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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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einfach zu leiten. Sie gaben ihrer dunklen Seite gerne nach.
    Es gab unterschiedliche Arten, ihn zu rufen, doch am liebsten war es ihm, wenn man ihm ein Menschenopfer darbot. Er erfreute sich an der Angst der lebenden Kreatur, badete im Schmerz des langsamen Sterbens. Er hielt ihre Seelen fest, ließ sie nicht ihren Weg gehen, dorthin wo Seelen gemeinhin strebten. Er sammelte Seelen und behielt sie als Spielwerk.
    Er zog junge Erwachsene Kindern vor, doch aus irgendwelchen Gründen gaben seine Anhänger ihm meistens Kinder. Kinder starben viel zu schnell. Sie hatten nicht den Bezugsrahmen, Schrecken und Schmerz schon vorauszuahnen, noch bevor diese Wirklichkeit wurden. Die Erwartung des Grauens jedoch war etwas Wundervolles. Er entfaltete seine größte Wirkung, wenn die Angst selbst das erwartete Grauen vergrößerte und das Unheil von einem wahrlich grausamen zu einem gänzlich unerträglichen werden ließ. Junge Erwachsene litten mit Stil.
    Kinder reichten nicht lange genug.
    Er hatte sich Zeit genommen mit dem Jungen, sich langsam in die bebende Seele einfließen lassen, hatte auf mehr Angst und mehr Schmerz gehofft, als das halbbetäubte Kind zu empfinden fähig war. Sein Herz hatte er berührt und ihm seine Krallen ins Sein geschlagen, die Kinderaugen verbrannt, um selbst aus ihren Höhlen blicken zu können. Sein Zeichen hatte er im Inneren des Jungen hinterlassen, ihn stärker gemacht, damit er dem Tod gegenüber widerstandsfähiger war und nicht so schnell erlosch.
    Dann hatte man ihn ausgetrieben. Das hätte nicht geschehen dürfen. Die Feinde waren schnell und entschlossen. Er hätte sich gleich gegen sie wenden müssen. Statt dessen hatte er zugesehen und die Verwüstung genossen, die sie unter seinen unwürdigen Beschwörern anrichteten. Das war ein Fehler gewesen.
    Das Kind war also nun ein Mann. Kein Akolyth, kein Gefolgsmann, doch ein Mann voller brennender Gefühle, größer und stärker als die meisten anderen. Härter und harscher ebenfalls, ein Mann, der getötet hatte, ein Kämpfer und Krieger. Einen Augenblick lang hatte er seine eigenen Augen aus ihm zurückblicken sehen.
    Der Mann war sein. Mehr, er war seine Verbindung zur Welt. Er mußte ihn nur finden.
    Ihn finden. Das war leicht. Er war gezeichnet und hinterließ eine deutliche Spur fort von jenem Ort, an dem Menschen nie hätten sein dürfen. Er hatte das Land jenseits seiner Welt betreten und sich dort selbst gesehen. Keine nette Überraschung. Die Zerstörung lächelte.
    Des Menschen Angst war eine Wohltat. Sein Haß war Ambrosia, seine Angriffslust der Brennstoff für die Flammen, die den Mann schließlich selbst verzehren würden. Endlich ein würdiges Opfer. Ein guter Körper, den man besetzen und übernehmen konnte, der langes Leiden ertragen und mit gleicher Kraft weitergeben würde.
    Er hatte sein Opfer nicht verloren, nur aufgeschoben. Er würde es erstürmen und spüren, wie es unterlag.
    Oder wäre es eine noch größere Freude, ihn still und leise zu übernehmen? Sanft und schleichend in die vernarbte Seele zu dringen und den Mann unsichtbar auf neue Wege zu lenken? Eine große Herausforderung.
    Es wäre schwierig gewesen, wenn er zu einem Mann innerer Ruhe und Gefaßtheit herangewachsen war. Doch das war er nicht. Die Spur seiner Empfindungen zog sich lodernd durch Zeit und Raum. Der Junge, der einst auf dem Altar gelegen hatte, das Opfermesser schon teilweise in der Brust, war zu einem Mann wilder Emotionen herangereift. Die Menschen hatten die Zivilisation erfunden, um solche wie ihn in Schach zu halten.
    Liebe war schwach und zart, leicht zu zerstören. Haß lebte ewig. Liebe konnte schwinden oder sich ins Gegenteil umkehren. Sie gewährte nur eingeschränkten Schutz.
    Freilich konnte er sie alle auch gleich zerstören. Er würde ihre größten Ängste aus ihren Gehirnen picken und über sie kommen lassen. Menschen waren so einfallsreich, daß das Furchtbare, das sie sich selbst vorstellen konnten, furchtbarer war als das, was er ihnen von sich aus antun mochte. Er verließ sich gern auf ihre Kooperation.
    Er konnte und würde sie ihre schlimmsten Ängste bekämpfen lassen, damit sie sich eines scheinbaren Sieges sicher waren. Doch er mußte die Spur wiederfinden. Er folgte dem schimmernden Rückstand aus brodelnden Gefühlen, die auf seinen Weg gestreut waren wie Blumen vor einem Hochzeitspaar.
    Liebe? Liebe hatte ihn nie behindert.

Kapitel 31
    Sie traten alle nach vorne, um Corrisande zu fangen, während sie fiel, doch

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