Salz und Asche - Roman
von Paul und Minna? Dann müsst Ihr wissen, dass sie die Halbgeschwister von Albert sind, der bisher noch unschuldig im Turm sitzt. So gern ich sie Euch überlassen möchte, möchte ich doch zuvor sein Einverständnis hören.«
Ihr Vater räusperte sich verärgert. »Er wird dankbar sein und dieses überaus großzügige Angebot demütig annehmen. Was sollte ein junger Mann, der noch nicht einmal zum Gesellen freigesprochen ist, mit zwei Kindern anfangen?
Mit Freude werden wir die zwei zu Euch bringen, Hinrik.«
Beinah zuckte Susanne zusammen. Hinrik . So weit war das familiäre Verhältnis also bereits gediehen. Und ihr Einspruch zählte nichts. In dieser Sache so wenig, wie er auch später zählen würde, wenn es um ihre Heirat ging. Sie fühlte sich, als würde ihr die Luft abgeschnürt.
Lenhardt schien ihre Betroffenheit bemerkt zu haben und bewies erneut seine Liebenswürdigkeit. »Mach dir keine Sorgen, Susanne. Paul und Minna sind bei Mutter gut aufgehoben, bis sich die Verwirrung um ihren Bruder gelegt hat. Sollte er dann andere Wünsche für sie äußern oder eine bessere Bleibe für sie finden, dann werden wir ihn darin unterstützen. Bis dahin wird Mutter sich freuen, wenn du oft zu uns kommst und dich überzeugst, dass es den beiden gutgeht.«
Susanne bemühte sich für ihn um ein herzliches Lächeln. »Ihr dürft nicht glauben, dass ich daran den geringsten Zweifel habe. Mir ist bewusst, dass die Kinder es nicht glücklicher treffen könnten. Ich denke nur auch an Albert, der eine schlimme Zeit hinter sich hat und besorgt um seine Geschwister ist. Entscheidungen über sie sollten nicht ohne ihn gefällt werden.«
Lenhardt nickte ihr zu. »Darin sind wir uns einig.«
»Gesetzt den Fall, dass Alberts Name von jedem Vorwurf reingewaschen wird«, wandte Susannes Vater ein. Seine Miene war so grimmig, dass ihr das Herz noch schwerer wurde. Schon wieder hatte sie ihn enttäuscht.
Nun klärte Herr von Waldfels seine Stimme. »In diesem Punkt kann ich Euch beruhigen, Meister Büttner. Bereits gestern war ich mit meinem ehemaligen Knecht Kowatz im Gericht. Was er auszusagen hatte, belastet einen anderen
Mann schwer. Ich bin untröstlich, dass mir der Zusammenhang zwischen meinen Bediensteten und dieser unglückseligen Angelegenheit nicht früher deutlich geworden ist. Es ist vor allem Eurer Familie zu verdanken, dass sich alles aufklärt, Meister Büttner. Und natürlich jenem jungen Schmied, nicht wahr?«
Verlegenes Schweigen fiel über die Gesellschaft. Susanne hielt den Atem an und hoffte, dass jemand an ihrer Stelle etwas zu Jans Gunsten sagen würde, doch alle Anwesenden pressten die Lippen aufeinander. Das konnte nur bedeuten, dass alle wussten, wie heikel diese Wendung des Gespräches war. Sie würde nichts besser machen, wenn sie sich dazu äußerte. Mit einem Gefühl von Bitterkeit beschloss sie, in anderer Hinsicht das Beste aus diesem Besuch zu machen. »Das sind gute Neuigkeiten, Euer Hochwohlgeboren. Ich danke Euch von Herzen für Eure Mühe. Möchtet Ihr vielleicht die Kinder sehen? Dem Lärm nach zu urteilen sind sie alle gerade in der Küche.«
Der hohe Herr lauschte und zog bestürzt seine dünnen Brauen zusammen. »Sie lärmen doch nicht ständig so?«
Susanne lächelte. »Doch. Wenigstens wenn sie alle zusammen sind. Das ist für Kinder ganz gewöhnlich. Unsere Mutter musste sich früher dann und wann die Ohren zuhalten.«
Er sah sie verblüfft an. »Nun. Das ist … erstaunlich. Ich … ich bin sicher, dass die Kinder ein erfreulicher Anblick sind. Jedoch … Zu meinem Bedauern hat mich ein leichtes Unwohlsein ergriffen, und ich fürchte … Nun, lieber nicht.«
Susanne nickte verständnisvoll. »Wie Ihr wünscht. Darf ich Euch etwas gegen das Unwohlsein bringen? Vielleicht einen Aufguss aus Kamillenblüten oder etwas Gebäck?«
»Das hättest du längst tun sollen«, warf ihr Vater ein.
»Verzeih, Vater. Ich beeile mich.«
Der kleine Triumph, den sie fühlte, weil sich für Albert und für die Kinder allmählich alles zum Besseren wendete, wurde gleich darauf von ihren eigenen Sorgen wieder überschattet. Auf dem Weg in die Küche traf sie auf Anje und Regine, die einen ähnlich lächerlichen Ringkampf ausführten, wie sie ihn auch selbst schon mit ihrer Schwester erlebt hatte. Diesmal allerdings weinte Regine dabei. »Anje, was ist denn? Gine, was hast du?«
Anje schrak zusammen und ließ Regine los, die sich in Susanne Arme flüchtete und schluchzte. »Ich will zu euch
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