Salz und Asche - Roman
ist so hübsch.«
»Ach Gine, es ist doch egal, wem sie gehört. Weißt du, wo Liebhild ist?«
Regine schüttelte den Kopf und verfiel von einem Moment zum anderen wieder in ihre stumme, undurchdringliche Träumerei.
Seufzend ließ Susanne sie allein. Wenig später stöberte sie Liebhild auf, die sich mit ihrem neuen Freund Jost und dem kleinen Hinner hinter dem Hühnerstall versteckte.
»Du bist ein Spielverderber, Suse. Hier ist doch unser heimliches Versteck«, empörte ihre kleine Schwester sich.
»Das war auch schon mein Versteck, Liebchen. Sieh mal, was ich hier habe. Gine ist ganz neidisch, weil sie für dich sein soll.«
Liebhild kam mit den Jungen hinter dem Stall hervor, und alle drei spielten eine Weile fröhlich mit der Katze, während Susanne sich mit dem Gemüsegarten beschäftigte. Dann brachte Liebhild das Tier zu ihr zurück. »Gine kann sie haben. Mir läuft sie bestimmt wieder davon.«
Susanne musste schlucken, lächelte aber. »Das ist nett von dir. Hast du ihr trotzdem schon einen Namen gegeben?«
»Ja. Salz. Sie kann nur Salz heißen.«
Erst Asche, dann Salz . Es lag auf der Hand. Warum hatte sie gefragt?
19
Der Donner warnt
U nbemerkt von Susanne hatte Martin seine Werbung um Dorothea Marquart wieder aufgenommen. Ausgerechnet in dem Durcheinander, in das die Kinder den Büttnerschen Haushalt seit einer guten Woche versetzten, erschienen Marquarts zu einem Besuch.
Gerade an diesem Nachmittag hatte Susanne Paul und Minna zu Lossius’ bringen wollen. Die Ordnung im Haushalt war bei den Vorbereitungen vollends auf der Strecke geblieben.
Dennoch kam Susanne ihrer Pflicht nach und sorgte für die Bewirtung der Gäste, konnte aber nicht mehr verhindern, dass Dorothea und ihr Vater schon beim Eintreten einen Blick auf Spuren der Unordnung erhaschten.
Noch ärger wurde es, als Susanne auf die unbedachte Anordnung ihres Vaters hin Dorothea durch das Haus führen musste, während er sich in der aufgeräumten Dornse mit Herrn Marquart und Martin zusammensetzte.
Dorothea war groß und grobknochig, und ihr Rücken so steif wie ihre Art. Susanne war ihr stets nur beim Kirchgang begegnet, wenn alle sich aufrechter hielten und würdevoller benahmen als alltags. Dorothea änderte auch nun ihre Haltung nicht. Susanne entschuldigte sich für die Unordnung und erntete von Dorothea nur Schweigen dafür. Abschätzend musterte Martins Auserwählte jeden Raum
und jedes Stück der Einrichtung, als entschiede sie soeben, ob das Haus es wert war, von ihr in Besitz genommen zu werden.
Susanne wurde klar, wie unbedarft sie gewesen war, als sie hoffte, in Martins Frau eine Freundin zu finden, mit der sie Hand in Hand arbeiten konnte. Dorothea sah in ihr nicht die bisherige Herrin des Hauses, sondern nur eine jüngere Schwester des zukünftigen Hausherrn. Auch wenn ihre Geringschätzung Susanne einen Stich versetzte, musste sie der wenig älteren Frau zugestehen, dass sie damit recht hatte. Gleichgültig, wen Martin heiratete, seine Schwester würde sich danach in die Rolle finden müssen, die ihr von der neuen Hausherrin zugesprochen wurde. Susanne konnte nur raten, wie diese Rolle aussehen würde. Jedenfalls wollte sie keinen Kampf um die Macht im Hause führen.
Während sie langsam mit Dorothea alle Stockwerke besichtigte, zog sich draußen ein Gewitter zusammen. Donnergrollen und die ersten Regentropfen trieben die Kinder aus dem Garten in die Küche, wohin Susanne Dorothea als Nächstes führte.
Sogar die Kinder betrachtete Dorothea, als ob sie Möbelstücke wären, deren Wert sie abschätzen wollte. Und endlich stellte sie Susanne einmal eine Frage. »Wie viele von ihnen bleiben hier? Ja wohl nicht alle?«
Sie fragte so laut, dass die Kinder es hören konnten, und prompt brachte es den quirligen Haufen zum Schweigen.
»Warum denn nicht alle?«, fragte Liebhild. »Es ist so lustig, wenn wir alle zusammen spielen.«
Susanne gab sich Mühe, fröhlich zu wirken. »Aber es gibt noch andere Leute, die gern Kinder aufnehmen möchten. Und wir wollen doch nicht so gemein sein, euch alle für uns zu behalten.«
»Lieber doch«, sagte der kleine Hinner, und alle murmelten zustimmend.
»Ihr könnt auch später noch zusammen spielen, wenn alle ein gutes Zuhause haben.«
»Bei euch ist es gut«, sagte Jost.
»Danke, Jost. Das freut mich. Aber nun sagt auf Wiedersehen. Ich gehe mit Jungfer Marquart in die Dornse, und dort werden wir von euch ja nichts mehr hören und sehen, nicht wahr?«
Lene schwang
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