Salz der Hoffnung
dort nach der Uhrzeit fragen. Das heißt noch lange nicht, daß sie mir deswegen gleich ein Schiff überantworten. Jesus, warum verschwenden wir eigentlich unsere Zeit mit diesem Kerl?«
»Ich bin geneigt, dir recht zu geben. Aber ich hatte zugesagt, wir würden ihn heute anhören, also sollten wir es auch tun. Regal kam gestern zum Lunch herüber und erzählte, er sei von irgendwelchen hohen Tieren empfangen worden.«
»Regal? Ist das nicht seine Geliebte? Die feine Dame, die mit ihm durchgebrannt ist?«
Cameron fuhr leicht zusammen. Es war ein Fehler gewesen, ausgerechnet sie als seine Informationsquelle zu zitieren.
Samuel lachte. »Eine solche Frau läßt sich alles weismachen.«
»Du irrst dich. Regal ist alles andere als dumm.«
»Da gebe ich Ihnen recht«, sagte eine tiefe Stimme hinter ihnen.
Cameron fuhr herum und entdeckte Jorgensen auf dem Treppenabsatz. Sie hatten ihn nicht heraufkommen gehört. Er versuchte, ihre Unterhaltung zu rekapitulieren und sich genau zu erinnern, was sie in seinem Beisein gesagt haben könnten, doch der Captain machte nicht den Eindruck, als nähme er ihnen etwas übel. Er schien im Gegenteil äußerst zufrieden mit sich und der Welt.
»Guten Tag, Gentlemen. Bitte entschuldigen Sie meine Verspätung, aber ich habe gute Neuigkeiten. Wir sind genau auf Kurs.«
»Und welcher Kurs wäre das?« fragte Samuel und sog an seiner Zigarre. Er bot Jorgensen keinen Platz an, lehnte sich in seinem Stuhl zurück, bis er an die Wand stieß, und seine Stimme klang höhnisch. »Was hatten die Lords der Admiralität denn heute zu sagen?«
Cameron blieb nicht einmal Zeit wahrzunehmen, daß Jorgensen sich bewegte, aber plötzlich schien Samuels Stuhl vom Boden abzuheben, flog krachend nach hinten und stürzte einen Tisch um. Cameron sprang auf, um Samuel aufzuhelfen und den Tisch wieder hinzustellen. Jorgensen wandte sich ab und fand einen hohen, hölzernen Hocker. Er wischte mit dem Ärmel darüber, ehe er sich auf die Kante setzte, eines seiner langen Beine ausgestreckt.
»Sie sind wohl wahnsinnig geworden!« brüllte Samuel und stützte sich auf Cameron, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. »Sie hätten mir beinah den Hals gebrochen!« Er befühlte seinen Hinterkopf, wo sich vermutlich eine dicke Beule bildete, und ließ sich von Cameron auf seinen Platz zurückhelfen.
»Mir ist es gleich, wenn Sie keine Geschäfte mit mir machen wollen«, sagte Jorgensen leise. »Aber wenn Sie noch einmal so mit mir reden, dann werde ich Ihnen Ihren verdammten Hals brechen, darauf können Sie Gift nehmen.«
In diesem Augenblick erkannte Cameron, daß dieses Geschäft nicht das Richtige für ihn war. Samuel konnte manchmal närrisch sein, aber dieser Däne würde ihnen ernsthaften Ärger einbringen. Andererseits, seine Männlichkeit, seine Kraft und seine souveräne Ausstrahlung waren beeindruckend. Er verkörperte eine Art von Aggressivität, um die Cameron andere Männer stets beneidet hatte, die Fähigkeit zu kämpfen. Samuel war wesentlich kleiner als Jorgensen, aber er hatte noch genug Mut, um zu streiten, wenn ihm der Hohn auch vergangen war. »Ich hatte keineswegs die Absicht, Sie zu beleidigen«, brummte er. »Ich verstehe nur nicht, wovon Sie reden.«
»Dann gedulden Sie sich etwas und hören mir erst einmal zu«, sagte Jorgensen. Sie sahen nur die Silhouette seines Gesichts vor dem grünlichen Glas des Fensters, dessen Licht seiner glatten Haut ein unheimliches Schimmern verlieh. Er erzählte ihnen, daß er sich mit einer Empfehlung von Konteradmiral Phillip an die Admiralität gewandt hatte. Man hatte ihn eine Treppe hinauf und endlose Flure entlanggeführt, und er hatte über eine Stunde gewartet, bis es Commander Morrison beliebte, ihn zu empfangen. Anfangs hatte dieser Gentleman ihn höflich angehört, bis er erkannte, daß Jorgensen kein Offizier der britischen Marine war.
Er war ein begabter, amüsanter Erzähler, und Cameron ertappte sich dabei, daß er ihm gebannt lauschte. Auch Samuel schien gefesselt.
»Es dauerte lange, bis ich den Commander überzeugen konnte, mich anzuhören«, sagte Jorgensen. »Er ist ein Schreibtischstratege mit einem roten Gesicht und genug Orden, um einen Weihnachtsbaum damit zu behängen, aber keinen davon hat er
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