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Salomes siebter Schleier (German Edition)

Salomes siebter Schleier (German Edition)

Titel: Salomes siebter Schleier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Robbins
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sich jedoch anders, als Boomer zu ihr ins Bett schlüpfte, ohne die Jeans auszuziehen.
    Gleichwohl optimistisch, kuschelte sie sich an ihn und fuhr mit den Fingern durch das Haar auf seiner Brust. Seine Haut verströmte solche Schwaden von abgestandenem Tabakqualm, dass selbst der Marlboro-Mann Erstickungsanfälle davon bekommen hätte, aber wenigstens, so tröstete sie sich, stank er nicht nach Ultima Sommervell. Ellen Cherry fing gerade an, seinen Hosenschlitz aufzuknöpfen, als er, an die Decke starrend, fragte: «Wie kommt eigentlich Kunst zustande?»
    «Wie meinst du das?»
    «Genau so, wie ich es gesagt hab. Wie macht man Kunst?»
    «Das müsstest du doch wissen. Hast du nicht diesen ‹bedeutenden› Truthahn geschaffen, den ein berühmtes Museum gekauft, aber noch nicht bezahlt hat?»
    «Du weißt genauso gut wie ich, dass ich nicht vorhatte, irgendwas Bedeutendes zu schaffen.»
    «Die wenigsten Künstler nehmen sich das vor, und wenn doch, geht es meist daneben. Hilf mir doch mal mit diesen Knöpfen, Schatz, ich schaff es nicht allein.»
    «Ich krieg das einfach nicht geregelt.»
    «Wirst du auch nicht, wenn du deine Hose weiter anbehältst.»
    «Wenn Künstler sich nicht vornehmen, ein bedeutendes Kunstwerk zu schaffen, was machen sie dann?»
    «Oh, Boomer.» Sie seufzte und ließ seinen Hosenschlitz Hosenschlitz sein. «Vielleicht nehmen sie sich vor, was Bedeutendes zu schaffen, in einem ziemlich allgemeinen Sinn, aber das ist nicht dasselbe, als wenn sie sich vornehmen würden, was Praktisches oder Nützliches zu schaffen, verstehst du? Zum einen ist es mehr ein Spiel als Arbeit. Zum anderen haben sie da gar keine große Wahl. Die Guten machen Kunst, weil sie sie machen
müssen
 – obwohl sie wahrscheinlich selbst erst schnallen, warum, wenn sie fertig sind.»
    «Aber woher wissen sie, was sie machen sollen?»
    «Sie haben eine Vision.»
    «Du meinst, es erscheint ihnen, wie im Traum?»
    «Nein, nein, so dramatisch ist es nur selten. Pass auf, eigentlich ist es ganz einfach. Wenn es eine Sache gibt, oder eine Szene vielleicht, ein Bild, das du unbedingt sehen willst, das du sehen musst, das aber in deiner Umwelt nicht existiert, jedenfalls nicht in der Form, wie du es dir vorstellst, dann schaffst du es, damit du es betrachten und um dich haben oder anderen Leuten zeigen kannst, die es sich nicht hätten vorstellen können, weil sie die Realität in einer beschränkteren, vorherbestimmten Art wahrnehmen. Das ist alles, was ein Künstler tut.»
    «Du malst Landschaften …»
    «Stimmt, aber Schatz, sie sehen nicht aus wie natürliche Landschaften, und hoffentlich nicht wie Landschaften, die irgendein anderer Maler gemalt hat. Wenn dem so wäre, hätte ich keinen Grund mehr, sie zu malen – außer vielleicht, um Geld zu verdienen oder um auf mich aufmerksam zu machen, und das sind niedrige Motive, die zu flacher Kunst führen. Nicht, dass Künstler nichts mit Geld anfangen könnten. Oder dass wir beiden nicht ein bisschen davon gebrauchen könnten. Was hat Ultima eigentlich dazu gesagt, dass der Scheck noch nicht eingetrudelt ist?»
    Boomer schwieg so lange, dass sie schon glaubte, er sei eingeschlafen, doch als sie im milchigen Morgenlicht sein Gesicht betrachtete, sah sie, dass seine Augen so groß waren wie Flipperkugeln. «Woran denkst du?», fragte sie.
    «Ach, ich überleg mir bloß, was ich gern mal ausprobieren würde, aber nicht sehen kann, weil Mutter Natur es so nicht auf Lager hat.»
    Ein eisiger Wind fuhr durch die Zweige des Pflaumenbäumchens. Woanders hätte man einen solchen Wind vielleicht herbeigesehnt, doch hier war irgendwas faul.
    «
Warum
, Boomer?»
    Als er ihr endlich gestand, dass Ultima weitere Exemplare seiner Kunst vermarkten wollte, saß halb Manhattan bereits beim Frühstück, und das Land litt unter akutem Pflaumenmangel.
     
    Der Sommeranfang und der Scheck für den Truthahn kamen am gleichen Tag, wenn auch in verschiedenen Kuverts. Der Scheck lenkte die Petways so ab, dass sie vorübergehend sogar das Schwitzen vergaßen.
    (An ebendiesem brütend heißen Freitag im Juni hockten die fünf Pilger, nachdem sie im Schneckentempo von 4 , 2  Meilen pro Nacht über die Rockys geholpert, gestolpert und gepoltert waren, eng aneinandergedrängt im Bau eines Präriehundes und suchten Schutz vor einer Reihe von Tornados, die sich am Horizont emporschraubten wie die Sprungfedern von Blaubarts Matratze. Als der ungeduldige Painted Stick seine Nase herausstreckte, um die Lage zu

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