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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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wollte nicht wehleidig klingen,
besser konnte ich meine Gefühle einfach nicht formulieren.
             „Menschen entwickeln sich. Ich denke
nicht, dass das irgendwas mit Vertrauen zu tun hat.“ Wenn er Recht hatte, dann
war die Entfremdung zu Radu wohl doch nur meine Schuld. Ich konnte nicht wahr
haben, dass er sich verändert hatte. Ich wollte es nicht einmal jetzt
akzeptieren.
             „...Ich frage mich nur pausenlos, was
er jetzt von mir denkt. Er kennt mich. Er weiß wie ich denke und wie ich fühle,
ganz besonders über die Regierung und die Schutztruppen. Über unsere ganze
Situation. Du sagst, seine Veränderung hätte auf unser gegenseitiges Vertrauen
keinen Einfluss... Ich glaube das nicht. Wie kann das kein Vertrauensbruch
sein?“ Ich suchte in Ihsans Augen verzweifelt nach einer Antwort, aber er hatte
keine. Wie konnte er auch. Er hatte sich schon immer von Radu fern gehalten. Er
konnte seine Handlungen noch weniger verstehen als ich.
             „Vielleicht hat das einfach rein gar
nichts mit dir zu tun. Irgendetwas treibt ihn an und leider widerspricht es
deiner Einstellung. Er kann nicht jede Entscheidung, die er für sich trifft,
von dir abhängig machen, auch wenn ihr euch nahe steht.“ Seine Worte schmerzen
wie ein Tritt in die Magengrube aber er hatte Recht. Ich war nicht der
Mittelpunkt von Radus Welt und er traf seine Entscheidungen für sich allein.
Ich konnte fühlen, wie mein Mund sich verkrampfte. Diese Gedanken zogen sich
wie Blei über meinen Verstand.
             „Aber warum hat er nicht wenigstens mit
mir geredet? Wieso stellt er mich vor vollendete Tatsachen, als wenn ich kein
Teil seines Lebens mehr wäre?“
             „Keine Ahnung. Vermutlich steckt
dahinter der simpelste Grund von allein. Er hatte wohl Angst.“ So realistisch
wie Ihsans Worte auch klangen, konnte ich mir das einfach nicht vorstellen. Er
hatte früher nie Angst gehabt, mir die Wahrheit zu sagen. Manchmal war er sogar
geradezu gnadenlos ehrlich gewesen. Ich war in der Schule, als meine Mutter
starb und Boris war am Boden zerstört. Ich hatte ihn weder davor noch danach je
weinen sehen, aber an diesem Tag weinte er so heftig, dass kein Wort zwischen
das Schluchzen passte. Es war Radu der es mir sagte auch, wenn ich es schon
vermutet hatte. Ich wurde damals hysterisch und schlug auf ihn ein. Ich wollte
es nicht wahr haben und konnte nicht fassen wie ruhig er blieb. Er hielt mich
einfach und wiederholte immer wieder die gleichen Sätze. Sie ist jetzt weg.
Du musst das akzeptieren und weiter machen. Der Schmerz wird nachlassen. Damals
waren seine Worte so grausam aber nur wenige Monate später war ich unendlich
dankbar dafür. Er war für mich stark gewesen, als ich es nicht sein konnte und
teilte diese Kraft mit mir. Vielleicht hat dieses Mantra noch ein paar Steine
auf meine innere Mauer gelegt, aber es hatte mir geholfen den Tod meiner Mutter
zu verkraften und nur das war zu diesem Zeitpunkt wichtig. Außerdem hatte es
mich näher zu Radu gebracht. Aber nun musste sich irgendetwas für ihn geändert
haben und vielleicht war ich tatsächlich schuld daran und wusste es nicht
einmal. Das alles belastete mich einfach. Es war ein weiterer Riss in der
kleinen Welt, die mein Leben darstellte. Es war schon so viel kaputt und ich
konnte mit noch mehr Schaden nicht umgehen. Es war sowieso zu schwer weiter
darüber zu reden oder noch darüber nachzudenken.
             „Was wolltest du mir erzählen?“
    Ihsan
begann zu strahlen.
             „Setzt dich.“ Er schloss die Tür und
ich setzte mich auf's Bett. Ich war wirklich gespannt, was er mir zu sagen
hatte. Für Gewöhnlich war er kein Geheimniskrämer. „Hier, lies das.“ Er zog
etwas aus seiner Tasche und reichte es mir. Es war ein gewöhnliches Stück
Papier aber es hatte einen Aufdruck. Die Schrift wirkte, als hätte man sie
aufgestempelt:

 
    Salva
existiert
    Freiheit
ist Realität
    0100
Kalemegdan

 
             „Salva?“ Ich war verwirrt. Mich überkam
die Ahnung, was dieser Zettel bedeuten sollte,   ich konnte es nur nicht glauben.
             „Es ist der Salva. Ist dir klar
was das bedeutet?“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern „Es gibt einen Ausweg.
Wir können uns aus dieser Rechnung hier nehmen!“
    Ich
starrte wieder auf den Zettel. Niemand würde es zugeben, aber alle wussten, wer
Salva war. Der selbsternannte Erlöser. Angeblich hatte er den Schlüssel zur
Freiheit.

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