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Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 1: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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verstecken müssen, bis die Männer vorbei waren. Das eiskalte Bergwasser schnitt in seine Haut und biß in seine Knochen, gefror jeden einzelnen Muskel. Selbst die größten Anstrengungen vermochten nicht mehr, ihn zu wärmen. Er mußte das nasse Element verlassen, ehe es ihn tötete.
    Fast wäre er mit dem Kopf gegen den Baumstamm gestoßen. Er trieb neben ihm, und Udolf hielt sich daran fest. Eine kleine Pause. Mit mehr akrobatischem Geschick, als er zu besitzen geglaubt hatte, gelang es ihm, seinen Körper längs auf den Baumstamm zu manövrieren. Er paddelte mit den Händen und kam langsam wieder zu Atem.
    Er hatte das Flüßchen erreicht. Die Strömung riß ihn dem nächsten See entgegen. Irgendwo hinter sich hörte er die Stimmen seiner Gegner. Sie stritten wieder, zwei von ihnen beschuldigten die anderen, daran schuld zu sein, daß sie ihn verloren hatten. Die beiden anderen waren der Meinung, daß sie ihn erschossen hatten und er mit dem Ruderboot gesunken war. In der bewölkten Nacht konnten sie ihn nicht sehen.
    Das Flüßchen war gerade breit genug, daß man Baumstämme auf ihm transportieren konnte. Die Strömung war reißend. Er hätte den Grund mit den Füßen erreichen können, doch es wäre unmöglich gewesen, sich gegen die weißen Wasser zu halten. Sie zerrten ihn schnell dahin, doch auch seine Verfolger würden nicht minder schnell vorankommen.
    Die Chancen waren ungerecht verteilt. Einer gegen vier, unbewaffnet gegen bewaffnet, zerschlagen gegen ausgeschlafen, kalt und naß gegen trocken und im Boot sitzend. Wenn man die Sache nüchtern betrachtete, konnte es nur einen Ausgang der Geschichte geben. Gott sei Dank war es nicht seine Art, Dinge nüchtern zu betrachten.
    Er war gespannt, ob Delacroix‘ Ehefrau wieder ihre charmante Zofe dabei hatte. Es war ein zweckloser Gedanke zur Unzeit, doch die Erinnerung an die kecke, blutjunge Schönheit wärmte ihn. Sie war makellos. Ein halbes Jahr zuvor hatte er versucht, sie zu erobern, doch das Mädchen hatte ihn auf Armeslänge verhungern lassen, ohne ihm die Hoffnung zu nehmen, daß sich das sogleich ändern würde. Ein niedliches kleines Luder. Doch die Belagerung hatte ohne Eroberung geendet.
    Er schob den Gedenken an sie von sich. Marie-Jeannette war unwichtig, die zunehmende Geschwindigkeit, mit der sein Baumstamm durch das gischtgekrönte Wasser schoß, schon wichtiger. Er spürte, daß er gleich abrutschen würde, und dann war es auch schon geschehen. Es war nicht möglich, auf dem trudelnden, runden Stamm zu bleiben, während er durch die Strömung schoß.
    Er sank. Einen Augenblick lang fürchtete er, der Baumstamm könne ihn treffen und bewußtlos schlagen. Dann würde er ersaufen. Doch er kam neben dem Stamm wieder hoch und versuchte, sich daran festzuhalten. Seine Füße schleiften über den Grund, doch die Fluten rissen ihn weiter.
    Seine Hände glitten vom feuchten Holz ab, zu kalt, um noch etwas zu spüren. Das Wasser schlug erneut über ihm zusammen, drang in seine Nase. Er kämpfte sich wieder an die Oberfläche, speiend und keuchend. Der Baumstamm war jetzt vor ihm, außer Reichweite. Vielleicht konnte er ihn einholen, wenn er erst den nächsten See erreichte und ihn die wilde Strömung nicht mehr trieb.
    Er war kaum zu glauben, daß es ihm gelungen war, sich so lange auf dem rollenden Holz zu halten. Eine ganze Schar von Schutzengeln mußte das beschäftigt gehalten haben, und nun ruhten sie sich aus.
    Im Dunkel der Nacht hörte er, wie das Boot mit seinen Verfolgern näher kam. Die Stimmen waren deutlich zu vernehmen.
    „Er ist tot. Ich habe ihn in den Rücken getroffen.“
    „Ich möchte ungern Ihre Schießkünste anzweifeln, doch ich meine, zum einen war es dunkel, und zum anderen sah es mir so aus, als ob er schon vor dem Schuß mit dem Boot gekentert ist.“
    „Wo ist er dann jetzt?“
    „Irgendwo. Er kann überall sein. Er könnte direkt hinter uns schwimmen. Oder hinter dem Baumstamm dort.“
    Leutnant von Görenczy ließ sich erneut unter Wasser sinken. Als er die Luft nicht mehr länger anhalten konnte, tauchte er wieder auf. Das Boot war über ihn hinweg geglitten. Die Männer debattierten immer noch.
    „Er kann nicht zwei Seen durchschwimmen. Das schafft niemand. Es ist zu verdammt kalt. Er wird ertrinken. So oder so, er ist tot, oder so gut wie.“
    Der Mann hatte verdammt noch mal Recht. Leutnant von Görenczy konnte seine Gliedmaßen nicht mehr spüren. Die Kälte hatte von seinem Leib Besitz ergriffen und faßte

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