Salomes siebter Schleier (German Edition)
Schmollen, jedes Zucken der Mundwinkel, jeder finstere Blick und jeder Seufzer wurde von den beiden Männern registriert, und als die letzten Gäste gegangen waren, riefen sie Ellen Cherry an ihren Tisch.
«Wissen Sie,
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, wie sich hat vorgestellt die neue Tellerwäscher? ‹Unterwassergeschirrspezialist›! Nu, wo hat man so was schon gehört! Abu hat nicht getraut seine Ohren. Er hat gar nicht geahnt, was er war für eine große Nummer in die Küche. Ha!»
Ellen Cherry entrang sich ein Gelächter, aber es kam so dünn heraus wie aus Milchpulver geschlagene Sahne. Sie setzten sie neben sich, schenkten ihr ein Glas kuwaitischen Wein ein und bestanden darauf zu erfahren, warum ihre Aura wie der Kragenrand eines Grubenarbeiters aussah. Sie erzählte ihnen alles.
Ohne viel Federlesen übernahm Spike Cohen die persönliche Verantwortung für ihren Schmerz. Er tätschelte ihr die Hand, tätschelte ihr die Schulter, langte unter den Tisch und tätschelte den Schuh, der von ihrem Fuß baumelte. «Nun, da Sie uns gesagt haben, warum Sie heute machen eine so sauertöpfische Gesicht, will ich Sie wieder bringen zum Lächeln,
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. Ist doch ganz einfach: Sie brauchen Freunde in der Kunstbranche, ich habe Freunde in der Kunstbranche. Okay? Großhandel, Einzelhandel! Ich werde sorgen für eine Galerie, was wird aufhängen Ihre hübsche Bildchen.»
Abu Hadee antwortete nicht ganz so rasch. Doch dann erklärte er: «Ich finde, Sie sehen das alles ganz falsch, meine Liebe. Sie könnten die Ausstellung Ihres Ihnen fremd gewordenen Mannes ruhig in einem etwas positiveren Licht sehen.»
«Aber, Mr. Hadee, das ist nicht gerecht!»
«Wer hat gesagt, dass die Welt gerecht ist, kleines Fräulein? Vielleicht ist der Tod gerecht, aber das Leben bestimmt nicht. Wir müssen Ungerechtigkeit als Beweis für den erhabenen Fluss des Lebens, als kapriziöse Musik des Universums akzeptieren – und trotzdem unsere Pflicht tun …»
«Abu, du hast keine Ahnung. Was für eine Unrecht –»
«Immer langsam, Spike. Was hat Boomers Erfolg oder Misserfolg mit Ellen Cherrys Kunst zu tun? Entschuldige, aber im Augenblick erinnert sie mich an diese Quengelbrüder – Profisportler und Entertainer sind die schlimmsten –, die den Hals nicht vollkriegen und einem ständig in den Ohren liegen, weil ein anderer in der gleichen Position mehr Geld verdient als sie. Habgier, vermischt mit Größenwahn. Es sollte uns vollkommen egal sein, was die anderen kassieren.»
«Okay, aber es geht doch nicht darum, ob Boomer
mehr
Anerkennung oder eine
bessere
Ausstellung bekommt als ich. Für mich ist weder Anerkennung noch eine Ausstellung in Sicht.»
«Erst letzte Woche haben Sie mir erzählt, dass Sie kaum gemalt haben, seit Sie in New York sind. Vielleicht sollten Sie Ihre Nase weniger in Boomers Angelegenheiten stecken als in Ihre Farbtöpfe. Freuen Sie sich, dass jemand, der Ihnen etwas bedeutet, Erfolg hat. Wenn seine Arbeit zweitklassig ist und diesen Erfolg nicht verdient, dann nehmen Sie das als Inspiration, und machen Sie es besser. Betrachten Sie es als Herausforderung, nicht als Beleidigung. Wie mein Vater immer zu sagen pflegte: ‹Mach nicht aus einer Mücke einen Elefanten.› Ein kleines Gedicht, nicht? Seien Sie froh! Malen Sie! Malen Sie vielleicht etwas, hinter dem wir diesen elenden Bambus verstecken können. Unser nahöstliches Restaurant sieht aus wie die Hütte, in der Konfuzius seine Glückskekse backte. Szenen aus Jerusalem zum Beispiel.»
Von Cohens Anteilnahme und Hadees Vorwürfen hochgeschaukelt, bekam Ellen Cherry schließlich genügend Schwung, um ihre Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen. Sie dankte ihren Brötchengebern, umarmte sie und machte sich auf den Weg zur Fifth Avenue, wo Turn Around Norman, so ihre Vermutung, ihrer sich schwerfällig bessernden Laune zusätzlichen Auftrieb geben würde. Hätte sie sich vorstellen können, wer oder was sich da sonst noch herumtrieb, es wäre unmöglich zu sagen gewesen, in welchem Tempo und in welche Richtung sich ihre wetterwendische Laune gedreht hätte.
Stattdessen fiel ihr beim Anblick der japanischen Restaurants an der Forty-ninth Street wieder ein, dass Wegwerfwindeln von Eskimos erfunden worden waren. Im Ernst. Sie machten sie aus Seetang.
Jemand mit einem guten Seetang-Zulieferer sollte mal einen Windeldienst mit angeschlossener Sushi-Bar eröffnen
, dachte sie.
Braunen Bachling im Angebot zu haben wäre dann nur passend, aber aus Geschmacksgründen sollte man
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