Salvatore, R.A. - Todfeind2
jeder Hinsicht zurückgewiesen. Die Männer im Verlies würden eher sterben, als Abelle anzuerkennen! Und das lag nicht daran, dass einer von ihnen ein Schamane von hohem Ansehen war, wie Giavno wusste. Die beiden anderen waren genauso stur und unbeugsam in ihrer Haltung.
Aber warum?
»Was bedrückt Euch, Bruder?«, fragte Pater De Guilbe und riss Giavno aus seinen Überlegungen.
Giavno schlug die Augen auf und begriff erst zu diesem Zeitpunkt, dass das Heilungsritual längst beendet war und er den Arm ohne Grund vor sich hochhielt. Er räusperte sich und richtete sich vor dem Pater auf. »Ich sagte Euch doch, dass es nur eine harmlose Wunde ist«, erklärte er.
»Was ist es?«, hakte De Guilbe nach. »Hinterlässt diese Auseinandersetzung einen unangenehmen Geschmack in Eurem Mund?«
»Nein, ich meine, nun, ja, Vater«, stotterte Giavno. »Es erscheint mir so sinnlos, dass die Barbaren auf diese Weise gegen unsere Befestigungen anrennen. Ihre Gefährten sind nur dank der Wirkung unserer Edelsteine noch am Leben – das können sie unmöglich leugnen. Und alles, was wir dafür verlangt haben, ist die Anerkennung des Ursprungs dieser heilenden Magie durch diese drei.«
Pater De Guilbe schaute seinen Stellvertreter lange an. »Habt Ihr von der Schlacht von Cordon Roe gehört?«
Düster nickte Giavno auf diese absurde Frage. Wie konnte jemand, erst recht ein Abellikaner, diesen verfluchten Namen nicht kennen? Cordon Roe war eine Straße in Delaval-Stadt, wo die Botschaft des heiligen Abelle zum ersten Mal in der großen Stadt an der Flussmündung verkündet worden war. Die ersten Mönche des heiligen Abelle, die es in diesem dicht bevölkerten Zentrum gab, hatten ihre Kapelle – obgleich damals nicht mehr als ein zweistöckiges Haus – in der Cordon Roe erbaut und damit begonnen, sein Wort zu verkünden.
»Was wisst Ihr von Cordon Roe, Bruder?«
»Ich weiß, dass die Brüder, die dort hingingen, von den Bewohnern von Delaval-Stadt freundlich aufgenommen wurden«, antwortete Giavno. »Ihre Gottesdienste bezogen schon bald die gesamte Straße mit ein, und an einigen Tagen drängten sich die Zuhörer sogar in den umliegenden Straßen.«
»Es war ein vielversprechender Beginn in den Anfangstagen unserer Kirche, nicht wahr?«
»Natürlich.«
»Zu vielversprechend«, sagte Pater De Guilbe. »Der heilige Abelle hatte die Priester, nicht lange nachdem seine Lehre dort zum ersten Mal verkündet worden war, in die größte Stadt in Honce geschickt. Sie wurden am Stadttor von Fürst Delaval, dem Großvater des derzeitigen Fürsten Delaval – wenn meine Erinnerung mich nicht im Stich lässt –, willkommen geheißen. Außerdem war er der erste Patient und Empfänger der Edelstein-Magie in der Stadt, da er von einem harmlosen, aber lästigen Leiden heimgesucht wurde. So gewährte ihnen Fürst Delaval freien Zugang und gestattete ihnen, zu predigen und zu praktizieren. Und die Leute kamen zum heiligen Abelle, wie es, wie wir wissen, die meisten tun, sobald sie die Macht der Edelsteine gespürt haben.«
»Und das passte den Samhaistanern nicht«, sagte Giavno.
Pater De Guilbe nickte ernst. »Und es war eine Bedrohung für den Fürsten Delaval selbst«, fuhr er fort. »So wurde die Garnison Delaval-Stadt gegen unsere Brüder aufgehetzt, und Cordon Roe geriet zu einer Festung innerhalb der Festungsstadt.«
»Das weiß jeder Bruder.«
»Aber wisst Ihr auch, dass der Pater von Cordon Roe mit Fürst Delaval ein Abkommen schloss, das den Brüdern sicheren Abzug aus der Stadt garantierte?«
»Davon habe ich noch nie gehört«, gestand Giavno.
»Es ist auch nicht allgemein bekannt. Man erzählt sich, dass die Samhaistaner den Mob der Stadt aufwiegelten, Cordon Roe anzugreifen, und die Brüder von Abelle, die sich weigerten, die Magie der Edelsteine einzusetzen, um ihre Angreifer zu töten, wurden überrannt und ermordet.«
»Ja, alle zehn!«
»Nein, Bruder. So geschah es nicht. Die Brüder kamen zu einer Übereinkunft mit Fürst Delaval, aber als sie Vorbereitungen für ihren Abzug trafen, erschien Fürst Delaval mit geänderten Bedingungen. Sie könnten abziehen oder bleiben, aber sie müssten die Lehren des heiligen Abelle widerrufen und zu den Samhaistanern übertreten. Unter diesen Bedingungen hätten sie keine weitere Bestrafung zu befürchten.«
Bruder Giavnos Augen weiteten sich entsetzt, als er sich diesen schrecklichen Preis vergegenwärtigte. Er leckte sich über die trockenen Lippen und sagte: »Sie
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