Salz der Hoffnung
Sache, doch ein Kriegsschiff war zwangsläufig großen Gefahren ausgesetzt, und sie hatte furchtbare Angst. »Ich kann nicht glauben, daß du wirklich nach Dänemark gehst. Wie willst du dorthin kommen, Jorge? Das ist doch Wahnsinn. Du kannst nicht einfach zum Hafen hinuntergehen und eine Passage nach Kopenhagen buchen, soviel steht fest.«
»Es gibt Mittel und Wege, es ist nicht besonders schwierig. Im übrigen, wenn ich hierbliebe, bestünde die Gefahr, daß ich interniert würde. Ich bin dänischer Staatsbürger.«
»Dann vergiß all das hier. Wir sollten sofort nach Amerika segeln und diese dummen Länder hier ihrem dummen Krieg überlassen. Bitte, Jorge. Amerika ist ein freies Land, du würdest es lieben.«
Er öffnete das Dachfenster und sah in die Nacht hinaus. »Ich will nicht nach Amerika, Regal. Ein Land, in dem man Sklaven hält, kann nicht frei sein; das ist eine Illusion, an die zu glauben man dich von Kindheit an gelehrt hat.«
Sie war so wütend, als hätte er sie geohrfeigt, und holte zum Gegenschlag aus. »Wirklich? Und was ist mit deinem kostbaren Neusüdwales und mit Hobart? Männer werden für den Rest ihres Lebens ans Ende der Welt deportiert und zur Zwangsarbeit in Ketten verurteilt. Sogar Frauen werden deportiert. Ist das etwa keine Sklaverei?«
»Es gibt einen Unterschied«, sagte er leise. »Viele dieser Menschen sind wirklich Verbrecher, ganz gleich, was sie sagen. Dennoch können sie sich in Australien ihre Freiheit verdienen. Und sie sind nicht alle zu lebenslänglicher Deportation verurteilt, doch die meisten bleiben freiwillig dort, wenn ihre Zeit um ist. Wenn du meine Meinung zu diesem Thema hören willst: die Verurteilten, die deportiert werden, haben Glück, bedenkt man die grauenvollen Zustände in englischen Gefängnissen und das erbärmliche Leben, das die Armen hier führen. Aber davon weißt du natürlich nichts, du lebst ja als reiche Frau unter reichen Freunden, und es kümmert dich nicht, daß Menschen überall um dich herum verhungern.«
Es war der furchtbarste Augenblick ihres Lebens. Dieser Mann behauptete, sie zu lieben, und doch machte er ihr jetzt solch gemeine Vorhaltungen. Er verließ das Zimmer mit seinen langen, leichten Schritten, die kaum einen Laut auf den Holzdielen verursachten, und ließ sie zurück. Eine Weile saß sie wie erstarrt, versuchte, sich von dieser Attacke zu erholen, und dann wurde sie wütend. Wollte er ihr jetzt etwa den Laufpaß geben?
Sie sprang plötzlich aus ihrem Sessel auf und durchquerte das Zimmer. »Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen? Was gibt dir das Recht, allen Kummer der Welt auf meine Schultern zu laden? Wenn du genug hast von mir, dann sei ein gottverdammter Mann und gib es zu, versteck dich nicht hinter überheblichen Reden!«
Er stand im Schlafzimmer und war dabei, sich zu entkleiden; sein Hemd hatte er bereits aufgeknöpft. Er hielt inne, sah sie unverwandt an und begann dann zu lachen.
»Du hast recht. Ich neige dazu, große Reden zu schwingen. Aber nur weil wir unterschiedlicher Ansicht sind, heißt das nicht, daß ich dich nicht liebe. Und du würdest mich doch hoffentlich auch nicht so leicht aufgeben.«
»Du bist doch derjenige, der fortgeht. Du verläßt mich.«
»Ich weiß.« Er fuhr fort, sich auszuziehen. »Aber du mußt akzeptieren, daß ich nach Dänemark gehe, es hat keinen Sinn, darüber zu streiten.«
»Und was soll aus uns werden?«
»Ich komme zurück und hole dich, sobald ich kann. Du weißt, daß ich das tun werde. Ich werde dich jede Minute vermissen, die wir getrennt sind. Was kann ich noch sagen?«
Sie trat näher und setzte sich auf die Bettkante. »Es macht mich krank. Wie soll ich erfahren, wo du bist? Ich werde nicht einmal Kontakt zu dir aufnehmen können. Ich kann ja schlecht zur britischen Admiralität marschieren und mich nach feindlichen Schiffen erkundigen. Mein Gott, Jorge, es wird mir jetzt erst richtig klar. Du wirst auf der anderen Seite stehen. Was, wenn die Leute hier davon erfahren?«
»Das spielt keine Rolle. Aber um deinetwillen, erwähne meinen Namen nicht, es könnte dich in Schwierigkeiten bringen. Und jetzt hör mir zu …« Er setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. »Du kannst über Joseph in Verbindung mit mir bleiben. Es fällt
Weitere Kostenlose Bücher