Salomes siebter Schleier (German Edition)
war ihr Argument, ihre große Hoffnung.
«Haben Sie schon mal gehört von kosmische Liebe?», fragte Spike Cohen, der jüdische Partner, der «Isaac» im Isaac & Ishmael’s. «Also, zwischen Juden und Arabern es gibt nu schon so was wie kosmische Hass. So viel Hassenswertes, dass der Hass hat durchdrungen den Staub, der Hass hat sich erhoben zu die Sterne, was da sind im Himmel. Ist keine leichte Sache, abzubauen diese Hass, aber leichte Sachen ich habe nu genug hinter mir. Für die Menschheit, für uns und unsere Enkel, mein Kumpel Abu und ich haben uns vorgenommen dies höchst schwierige Projekt.»
«Mein Vater pflegte zu sagen: ‹In Allahs Garten wachsen alle möglichen Sorten Rettich›», warf Roland Abu Hadee (natürlich der «Ishmael» im I & I) ein. «Obgleich ich persönlich die Sicht meines Vaters, was Allah angeht, keineswegs teile, hat mir dieser Spruch immer sehr imponiert. Ich wollte sogar unser Restaurant ‹Zu den zwei Rettichen› nennen, doch mein Freund Spike hielt nicht viel davon. Isaac & Ishmael’s war unser erster Kompromiss. Eine kluge Entscheidung, finden Sie nicht? Verstehen Sie nun, was alles möglich ist?»
In der Tat. Andererseits, wären acht verschiedene Organisationen daran interessiert gewesen, einen Brandanschlag auf ein Restaurant mit dem Namen «Zu den zwei Rettichen» zu unternehmen?
Zwei Sorten Rettich eröffneten gemeinsam ein Restaurant gegenüber den Vereinten Nationen. Es sollte bei zwei verschiedenen Gelegenheiten und aus zwei völlig verschiedenen Gründen (von denen keiner etwas mit dem Essen zu tun hatte) das berühmteste Restaurant von New York City werden. Es hieß Isaac & Ishmael’s.
Warum Isaac & Ishmael’s statt Spike & Abu’s oder Cohen & Hadee’s? Mythologie. Die purpurrote Wolke des Mythos, durch deren Schwaden Ereignisse und Mächte, zu groß, zu komplex für eine einfache Erklärung, dem menschlichen Blick sichtbar werden.
Während Brahma, der große Vatergott Indiens, mit den Gewürzkarawanen nach Westen zog, verwandelte sich sein Name in Abram. Im Lauf der Jahrhunderte bekam er Haut und Zähne und buschige Augenbrauen und wurde bekannt als Abraham. Obgleich um einiges handfester, behielt die semitische Version Brahmas ihren Status als Patriarch bei.
Bevor Abraham von Mesopotamien, dem Geburtsort unserer Spezies, auf der Suche nach dem Polarstern (der fast unmerklich seinen ursprünglichen – manche hatten schon geglaubt, unveränderlichen – Platz am nördlichen Himmel verlassen hatte) nach Kanaan wanderte, heiratete er seine Halbschwester Sarai (Sarah). Bis die Städte Sodom und Gomorrha den Inzest auf eine derart orgiastische Spitze trieben, dass ihnen die Bundesmittel gestrichen wurden, war dergleichen in nahöstlichen Mythen eine allgemein akzeptierte Praxis, wenn nicht sogar alltägliche Realität. Als ein Jahr oder mehr vergangen war und Sarai noch immer nicht empfangen hatte, präsentierte sie ihrem Mann eine höchst originelle freudige Überraschung in Gestalt ihrer jungen Dienerin Hagar. Abraham nahm Hagar mit in sein Zelt und machte sich sofort daran, sie zu schwängern. Den Sohn, den sie ihm gebar, nannten sie Ishmael.
Einige Zeit später, als er im Süden von Kanaan Brunnen aushob, schaffte es Abraham endlich, auch Sarai zu knacken. «Well Diggers Do It Deeper» stand auf dem Heckfenster seines Wagens. Sarais kleiner Sohn hieß Isaak.
Jetzt, da sie und Abraham ihren eigenen Sohn hatten, ließ Sarai ihrer unterdrückten Eifersucht freien Lauf und vertrieb Hagar und Ishmael aus dem Lager. Die Konkubine und ihr Knirps streiften durch die Wildnis und ließen sich schließlich in der Wüste nieder, unweit des heutigen Saudi-Arabiens. Als Ishmael alt genug war, verheiratete Hagar ihn mit einem ägyptischen Mädchen, und aus dieser Vereinigung, so die Legende, stammen alle Araber ab.
Nachdem Isaak um Haaresbreite dem Opfermesser entkommen war, heiratete er seine Cousine Rebekka, und ihre Nachkommen wurden Hebräer genannt, eine semitische Bezeichnung für «Wanderer».
So wurden die Grenzen gezogen. Isaac und Ishmael, mythische Halbbrüder, beide Nomaden, gezeugt von dem mythischen Protopatriarchen, brachten Juden und Araber hervor, die sich unter der sengenden Sonne des Nahen Ostens, auf immer aneinandergefesselt durch Blutsbande von Rivalität und Hass, gegenseitig verleumdeten, beleidigten und abschlachteten, Jahrhundert um Jahrhundert.
Und nun versuchten Isaac und Ishmael, Pseudonyme zweier ganz anderer Brüder, zu
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