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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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verschiedenen Rassen habe, und keiner davon kann helfen? Was sind Ihre Kräfte denn wert, wenn Sie nichts tun können? Verdammt! Es muß doch irgend etwas geben.“
    Die Stille, die sich daraufhin über die Gruppe senkte, war eisig. Delacroix sprach wieder den Sí an.
    „Können Sie sie wecken? Kann ich mit ihr reden?“ Die Stimme war nur noch ein Knurren, und Charly begann, ihn zu fürchten. Er wirkte wild und brutal. Er würde sie alle dafür büßen lassen, daß sie nicht besser auf Corrisande achtgegeben hatten. Arpad schüttelte den Kopf.
    „Das können Sie nicht wollen. Sie wollen Sie doch nicht zu solchen Schmerzen ins Bewußtsein zurückholen. Lassen Sie sie entschlafen. Verabschieden Sie sich!“
    Der dunkle Hüne vergrub sein Gesicht in die Schulter seiner Frau. Der Junge neben dem Magier begann zu sprechen.
    „Das Wasser will sie aufnehmen“, sagte er, und seine Stimme klang anders als sie in den Höhlen geklungen hatte, jung und hell und ein wenig träumerisch. „Sie kann im Wasser überleben, es lädt sie ein.“
    Jeder starrte den Jungen an. „Was meinst du damit?“ fragte Delacroix. Er klang scharf, voller unterdrückter Wut. „Meinst du damit diesen grünhaarigen, unverschämt…“
    „Nein“, unterbrach Arpad. „Wasser hat ein Eigenleben. Wasser bedeutet Leben. Es steht für den Lebenskreislauf, und Ihre Frau ist zum Teil ein Wasserwesen. Sie kann zurück ins Wasser finden.“
    „Sie wird überleben?“ Er klang hoffnungsvoll.
    „Nicht so, daß Sie es als Leben erkennen könnten“, erwiderte der Vampir. „Wasser ist kein Einzelwesen – und doch letztlich eigenständig. Sie würde Teil davon werden. Ihr einzigartiges Wesen würde sich auflösen in der Gesamtheit des Wassers. Sie würde sich selbst verlieren, ihre Identität, alles, was sie ist und was Sie an ihr lieben, wäre dahin. Vielleicht würde in Jahrzehnten oder Jahrtausenden ein Wesen wie sie neu geboren. Doch für Sie, Dela-croix, wäre sie genauso verloren und gestorben. Tun Sie es nicht, Delacroix. Sie wollte nie etwas anderes sein als ein Mensch. Lassen Sie sie als Mensch sterben.“
    „Sie würde aber doch weiterleben“, insistierte der Junge.
    „Woher weißt du das?“ fragte der Meister. „Ich dachte, der Sí hätte dich freigegeben?“
    Der junge Mann zuckte die Achseln. „Ich weiß es einfach. Ich kann die Stimmen hören.“
    Der Meister sah ihn still an. Niemand sprach. Schließlich brach der Junge wieder die Stille.
    „Sie müssen es jetzt tun“, sagte er. „Gleich stirbt sie.“ Er klang gefühllos. Doch er hatte recht. Man brauchte keine übersinnliche Wahrnehmung, um zu es sehen.
    „Tun Sie ’ s nicht, Delacroix!“ warnte Arpad noch einmal, und Charly erinnerte sich, wie das Wasser an ihr gezerrt und ihn beinahe für sich behalten hatte. Es war eine brutale, gewaltsame Macht mit einem eigenen Willen und mit weitaus mehr Kraft, als man sich im entferntesten vorstellen konnte. Tun Sie ’ s nicht, wollte sie dem Mann auch sagen. Sie könnten das rücksichtslose Etwas, zu dem sie wird, nicht lieben.
    Doch sie hatte kein Recht, sich einzumischen. Der große Mann stand auf, seine Frau in den Armen. Nur wenige entschlossene Schritte brachten ihn an den Weiher. Einen Augenblick später stand er bereits hüfttief im kalten Wasser. Der Körper in seinen Armen hatte aufgehört zu zucken, doch noch konnte man sie röcheln hören. Er hob seine Frau hoch, küßte sie auf die Stirn und bettete sie dann sanft auf die Wasseroberfläche wie auf ein Brautbett. Einige Augenblicke hielt er sie so, dann ließ er los, und sie sank.
    Der Kammersee wurde dunkelrot, und die kleinen Wellen, die an das felsige Ufer schlugen, waren plötzlich undurchsichtig. Sekunden später war das Wasser wieder klar wie zuvor. Corrisande war verschwunden.
    Der Mann stand eine Weile in den eisigen Fluten, ohne sich umzudrehen. Seine Arme hingen zur Seite hinunter, seine Finger streichelten über die Wasseroberfläche. Niemand sprach.
    Langsam drehte sich Delacroix um. Keine Emotion lag auf seinen Zügen, kein Gefühl, kein Schmerz, keine Trauer, kein Kummer. Wie eine Maske wirkte das Gesicht, hart, kantig, nur die gelben Augen brannten unter den geraden, strengen Brauen. Eine steile Falte zog sich zwischen seinen Augen hoch über die Stirn. Eisige Entschlossenheit war alles, das Charly erkennen konnte, und einen Moment lang hatte sie Angst, er würde sie angreifen. Doch er schien sie gar nicht wahrzunehmen. Die Schuld, die sie selbst fühlte,

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