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Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Salzträume 2: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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verschwand den Korridor hinunter.
    „Marie-Jeannette!“ rief Udolf unwillkürlich noch einmal und fühlte sich wie ein Bettler und ein Dieb. Sie kam nicht zurück. Er hatte sie verloren. Sie war fort – für immer.
    Kurz danach waren sie losgeritten, und nun waren sie schon eine Weile auf dem Weg. McMullen hatte ihre Nachtsicht erhöht, und sie ritten bei Sternenschein durch die Berge. Er konnte die Straße klar erkennen. Die Herbstbäume reckten ihre Arme gegen das dunkle Firmament. Ein kalter Wind pfiff durch ihre Mäntel. Doch wenigstens regnete es nicht. Regen hätte irgendwie gepaßt. Die Nacht war ganz nutzlos klar und schön.
    Keiner von ihnen sprach. Sie konzentrierten sich darauf, schnell durchs Dunkel zu kommen. Zu mehr waren sie alle zu müde. Der Meister und Udolf waren zum Umfallen erschöpft, und Asko schien von irgendeinem Problem innerlich aufgefressen zu werden. Vielleicht lastete Mrs. Fairchilds Tod schwer auf seinem ritterlichen Gewissen.
    Marie-Jeannette hatte er nicht wiedergesehen. Es war auch nicht wichtig, sagte er sich immer wieder. Besser so.
    Dennoch wünschte er sich, er hätte sie in den Arm genommen. Er hätte sie trösten müssen wegen ihres Verlustes. Irgend etwas Nettes hätte er sagen müssen. Danken hätte er ihr müssen und sie zum Abschied noch einmal küssen. Wenigstens einmal noch hätte er in das überwältigend schöne Antlitz blicken sollen.
    Es wurde ihm mit einem Schlag bewußt, daß er nie mehr ein Mädchen finden würde, daß ihr an Schönheit und Anmut gleichkam. Den Rest seines Lebens würde er Frauen mit ihr vergleichen. Seinen Helden hatte sie ihn genannt.
    Sie mußte gewußt haben, daß es so enden würde. Es endete nie anders, nicht in den Kreisen, in die er geboren worden war und in denen er lebte. In einer Welt von Herren und Dienern gab es Grenzen, die es einzuhalten galt. Hielt man sie nicht ein, so kostete es einen die Familie, das Ansehen und die Karriere. Nur für ein hübsches Mädchen.
    Das hübscheste Mädchen der Welt.
    Er schlug auf dem Boden auf und fluchte. Verdammt, er war vom Pferd gefallen. Das war ihm nicht mehr passiert, seit er ein Junge gewesen war. Chevaulegers fielen nicht vom Pferd, sofern man sie nicht herunterschoß, und manche ritten auch dann noch weiter.
    Während er seine Knochen aufsammelte, zusammen mit seinen Gedanken und seinem lädierten Stolz, stiegen Asko und der Magier ab, um ihm zu helfen.
    „Tut mir leid“, entschuldigte er sich betreten. „Weiß nicht, wie das passieren konnte. Muß wohl eingenickt sein.“
    „Sie sind völlig ausgebrannt, Junge“, sagte der Magier und klang besorgt. „Die letzten Tage waren nicht freundlich zu Ihnen. Glauben Sie, Sie können weiter?“
    Udolf reckte sich in eine aufrechte Position.
    „Mir geht ’ s gut. Danke“, erwiderte er steif. „Ich hatte wirklich genug Schlaf – vor zwei Tagen. Geschlafen wie ein Stein. War ein Stein, genauer gesagt. Verflucht irritierendes Erlebnis. Erzähle ich Ihnen später einmal.“
    „Eben bist du vom Gaul gekippt wie ein Stein“, sagte Asko. „Du bist angeschossen. Bitte sag uns lieber jetzt, wenn du nicht weiterkannst. Du bist uns keine Hilfe, wenn du in einem Kampf umkippst, wenn wir uns gerade auf dich verlassen.“
    „Mir geht ’ s gut“, wiederholte Udolf beleidigt. „Ich war nur abgelenkt.“
    Der Meister lächelte ihn an und nickte verstehend.
    „Ich weiß. Sie werden noch sehr lange an sie denken. Ein sehr besonderes junges Mädchen.“
    Asko konnte es ihm nicht erzählt haben. Doch Meister des Arkanen wußten stets um Dinge, von denen sie keine Ahnung haben sollten. Und recht hatte er außerdem. Sie war ein sehr besonderes junges Mädchen. Und er würde noch lange an sie denken.
    „Wenn es Ihnen gut geht, sollten wir weiter“, schlug der Meister vor. „Wir müssen den Soldaten nach. Delacroix sollte sich nicht allein mit ihnen schlagen müssen.“
    Sie stiegen auf und ritten los. Bei Sonnenaufgang sollten sie ihr Ziel erreicht haben.
    Bei Sonnenaufgang würde Marie-Jeannette in die Kutsche zu Gräfin Ferenczy steigen und fortfahren.
    Es war besser so. Nur – besser als was?

Kapitel 57
    Die Bilder in ihrem Kopf wirbelten wild umher. Es war schwierig, sie in die richtige Reihenfolge zu bekommen. Sofern es eine Reihenfolge gab. Was war nur wieder eine Reihenfolge? Es war so unendlich schwer, und den Sinn der Bilder zu begreifen war noch schwerer. Corrisande rang um etwas. Worte. Es gab keine Worte, nur Gedächtnisfetzen, rohe

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