Salz und Asche - Roman
Jan aus der Schmiede. Kennst du mich noch? Dein Bruder Till ist auch hier. Es wird alles gut, du musst nur hierbleiben und dich verstecken, bis einer von uns dich holt. Verstehst du?« Er befreite ihre Hände und streichelte ihre Wange. Dann wollte er sie allein lassen, doch sie schluchzte auf und hielt sich an ihm fest, sodass ihm nichts übrigblieb, als sie für einen Augenblick zu trösten.
Ein Schuss dröhnte und ließ sie beide zusammenschrecken. Jan machte sich von ihr los und legte den Finger auf die Lippen. »Ich hole dich«, sagte er.
Der Page schrie laut und gellend und verstummte abrupt. Männerstimmen stritten, zwei, drei, vier. Jan nahm die Muskete wieder in die Hände und begann zu laufen, solange sie noch lärmten. In Sichtweite verbarg er sich. Vier Männer zählte er, der Page wurde von einem festgehalten, eine Hand auf dem Mund. Der Advokat lag am Boden und rührte sich nicht. Weder von Till noch von Rieger war etwas zu sehen.
Die vier lachten spöttisch, einer gab dem Advokaten einen Tritt. »Wie kann man so strunzdumm sein?«
Sie nahmen den Jungen und die Geldkatze und lenkten ihre Schritte unachtsam auf den Pfad Richtung Fluss. Der mit dem Geld ging voran, der mit dem Jungen als Vorletzter. Jan fasste die Kesse Grete am Rohr und griff an, ohne noch länger zu überlegen. Er zog dem letzten der Kerle den Büchsenkolben über, ließ gleichzeitig die Muskete fallen und entriss dem überrumpelten zweiten den Jungen. Mit einer Pistole im Anschlag wich er dann vor den Männern zurück. Im selben Moment brach Till aus seinem Versteck und war im Nu an seiner Seite, zwei Pistolen in den Händen. »Was ist mit Liebhild?«
»Ich habe sie«, sagte Jan und fluchte innerlich, als daraufhin deutlich zu hören war, wie jemand durchs Unterholz rannte, ebendahin, wo Liebhild vor Kurzem noch versteckt gelegen hatte. »Werft die Waffen weg und legt euch auf den Bauch«, befahl er den drei Männern.
Der Dünne mit der Geldkatze starrte ihn giftig an. »Und wenn nicht?«
Jan zuckte mit den Schultern. »Meine Seele wird nicht schwärzer, wenn ich abdrücke.«
»Na gut. Dann fang.« Der Dünne warf hohngrinsend den schweren Geldbeutel auf ihn. Jan ließ sich davon nicht ablenken, doch der Mann, dem er den Jungen entrissen hatte, fing den Beutel, warf sich damit vom Pfad ins Unterholz, rappelte sich wieder auf und rannte.
Jan wandte sich von den anderen ab, zielte und schoss. Der Flüchtende schrie, und dann geschah alles verwirrend schnell und gleichzeitig. Liebhild kreischte, von Waldfels’ Page sprang auf und lief weg, Till rannte los in Richtung des Mädchenschreis, und einer der stehenden Männer
legte seine Muskete auf Till an. Jan, der seine zweite Pistole noch nicht in der Hand hatte, blieb nichts anderes übrig, als sich auf ihn zu werfen. Der Schuss ging tief, traf Till aber dennoch. Inzwischen hatte der Kerl, den er als Ersten niedergeschlagen hatte, den Pagen eingeholt und hielt ihn als Schutzschild vor sich.
So viel sah Jan noch, dann lag er unter dem Halunken, der geschossen hatte, wehrte dessen Messer ab und rang keuchend darum, an sein eigenes heranzukommen, während der Dünne versuchte, ihm im Gerangel seine Pistole abzunehmen.
Erneut fiel ein Schuss. Der Dünne stürzte blutend nieder und kam auf Jans Gegner zu liegen. Statt weiter nach seinem eigenen Messer zu angeln, griff Jan nach dem des Toten und stieß es seinem Gegner seitlich in den Hals. Mit aller Kraft befreite er sich von den beiden Leblosen, sprang auf und schnappte seine Kesse Grete.
Als er sich wieder umsehen konnte, sah er, wie Till, der noch am Boden lag, seine Pistole auf den Mann mit dem Jungen anlegte. Er drückte ab und verfehlte, woraufhin der andere herumfuhr, den Jungen weiter vor sich hielt und seine Waffe auf Till richtete.
Dreißig Schritt und schlechtes Licht. Jan brach kalter Schweiß aus, weil der Schuss für ihn so gewagt war, dennoch zögerte er nicht. Seine Kugel war in der Luft, als Liebhild schreiend auf ihn zugelaufen kam. Hinter dem Kind lief Rieger, mit vor Hass verzerrtem Gesicht. Auch er trug eine Waffe, und diese sah Jan auf sich gerichtet. Bevor er sich fallen lassen konnte, wurde er umgerissen.
Mit gefletschten Zähnen verharrte die Schnauze eines knurrenden Riesenhundes dicht über seiner Kehle. Geifer tropfte auf ihn. Wie hatte er so blöd sein können, Kowatz
zu vergessen? Riegers Schuss hatte sich noch nicht gelöst. Verzweifelt versuchte er, den Kopf so zu drehen, dass er sehen konnte, was
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