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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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Kellnerinnen, die heulten, sich betranken und dann noch mehr heulten – brachte den Mut auf, oder was immer es erforderte, das Ding zu schmücken. Schmuck stand ihm einfach nicht. «Wie wär’s mit Preiselbeersauce?», schlug eine Kellnerin vor. «Da bräuchten wir mindestens hundert Pfund», gab eine andere zu bedenken. «Wo tun wir sie hin?», fragte die dritte. «Wo kriegen wir sie her?», fragte die vierte. Die fünfte, die schon jetzt in Tränen schwamm, fragte: «Was hat Preiselbeersauce damit zu tun, dass man einen Mann hat, der einen in alle Ewigkeit liebt?» Am Ende hatten sie den Truthahn nicht angerührt. Vielleicht war er ein Statement für sich, ein Satz, an den sich keine weitere logische Wendung oder Floskel anhängen ließ. Vielleicht war er einfach zu ausgeflippt.
    Mittlerweile glaubte Can o’ Beans, dass er/sie ganz zufrieden wäre, in einer Hochzeitsprozession zu enden. Wenn er/sie es mit Hilfe von Mr. Stick bis zu einer Kirche schaffte, einer kleinen Kapelle am Wegesrand, nun, dann könnte er/sie sich einfach irgendwo auf den Vorplatz legen, aller Sauce ledig, und früher oder später käme schon eine Brautjungfer oder ein jüngerer Bruder vorbei und würde ihn/sie an die Stoßstange eines Hochzeitswagens binden, und er/sie würde unter lautem Gehupe, Geschepper und Gejohle – JUST MARRIED , JUST MARRIED  – seine/ihre Karriere beenden, wenn schon nicht im blendenden Glanz der himmlischen Herrlichkeit, so doch wenigstens als Teilnehmer an einem traditionellen Ritus voll lärmender Fröhlichkeit. Wie viel angenehmer wäre das, als hier auf diesem Steinhaufen zurückzubleiben, um den Stachelschweinen als Fressnapf dienen und sich von hochfliegenden Bussarden bepinkeln lassen zu müssen.
    Doch halt. Warum sich derart morbiden Phantasien hingeben? Es war noch ein paar Stunden hin bis zum Sonnenuntergang. Mit thermonuklearer Nonchalance verwandelte die Sonne noch immer munter Wasserstoff in Helium, 4200000  Tonnen pro Sekunde, und im Inneren der solarerhitzten Dose schwelgten die Bohnen in genetischen Erinnerungen an die Photosynthese, die sie erschaffen hatte. Außerdem hatte Conch Shell den Faden ihrer Erzählung wiederaufgenommen. Can o’ Beans schüttelte das Gefühl drohenden Unheils ab und lauschte aufmerksam.
    I & I

Boomer hätte den Champagner direkt aus der Flasche geschlürft, aber das hätte Ellen Cherrys Anstandsgefühl verletzt. Sie stammte aus dem Süden und hatte Manieren. Sie hatte vielleicht kein Höschen an, aber sie hatte Manieren.
    Ellen Cherry ging nach hinten in die Bordküche und holte zwei Gläser. Es waren Wassergläser, aber immerhin Gläser. «Liebling», sagte sie. «Ich habe meinen Löffel verloren.»
    «Sag bloß, du wolltest den Champagner löffeln.»
    «Er ist zwar gut, aber so gut nun auch wieder nicht.»
    «Dann wolltest du dein Popcorn mit dem Löffel essen? Eine Yankee-Sitte, die du dir in Seattle angewöhnt hast?»
    «Ach, halt den Mund, Boomer», sagte sie. Der Film hatte begonnen, und ein paar Typen in Affenkostümen hüpften um das überdimensionale Denkmal eines Schokoladenriegels herum. Einen Augenblick hielt Ellen Cherry das für eine etwas ausgeflipptere Version der Snack-Bar-Werbung.
    «Was soll das heißen, du hast deinen Löffel verloren? Hattest du etwa bloß
einen

    «Vergiss es.» Die Affenmenschen auf der Leinwand beteten den großen Gott Hershey an. Irgendein primitiver Schokoladenkult. «Ich besitze – wir besitzen – einen ganzen gottverdammten Satz von rostfreiem Edelstahlbesteck. Aber ich hatte einen speziellen kleinen Löffel. Es war ein silberner Dessertlöffel. Ich habe ihn auf einem katholischen Wohltätigkeitsbasar gekauft.»
    «Er muss dir ja mächtig was bedeutet haben», sagte Boomer. Er hatte den Mund voller Popcorn. «Und jetzt isser weg.»
    «Du machst dich über mich lustig, wie? Echt nett von dir.» Sie füllte ihre Gläser. «Während der ersten drei Jahre in Seattle war es der einzige Löffel, den ich besaß. Ich hatte Stäbchen und einen Löffel. Ich glaube, ich habe ihn neulich in der Höhle vergessen.»
    «Willst du zurückfahren und ihn holen?»
    «Na klar.»
    Boomer starrte sie an. «Ernsthaft?»
    «Nein. Du lieber Himmel, nein. Sei nicht albern.»
    «Ich würd’s machen.»
    «Vergiss es, Boomer.»
    «Ich würd zurückfahren und dir deinen Löffel holen. Es sind Hunderte von Meilen, aber ich würd’s tun.»
    «Ich weiß, dass du’s tun würdest. Vergiss es. Lass uns anstoßen. Es war nur ein dummer

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