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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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dass es da war, obwohl der
Gedanke daran mich verrückt machte. Bevor ich nicht eine Möglichkeit fand es
los zu werden oder Branko zu töten, würde ich nicht von hier entkommen. Mich ließ
auch der Gedanke nicht los, in welche Gefahr ich Veit brachte, wenn ich
weiterhin mit ihm zusammen von hier entkommen wollte. Es war eine lächerliche
Hoffnung von mir, doch vielleicht hatten die Schutztruppen auch etwas bei sich,
das mir helfen würde dieses Halsband loszuwerden. Ich sah in den Himmel und
versuchte abzuschätzen, wie viel Zeit ich noch hatte, bevor es wieder dunkel
werden würde. Es war schwer zu sagen, da die schweren Regenwolken jetzt schon
kaum Sonnenlicht durchließen, aber wenigstens regnete es seit einer Weile nicht
mehr. Man gewöhnte sich zwar an den Regen, trotzdem war er alles andere als
angenehm. Wie ein zusätzlicher Feind, der langsam und arglistig versuchte dich
mürbe zu machen. Zu meiner Erschöpfung kam immer auch die beißende Kälte hinzu,
die einfach nicht abzuschütteln war. Mein ganzer Körper zitterte wieder unter
der Nässe, die meine Kleidung aufweichte. Ich riss mich von dem Anblick der
bedrohlich wirkenden Wolkendecke los und suchte wieder Schutz unter den
Balkonresten. Nach einem schnellen Blick zu beiden Seiten, hatte ich die
Gewissheit, dass ich mal wieder keine Ahnung hatte, wo ich genau war. Es war
noch schlimmer als das, diesmal hatte ich auch keine Erinnerung daran, aus
welcher Richtung ich kam. Nur eins war völlig klar, dies hier war nicht mehr
die Altstadt. Mein Herz begann wieder schneller zu schlagen, als ich die
Umgebung genau unter Augenschein nahm. Statt Gehwegen und asphaltierter
Straßen, gab es nur große Betonplatten am Boden, die sich scheinbar ohne
Unterbrechung fortsetzten. Es existierten keine Wohnhäuser, nur riesige, graue
Fabrikhallen. Die Entfernungen zwischen den einzelnen Gebäuden waren weit und
selbst in der Ferne konnte ich keine Wohnkomplexe oder normale Straßen
erkennen. Ich trat vor Wut gegen die Betonwand, als ich erkannte, wohin ich
gelaufen war. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein? Ich war geradewegs in
den gefährlichsten Teil der Stadt gelaufen und wusste nicht einmal, wie ich am
schnellsten wieder von hier weg kam. Deswegen war mir niemand auf dem Weg
begegnet und deshalb hatte ich schon so lange keine Schüsse mehr gehört.
Niemand wäre auf die Idee gekommen, mir hierher zu folgen. Scheinbar nicht mal
Branko. Es half nichts, ich musste so schnell wie möglich von hier weg. Ich
lief aus meiner Deckung und sah mich um. Zu allen Seiten bot sich mir das
gleiche Bild: Weite Straßen, riesige Fabrikhallen. Alles sah grau aus und
wirkte wie eingefroren. Totale Stille, keine Bewegung. Zu meiner Rechten sah
ich die Reste eines Drahtzauns, der zwei Fabrikgelände voneinander trennte und
in der Ferne einen Schornstein aus roten Ziegeln. Ruß hatte eine Seite schwarz
gefärbt und etliche Ziegel waren bereits abgetragen oder herausgebrochen. Ich
war mir nicht sicher, aber ich glaubte, an diesem Zaun und dem Schornstein
vorbei gelaufen zu sein. Ich verfluchte meine miese Orientierung und meine
Unachtsamkeit und warf noch einmal einen prüfenden Blick zurück, um mir genau
einzuprägen, wo ich gerade war. Das Letzte, was ich jetzt brauchte, war im
Kreis zu laufen und es nicht einmal zu merken. Ich lief bis zum Zaun und sah
mich wieder um. Während ich versuchte auszumachen, wie man zu dem roten
Schornstein kam, durchbrach ein Schrei die Stille. Ich zuckte sofort zusammen
und riss die Waffe hoch. Es war der Schrei einer Frau, doch nun herrschte
wieder vollkommene Stille. Der Aufschrei kam vermutlich aus dem Gebäude direkt
vor mir. Es war das einzige, mit einem weißen Anstrich und hoch gelegenen,
kleinen Fenstern. Die Fassaden waren beschmiert mit Graffitis und die Buchstaben,
aus denen sie bestanden, waren mir nicht bekannt. Zwischen den einzelnen Worten
war immer wieder das Bild eines Schweinekopfes zu sehen, der auf einem Messer
aufgespießt war. Ich ging weiter am Zaun entlang und sah mich um. Jemand war
hier, ganz in meiner Nähe und wenn ich Veits Worten Glauben schenkte, dann
wollte ich dieser Person nicht begegnen. Wieder hörte ich den Schrei einer
Frau. Er war ohrenbetäubend, wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Ich bekam
sofort eine Gänsehaut, denn ich kannte diese Art von Schrei. Es war die Sorte,
die man nicht bewusst von sich gab. So klang der entfesselte Wahnsinn, der den
Verstand lähmte. Pure Todesangst. Ich wollte davon laufen,

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