischer Akrobat, schnellte Painted Stick wutschnaubend den Waldweg entlang. Er raste direkt auf das Stachelschwein zu und versetzte ihm –
zack! –
einen gezielten Schlag auf die Schnauze. Das Tier quiekte vor Schmerz, ließ die Socke fallen und rotierte benommen zweimal um die eigene Achse, bevor es den Stamm der
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