Salz und Asche - Roman
schloss, seufzte Schmitt tief. »Hattest recht, Jan. Das führt zu nichts, wenn wir uns mit denen anlegen. Es bleibt dabei, dass ich an den Rat appelliere, so wie ich es vorhatte. Die hohen Herren werden hoffentlich selbst darauf kommen, an der richtigen Stelle nachzuforschen.«
Jan hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass der Rat dies tun würde, wenn er nicht handfeste Hinweise bekam. Doch damit kam er bei seinem Meister nicht weiter. Er würde nicht mit wilden Verdächtigungen vor den Rat treten, hatte Schmitt gesagt. Es blieb also an ihm, die Sache voranzutreiben, und einige Möglichkeiten sah er dazu noch.
Doch zuvor musste er den Abschied von Susanne hinter sich bringen. Sein Gefühl sagte ihm, dass sie auf ihn wartete. Er musste Schmitt nicht sagen, dass er noch etwas vorhatte. Sein Meister nahm es ihm vorweg. »So, ich geh heim. Du hast ja noch was zu tun.«
Jan nickte und blieb noch einen Moment allein vor dem Goldenen Stern stehen. Gerade wollte er sich einen Ruck geben und sich auf den Weg machen, da ging die Tür auf, und Anke kam mit einer Kehrschaufel voll schmutziger Sägespäne aus der Gaststube. »Niehus! Was machst denn du hier draußen? Magst du nicht hereinkommen?« Sogleich machte sie ihm wieder schöne Augen und streckte ihren Busen heraus. Mit einer gezierten Bewegung kippte sie die Späne neben die Treppe.
Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich würde ja gern,
aber ich muss weiter. Grüß Meta. Sie kann ihr Zeug ab morgen Mittag abholen, wenn sie will.«
»Und darf ich auch wieder mitkommen?«
Herrgott, wie sie mit den Augen plinkerte. Was wollte sie bloß von ihm? Sie musste doch gewiss zahlungskräftigere Freier auftun können. »Nimm es mir nicht übel, aber das kannst du halten wie …« Er verschluckte den Rest. Wieder ging die Tür auf, und heraus kam Kowatz. Jan zögerte nicht. »Gesegneten Abend noch«, sagte er und ging mit langen Schritten Richtung Bäckerstraße davon, ohne sich umzusehen. Ein Zusammenstoß mit dem eifersüchtigen Halunken hätte ihm gerade noch gefehlt.
Susanne hatte den Weg zum schiefen Haus bereits halb zurückgelegt, als sie bemerkte, dass die kleine Asche ihr nachlief. Da das Tier keine Anstalten machte umzukehren, nahm Susanne es schließlich auf den Arm und mit ins Obergeschoss des Hauses. Das Kätzchen sollte nicht mit Schmitts Minka aneinandergeraten, falls diese Jan wieder folgte.
Susanne zweifelte nicht mehr daran, dass er kommen würde. Sie hatte das sichere Gefühl, dass er unterwegs zu ihr war. Die ganze vorherige Nacht hatte sie förmlich gespürt, wie er an sie gedacht hatte. In Gedanken hatte sie mit ihm gesprochen und versucht, ihm und sich selbst Mut zu machen. Es mochte sein, dass sie für den Moment Schmitts Worten Folge leisten mussten und sich nicht mehr sehen durften. Aber sie waren beide jung, und die Zeiten konnten sich ändern. Wer konnte sagen, was in zwei oder drei Jahren sein würde?
Susanne hatte das Kätzchen auf den abschüssigen Boden gesetzt, und nun saß es auf seinen Hinterbeinen und haschte nach der Messerscheide, die wie immer an einem
Riemen von ihrem Gürtel baumelte. Einer verspielten jungen Katze zu widerstehen war kaum möglich. Susanne hockte sich hin, neckte und streichelte das kleine Tier und vergaß darüber für einen Augenblick ihren Kummer. Sie dachte daran, wie entzückt sie von ihrer niedlichen kleinen Schwester in ihren ersten Jahren gewesen war, trotz der vielen Arbeit, die sie ihr gemacht hatte. Im Grunde hatte es nie nachgelassen, weder das Entzücken noch die Arbeit. Es war immer beinahe so gewesen, als wäre Liebhild ihr eigenes Kind. Vielleicht hatte sie deshalb mehr Geduld mit ihr als mit Regine. Ihre Mutter hatte Regine weiter als Kind betrachten können. Ihr dagegen fiel das schwer, sie musste sich immer neu dazu zwingen.
Asche wurde des Spielens mit ihr müde und erkundete stattdessen übermütig den Raum. Die Schwalbe tschilpte aufgeregt in ihrer Ecke, obwohl das Nest nicht in Reichweite der Katze war. Susanne stand auf, um Asche wieder einzufangen. Sie entwischte und floh durch den Türspalt nach draußen. Als Susanne ihr folgte, hörte sie Jans Schritte unten im Flur. Er stieg die Treppe empor wie ein alter Mann und bemerkte sie erst, als er die Katze auf der obersten Stufe sah. Das Tier begrüßte ihn mit einem kratzbürstigen Buckel, und er lächelte freudlos. »Treffen wir uns wieder zu dritt?«
»Hast du Minka heute nicht mitgebracht?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich komme
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