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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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die fünf deutlich sehen. Die Alte wurde zur eleganten Matrone. Sehr schön mußte sie einmal gewesen sein. Die Jungfrau war ein zerlumptes, zerschundenes Mädchen in einer Stola, und die Mutter war die Frau, die ihm gehörte.
    „Vorsicht, Delacroix. Das ist vielleicht ein Trick!“ mahnte McMullen.
    Kein Trick. Er steckte das Messer mit einer schnellen Bewegung ein und sah das Wesen an, das ihm an der ganzen Versammlung einzig wichtig war. Ihre Blicke trafen sich. Sie ließ die anderen los, trat auf ihn zu und schenkte ihm ein Lächeln, welches ihn beinahe vergessen ließ, daß er nicht allein mit ihr war.
    Noch einen Schritt tat sie, dann schien sie etwas zur Seite zu ziehen. Wie eine Marionette bewegte sie sich, sträubte sich gegen eine Übermacht, verlor die Richtung, als bliese der Sturmwind sie wie ein Spielzeug in eine andere, in die sie nicht wollte. Er konnte den inneren Kampf auf ihren Zügen sehen, auch ihre Angst und Verzweiflung darüber, daß sie gegen eine Gewalt verlor, der sie nichts entgegenzusetzen hatte.
    Er begriff, daß der Feyon neben ihm sie zu sich zog, ihr keine Wahl ließ, sie für sich beanspruchte. Delacroix’ Haß flammte auf wie ein Buschfeuer, loderte weit. Er wandte sich dem Feyon zu.
    In diesem Moment rollten die Augen seiner Frau hoch, und sie fiel wie ein Stein zu Boden.

Kapitel 30
    Die Fährte verflog, und er brüllte vor Wut. Der Schrei des Hasses hallte wider von den Knochen der Erde. Der Leitstrahl war erloschen, das Feuer von Zorn und Wut, das ihn geführt hatte, das nach ihm rief und seine Wut in sich aufnahm. Einen Augenblick lang hatte er ein Auflodern verspürt, hatte die Seele, die ihm gehörte, oder doch so gut wie ihm, klar fassen können. Im nächsten Moment waren die Flammen gelöscht, vergingen in dem widerlichsten aller menschlichen Gefühle, der Liebe.
    Liebe, Fürsorge und Verantwortung warfen ihn aus seiner Bahn, traten ihn von seinem Pfad. Sein Weg verfestigte sich, und er mußte sich zum ersten Mal damit befassen. Fels, Höhlen, Stein, Salz. Er haßte Salz. Dessen Reinheit nagte an ihm. Wasser haßte er genausosehr, die geistlos seelenbefrachtete Macht, die sich nicht dem Haß hingeben konnte und doch ihre ganz eigene Zerstörung in sich trug.
    Diesmal war es kein Tempel. Das war ungewöhnlich. Er war im Abgrund der Zeit begraben, und nur die Eingeweihten wußten ihn zu beschwören. Deren liturgische Gesänge hörte er von einem Auferstehen zum nächsten. Das Singen gab ihm sanfte Agonie, die Stimmen riefen nach ihm, zogen an ihm mit klanglichen Haken, die sie ihm in das Sein setzten. Die Klänge waren immerwährend. Die Sänger sangen dies außerhalb ihrer eigenen linearen Zeit. Die Musik baute eine Brücke. Die Zeit formte die Barriere zwischen ihm und ihnen, doch diese Barriere wußten sie zu überwinden. Dann luden sie ihn zum Mahl.
    War er erst frei, so wußte er, was zu tun war. Er wußte auch, wen er schonen mußte, die nämlich, die ihn erneut würden rufen können und ihm die Welt als Opfer für seinen Blutdurst vor die Füße legten.
    Er kannte auch den Klang der Beschwörung, die ihn wieder bannte. Er wußte um die schwächlichen Versuche, ihn zu beherrschen oder ihn immerhin zu erneutem Warten zu zwingen. Schwache Menschlein mit schwachen Gebeten, die tatsächlich glaubten, es wäre allein ihre Kunst, die ihn bannte. Was wußten sie schon? Manche von ihnen mochten auf Bruchstücke der ultimativen Wahrheit gestoßen sein, der Wahrheit, die die Regeln setzte; die Regeln, die das Leben eines jeden Lebewesens auf den Welten definierten, egal ob elementar oder aus Fleisch und Blut.
    Menschen waren wundersame Wesen. Sie verfügten über das gesamte Potential, das sie zu Zerstörern machen konnte. Sie brauchten kaum Hilfe dabei, doch er gewährte sie ihnen nur allzu gerne. Sie haßten aus nichtigen Gründen, verachteten aus noch nichtigeren und fügten sich Schaden zu, aus Freude daran. Sie jagten ihre eigenen Mitmenschen mit jeder Waffe, die sich ihr erfindungsreicher Geist nur ausdenken konnte. Das taten sie mit soviel Inbrunst, daß die meisten seine Existenz gar nicht wahrnahmen, und die wenigen, die um ihn wußten, teilten sich in die, die ihn riefen, und die, die ihn bannen wollten.
    Doch er hatte immer Zeit, das zu tun, was er am besten konnte. Er spürte sein eigenes Gelächter in sich aufbrausen, wenn er daran dachte, daß die Beschwörer glaubten, ihn im Griff zu haben. Im Griff hatte man ihn nicht. Er hatte sie im Griff. Menschen waren

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