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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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oder
umfunktioniert wurden. Man sagte uns stets Religion sei die Wurzel für
Konflikte, Hass und Ausgrenzung gewesen. Dieser Unsinn wurde zum Wohle der
Menschen beendet. Es kam mir immer unsinnig vor, dass ein Kontinent, der sich
selbst nach außen abschottete, etwas gegen Ausgrenzung unternahm. In meinen
Büchern waren Kirchen reich geschmückte Orte, mit einem Altar, Wandgemälden und
Büsten von Heiligen. In dieser Kirche gab es nichts, was ihr Innenleben von dem
einer Fabrikhalle unterschied, abgesehen von der beeindruckenden Architektur.
Aljoscha gab mir einen sanften Klapps auf die Schulter und riss mich so aus den
Gedanken.
             „Da geht’s rauf zum Turm.“ Er zeigte zu
einem eisernen Treppenaufgang, der einmal durch ein Gitter geschützt war, das
jetzt am Boden lag und vor sich hin rostete. Die Treppe wirkte instabil und
mehrere Stufen fehlten bereits.
             „Ich geh als Erster.“ Und mit diesen
Worten betrat Aljoscha die Treppe, die bei jedem Schritt entsetzlich wackelte.
Ich traute mich erst die erste Stufe zu nehmen, nachdem Aljoscha sicher oben
war. Kaum hatte ich den Fuß auf die ersten Absatz gesetzt, waren von oben
Schüsse zu hören. Mit einem Mal war die Angst, vor dem Aufstieg und der Höhe
verschwunden und ich raste die Stufen hinauf. Ich konnte Aljoschas Stimme
hören.
             „Milla ist eine Freundin von mir. Sie
müsste auch gleich hier sein!“ Er war hinter der großen Glocke in Sicherheit
gegangen. Ich vermutete Veit auf der anderen Seite. Aljoscha trug immer noch
die Soldatenuniform. Veit hatte sie wohl gesehen und nicht gezögert zu
schießen.
             „Veit, ich bin es, Milla. Ich komme
jetzt zu dir.“ Ich lief um die Glocke herum und sah Veit auf dem Boden sitzen.
Ich hatte ihn in einer schlimmeren Verfassung vermutet, aber er wirkte auch
nicht mehr so bei Kräften, wie zu dem Zeitpunkt, als ich mich auf den Weg
gemacht hatte. Ich ließ das Geländer, das sich rings um die Glocke befand nicht
los, während ich zu Veit sprach.
             „Ich habe noch zwei weitere Personen
bei mir. Lass dich von der Uniform nicht irritieren. Aljoscha ist auf unserer
Seite. Und Gry ist Ärztin, sie kann deine Verletzungen versorgen.“ Gry kam mit
erhobenen Händen um die Ecke, wirkte aber ganz ruhig. Als sie sah, dass keine
Waffe auf sie gerichtet wurde, nahm sie die Hände wieder runter und kam zu uns.
Ich ließ mich ganz vorsichtig auf den Boden runter und blendete die Höhe so gut
es ging um mich herum aus, reichte ihr das Erste-Hilfe-Kit und sie machte sich
sofort daran Veits Wunde zu versorgen. Zwanghaft versuchte ich mich zu
beruhigen und redete mir ein, dass ich mich bald an die Höhe gewöhnen würde. Es
half zumindest ein bisschen.
             „Hi Ludmilla. Schön dich doch noch
wieder zu sehen. Für einen Moment hatte ich Angst, du hättest es da draußen
nicht gepackt und lässt mich hier verrotten.“ Veit grinste mich mit einem
schmerzverzerrten Gesicht an. „Aber du hast sogar eine Ärztin mitgebracht. Wie
hast du das gemacht?“ Seine Stimme klang heiser und der Schweiß stand ihm auf
der Stirn.
             „Du siehst nicht so gut aus Veit.
Entspann dich und ruh' dich aus. Es kann jetzt erst mal nichts passieren.“ Ich
hätte es nicht erwartet, aber er sagte nichts mehr und schloss tatsächlich die
Augen. Ich konnte mir vermutlich nicht vorstellen, wie schwach er sich gerade
fühlte. Er hatte die ganze Strecke bis hierher verletzt zurückgelegt und stand
unter ständiger Anspannung bis zu diesem Augenblick. Endlich etwas zu
entspannen musste die reinste Erlösung sein.
    Gry
wusste glücklicherweise genau wozu die einzelnen Injektionen im Kit gut waren
und gab Veit auch etwas gegen die Schmerzen. Er dämmerte leicht weg und ich war
zuversichtlich, dass es ihm bald besser gehen würde. Wir saßen alle zusammen
auf dem Boden und warteten darauf, was als nächste passieren würde. Wir konnten
im Grunde nichts anderes tun, als aus zu harren. Solange Veit schlief konnten
wir unser weiteres Vorgehen nicht planen. Gry versorgte eine Schnittwunde an
ihrem Oberschenkel, die mir bis zu diesem Zeitpunkt gar nicht aufgefallen war.
Sie war wirklich gut darin die Fassung zu wahren. Vermutlich auch eine
notwendige Eigenschaft für eine Ärztin. Ich sah zu Aljoscha und bemerkte erst
jetzt, dass sein Gesicht völlig unverletzt war, abgesehen von ein paar kleinen
Kratzern. Das konnte unmöglich sein. Unsere Blicke trafen sich

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