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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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lebt“, zischte Delacroix. „Einen Gott hat man ihn geheißen. Einen falschen Gott nach der Definition der Kirche, die mich erzogen hat. Doch allemal furchteinflößender als ein höflicher junger Mann, der sich als Vampir herausstellt, oder ein unhöflicher, dem auf einmal das durchlauchte Wasser bis zum Halse steht – wenn Sie mir die Anspielung verzeihen wollen. Ich verstehe, daß Sie lieber schwimmen gehen möchten als mit uns zu kämpfen. Ich verstehe sogar Ihr Interesse an meiner Frau, niemand besser als ich. Doch wenn Sie nicht …“
    McMullen hob die Hand.
    „Etwas nähert sich!“ Die Männer wurden still. Ian deutete auf die gegenüberliegende Wand, streckte seine Krallen danach aus. Unwillkürlich traten sie alle einen Schritt zurück, der Feyon mit den Männern gemeinsam, und formierten eine dürftige Schlachtreihe gegen einen Feind, der ein Gott sein mochte oder etwas Ähnliches.
    „Soweit zur Lagebesprechung“, flüsterte Delacroix wütend.
    „Deine Wut zieht ihn hierher, Soldat“, erklärte der Feyon mit einer kläglichen Spur Besserwisserei in der Stimme.
    „Dann machen Sie mich nicht wütend, Fischgesicht“, gab Dela-croix zurück und nahm sein Messer in die Hand.
    „Planst du, einen ‚Gott‘ mit einem Zahnstocher zu bekämpfen?“ fragte der Sí.
    „‚… wenn tiefe Pläne scheitern, – und das lehr ’ uns, daß eine Gottheit unsere Zwecke formt‘ “ murmelte Delacroix, „‚wie wir sie auch entwerfen.‘ “
    „Pah – und dieser Mensch wirft mir vor, ich sei kryptisch!“ wisperte der Fürst des Wassers zurück.
    McMullen bedeutete ihnen, still zu sein.
    „‚Der Rest‘, meine Herren, ‚ist Schweigen.‘ “
    Sie starrten gebannt auf die Wand, auf die Ian gedeutet hatte. Der Fels begann zu vibrieren. Delacroix hielt den Dolch vor sich, obgleich er wußte, daß es eine sinnlose Geste war. Die Erinnerung an jenen Augenblick in seiner Kindheit flammte auf. Er hatte auf dem Opferstein gelegen, und ein dunkler Götzendiener hatte ihm millimeterweise die Klinge in den Körper gestochen. Die Macht des Götzen hatte er in sich gespürt, seine finstere Sehnsucht, seinen unbefriedigten, gierigen, brennenden Haß.
    Diesmal würde ihn niemand vom Opferstein heben. Auf der Wendeltreppe im Berg hätte sein Tod vielleicht noch etwas genützt. Daß McMullen über genug arkane Kräfte verfügen würde, die Kreatur zu bekämpfen, glaubte er nicht, und der Wassermann mochte sich überheblich und herablassend geben, doch auch er fürchtete sich. Delacroix konnte es spüren, und es machte ihn nicht fröhlicher.
    Langsam begann Wasser aus den glitzernden Felsen zu tröpfeln, rieselte daran herab wie farbloses Blut. Aus einer Stelle, etwas über mannshoch, strömte dunkler Wasserdampf als Kaskade in die Höhle. Dunst bedeckte den Boden, wogte ihnen entgegen wie Nebel an einem kalten Tag. Im nächsten Moment würde er sie berühren, und Delacroix untersagte es sich zurückzuweichen. Wenn er kämpfen wollte, brauchte er Platz dafür. Der Ausgang des Kampfes mochte vorherbestimmt sein, doch in einem solchen Moment zeigte man keine Schwäche. Nur noch gut zu sterben war wichtig.
    Neben sich spürte er die starke Präsenz des nackten Feyons und fragte sich, ob dieser in einem Kampf gegen die Zerstörung selbst auch untergehen konnte, oder ob er nur nicht verschwunden war, um nicht sein Gesicht zu verlieren. Er nannte McMullen und ihn so gerne Sterbliche. War er selbst unsterblich? Delacroix bezweifelte es. Die Bruderschaft hatte viele Sí umgebracht. Sie lebten lang und waren schwer zu töten, doch unzerstörbar waren sie nicht.
    Nun verschwand die Präsenz des Sí im Hintergrund wie Schatten in der Sonne. Lief er davon? Ließ er sie allein mit einem Feind, den sie nicht besiegen konnten? Oder gehörte dies zu einer Strategie?
    Ein Wesen formte sich aus den wirbelnden Schleiern vor ihnen. Fangarme. Sie wandelten sich in Arme. Eine Vielzahl von Augen blickte durch den Dunst, grau, grün, braun, schwarz und blau. So blau.
    „Corrisande!“
    In seiner Vision sah er sie dort stehen, Hand in Hand mit einer seltsamen Gruppe Leute. Seine ehemalige Liebhaberin war mit dabei, Graf Arpad und auch die junge Frau, die bei Leutnant von Orven gewesen war, und schließlich eine würdevolle Dame um die fünfzig. Eben noch waren sie etwas anderes gewesen, eine steinalte Muhme, eine junge Mutter, die Leben in sich trug, und eine strahlende Jungfer, der Frühling selbst.
    Die Nebel lichteten sich, und nun konnte er

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