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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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erreichte ihn nicht.

Kapitel 43
    Arpad hielt seine beiden Lieben im Arm, das Gesicht der Sängerin war zu einer ähnlich unnahbaren Maske gefroren wie das Delacroix’. Frau Treynstern hatte ihr Gesicht in seiner Schulter vergraben. Charly lag noch immer auf den Knien, versuchte, ihre blutigen, klebrigen Hände an den Resten ihres Gewandes abzuwischen. Irgend jemand sollte etwas tun, um dem Mann zu helfen, fand sie. Doch sie wußte, daß niemand ihm helfen konnte. Er war jenseits von freundlichem Mitgefühl, eingefroren irgendwo zwischen eisiger Fassung und plötzlichem Racheausbruch, und sie wäre am liebsten weggelaufen, um sich vor ihm zu verstecken. Doch sie fand nicht genug Entschlußkraft, auch nur aufzustehen oder sich zu rühren.
    Statt dessen sprach sie ihn an.
    „Sie hat noch Ihren Namen gesagt“, murmelte sie. „Sie hat Ihren Namen gesagt und Sie um Vergebung gebeten.“
    Er starrte sie an, als sähe er sie zum ersten Mal, und dann lief er los, rannte den Weg zurück, den er gekommen war, auf die Höhle zu. Charly begriff, was sein Ziel war. Sie sprang auf und hetzte ihm nach, bevor noch einer der anderen verstand, was geschah.
    Er war ganz ungewöhnlich schnell, und es war schwierig, ihm über die unebenen Felsen hinweg zu folgen. Wie ein Zirkusathlet setzte er über Hindernisse hinweg. Seine Geschwindigkeit verlieh seiner massigen Gestalt zusätzlichen Schwung, und seine Entschlossenheit trieb ihn an. Wasser sprühte aus seiner Kleidung.
    Doch Charly war nicht minder entschlossen, auch wenn sie nicht hätte sagen können, was sie da tat und warum. Sie wußte nur, daß sie verhindern mußte, was nun geschehen würde, denn ein weiterer Tod würde niemandem mehr helfen. Vielleicht verdiente der blonde Mann, der sie so sehr verachtete, für seinen Verrat ja den Tod, doch er mußte Gelegenheit erhalten, die Fragen zu beantworten, die sich ihr in ihren Kopf gruben. Warum hatte er das getan? Sie wollte eine Antwort, eine Lösung, irgendeine plausible Logik. Und sie wußte, daß der Engländer nicht mehr daran interessiert war. Was er wollte, war Rache.
    Sie war vollkommen außer Atem, als sie den Eingang zur Höhle erreichte, doch sie lief weiter, obgleich ihre Beinmuskeln brannten und ihr die Knie vor Erschöpfung weich waren. Sie hatte Seitenstechen, rang nach Luft, zwang sich aber dennoch weiter.
    Einige schmerzhafte Sekunden später war sie in der großen Höhle. Hier lagen blutige Leichname, und die Atmosphäre roch noch nach Gewalt und Tod. Der ihr inzwischen so vertraute Geruch von Blut schlug ihr entgegen, vermischte sich mit einem Duft wie von einem Gewitter. Wenn das Böse einen Geruch hatte, dann mußte es genauso riechen.
    Mr. Fairchild stand im Zentrum der Höhle, blickte um sich wie ein Raubtier. Er hatte sich zur Seite gewandt und sah in einen Tunnel. Seine Nasenflügel vibrierten. Seine großen, knochigen Pranken zuckten. Wie ein Tiger vor dem Sprung sah er aus, jeder einzelne Muskel war angespannt, bereit zur Vergeltung. Seine Zähne hatte er zu einem Knurren entblößt. Gelbe Augen brannten hell.
    Eine Gestalt kam aus dem Tunnel. Asko. Verwirrt sah er aus, schwankte etwas unsicher auf den Füßen, fast wie ein Betrunkener. Sein blondes Haar war ordentlich gekämmt, seine Jacke saß adrett, seine Krawatte war akkurat gebunden, und er wirkte so gänzlich deplaziert im Szenario des blutigen Schlachtfeldes, als käme er aus einer anderen Wirklichkeit. Er hielt an der Tunnelmündung inne, blickte verdattert direkt auf den großen Mann vor ihm.
    „Was um Himmels willen …“
    Der Engländer ging ohne Vorwarnung auf ihn los, seine Hände wie Waffen nach vorne ausgestreckt. Charly warf sich zwischen ihn und von Orven, so schnell, daß ihre provisorischen Röcke flogen.
    „Nein!“ schrie sie dem furchteinflößenden Rächer zu. „Sie müssen ihn erklären lassen. Es muß einen Grund geben …“
    Delacroix’ große Hände waren mit einem Mal um ihren Hals gelegt, und er drückte jedes weitere Wort weg. Ihr Blick schnellte hoch in seine gelben Augen, und sie konnte kein Erkennen oder Begreifen darin ausmachen, nur unendliche Wut und Zorn, blinden Rachedurst. Im gleichen Augenblick wußte sie, daß er mit diesen rieseigen Pranken schon mehr als einmal getötet hatte. Er brachte sie um. Sie versuchte zu atmen, doch keine Luft kam durch ihre Luftröhre, kein Klang aus ihrem weit offenen Mund. Sie krallte sinnlos nach seinen Handgelenken, dann nach seinem Gesicht, nach seinen Augen. Sie sah

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