Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Damen beobachteten nun die Reiter, die hintereinander ritten, fast verborgen vom Gebüsch und Gesträuch des Ufers. „Wir würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen, Charlotte. Sie werden die Poststation auf alle Fälle vor uns erreichen. Doch vielleicht ist der Ladnerwirt ja nicht ihr Ziel. Noch können sie nicht gut wissen, daß wir uns dorthin begeben haben. – Vielleicht sind sie sogar auf unserer Seite? Die Hilfe, die Leutnant von Görenczy geschickt hat? Ich denke, Mr. Fairchild wird schon das Richtige tun, ohne sich verdächtig zu machen. Vielleicht reiten sie weiter. Vielleicht ist ihr Ziel die Höhle? Auf dem Rückweg werden sie gefährlicher sein – vorausgesetzt, sie vermuten Sabotage.“
Das ergab durchaus einen Sinn. Doch Charly war dennoch besorgt. Sie sah zurück auf das Gasthaus am See, wie es sich zwischen Fluten und Bergen eingekuschelt hatte. Klein sah es aus und irgendwie verwundbar. Doch es war auch Teil der Landschaft, gehörte hierher, sah aus, als hätte es immer schon dort gestanden. Zwischen Wasser und Stein, beschützt durch die Fey dieser Gegend.
Sie sah die klein gewordene Gestalt am Ufer. Der Mann war so mit seiner Trauer beschäftigt, daß er nicht einmal in die Richtung der nahenden Reiter sah. Möglicherweise hatten die Reiter die beiden fehlenden Männer des Teams dabei. Die würden Delacroix möglicherweise erkennen als ihren ehemaligen Gefangenen. Sie mußte etwas tun.
Sie versuchte, im Boot aufzustehen, und der Ruderer schimpfte lautstark auf sie ein, als der schmale Nachen wild zu schaukeln und schlingern begann. Ängstlich setzte sie sich wieder. „Es muß doch eine Möglichkeit geben, ihn zu warnen!“ rief sie aus.
Frau Treynstern schüttelte den Kopf. „Es ist zu weit, um zu rufen. Und auch zu weit, um zurückzurudern. Unterschätzen Sie Mr. Fairchild nicht. Er scheint mir nicht die Art Mann zu sein, die man einfach übertölpeln oder überraschen kann.“
Charly verstand, daß Ihre Freundin ihr Mut zusprach, den sie selbst kaum hatte. „Aber Frau Treynstern, wir müssen etwas tun! Arpad wird vor Sonnenuntergang nicht besonders stark sein, Mr. McMullens Neffe ist vermutlich überhaupt keine Hilfe, und obgleich Mlle. Denglot eine sehr beeindruckende Dame ist und ich sie wirklich sehr bewundere, glaube ich doch nicht, daß sie es mit einer ganzen Kavallerieeinheit aufnehmen kann.“
Ihre Freundin strengte ihren Blick an, um mehr erkennen zu können. „Ein ganzes Regiment scheinen sie nicht zu sein, nur eine Handvoll Reiter. Ich kann es nicht genau sehen, aber es scheinen nicht mehr als zehn zu sein.“
„Glauben Sie, Mr. Fairchild könnte zehn Gegner allein besiegen?“
„Ich glaube, Mr. Fairchild wird es nicht versuchen. Soldaten in einem fremden Land zu töten würde ihm das Leben erheblich erschweren. Ich bin mir sicher, daß er so gerissen ist, wie er stark ist. Er wird sie vorbeilassen und gewappnet sein.“
„Aber bis jetzt hat er sie noch nicht einmal bemerkt. Oh, ich wünschte, ich könnte etwas tun, um ihn darauf aufmerksam zu machen. Arpad könnte ihn sicher die Gefahr spüren lassen.“
Frau Treynsterns graue Augen blickte sie direkt an.
„Charlotte, Sie waren doch Arpad so eng verbunden, als Sie mit ihm durch die Dunkelheit liefen. Versuchen Sie, seine Gedanken zu erreichen.“
Charlotte starrte ihr Gegenüber an. „Aber das kann ich nicht.“ klagte sie. „Ich weiß nicht, wie. Ich habe es nie gekonnt. Alles, was ich zu tun hatte, war, mich bereitzumachen und zu öffnen. Das war schwierig genug, und er ...“ Sie hielt inne, konnte sich an die Invasion seines starken Willens noch zu gut erinnern. „Ich kann es nicht“, sagte sie noch einmal. „Ich weiß nicht, wie es geht.“
Sie merkte, daß sie zitterte. Plötzlich spürte sie, wie ihre Fassung, ihre ganze Schicksalsergebenheit sich in nichts auflösten und ihre Selbstkontrolle ins Wanken brachten. Sie wollte nach Hause. Sie wollte in ihrem Zimmer sein, in ihrem Bett, mit der Decke überm Kopf. Sie wollte aufwachen in dem Bewußtsein, nur schlecht geträumt zu haben. Sie wollte aufgeben, sich endlich gehenlassen und weinen und schreien und sich der vollkommenen Hysterie hingeben.
„Pst. Kind! Ich wollte Sie doch nicht ängstigen.“ Die Stimme der Begleiterin klang besorgt, und ihr Blick war mütterlich und fürsorglich. Vielleicht spürte sie, daß der Damm der Emotionen zu brechen drohte. „Geben Sie mir Ihre Hand. Atmen Sie tief durch. Es empfiehlt sich zur Zeit wirklich nicht,
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